brauchen Revolutionen ein positives Hoffnungsbild? (Schauungen & Prophezeiungen)

Baldur, Donnerstag, 28.01.2016, 15:38 (vor 3013 Tagen) @ Taurec (3015 Aufrufe)

Hallo, Taurec,

Die christliche Seite, von der die Prophezeiungen stammen, wähnte durch den Aufstieg des Kommunismus das Zeitalter des Antichristen anbrechen.

dies dürfte auch nach meinem Dafürhalten die Entstehungsgrundlage der meisten alten (Kleriker-) Prophezeiungen sein.


Mit "Revolutionen" (wie prophezeit) in der Zukunft rechne ich nicht mehr fest. Es fehlt eine bindende Idee mit utopischem Element, das die Leute als "Metaphysikersatz" für eine besser Welt begeistert und mobilisiert. Was heute propagiert wird, ist durchwegs negativ: gegen Rechts, gegen Rassenhaß, gegen Homophobie oder für die Befreiung von irgendwelchen kleinlichen, empfundenen Zwängen, also auch negativ.
Die großen Ideen sind verbraucht und haben keine Strahlkraft mehr.

Dieses bindende Element mit Strahlkraft, das einen Entwurf einer besseren Alternative für die Zukunft anbietet, kann sein, muss aber nicht.
Bekanntlich lautet das alte Sprichwort, die nächste Revolution ist nur drei Mahlzeiten weit entfernt.

Ich halte es für durchaus denkbar, dass sich die kommende Variante ausschliesslich auf die negative, destruktive Basis stützt und mit ihr alleine auskommt.
Es ginge dann einzig und alleine um Abwehr und Zerstörung dessen, was ist. Mach kaputt, was Dich kaputtmacht.

Und wenn das beseitigt wäre, würde man schauen, was sich dann ergäbe.


Es wird bei uns bestenfalls kleine Gruppen geben, die sich aufraffen, Wehrhaftigkeit entwickeln und abschirmen, während die große, unvitale Masse träge und willenlos im Rassenkampf zur Beute wird.

Meiner Ansicht nach wird sich so gut wie niemand gefährden und an revolutionäre Taten beteiligen, der noch irgendetwas Materielles zu verlieren hat.
Auch das Fussvolk der Räterepublik bestand aus orientierungs- und besitzlosen, ehemaligen Soldaten, die keine Perspektive sahen.

Diese Bereitschaft ändert sich meiner Ansicht nach jedoch schlagartig, wenn jemand persönlich bedroht (Familie wird durch Kriminelle massakriert oder ernstlich bedroht) und/oder enteignet wird (völliger Verlust von Vermögen, Sparguthaben, Eigenheim).

Ich kann aus dieser Sicht allerdings nicht erklären, wieso es in Argentinien nach den Bankenschliessungen oder in Russland nach der Wöhrungskrise unter Jelzin friedlich geblieben ist, und wieso es bei der Deportation im Dritten Reich (Bedrohung an Leib und Leben) keinen Widerstand der Betroffenen gab. Oder wieso Erich Mielke friedlich im Bett starb, und Hinterbliebene von Mordopfern, die den nicht belangten Täter kennen, keine Rache üben.

Vermutlich deswegen, weil der Mensch, der homo sapiens, weltweit ein sehr gutmütiges, leidensfähiges, friedliches Wesen aufweist, dem Gewalt zuwider ist. Mit Ausnahme des kriminellen Bodensatzes natürlich.

Martin Armstrong sieht es jedenfalls als Naturgesetz: Was das Ganze antreibt, ist, dass die Mehrheit immer vor und zurückschwingt – das ist ähnlich den abwechselnden Siegen der Republikaner und Demokraten. Die Geschichte geht nicht auf die Ideen Einzelner zurück, sondern die einzelnen Personen werden als Reaktion auf die Veränderungen in der Geschichte geschaffen, die sich auf kontinuierliche Art entwickelt und auf Einwirkungen immer auf dieselbe Art und Weise reagiert, ganz gleich auf welches Jahrhundert wir auch blicken.

Wenn wir erst einmal bereit dazu sind, die Tiefenanalyse von Menschen wie Hitler aufzugeben und einen Schritt zurückzutreten, um uns von der Betrachtung von Einzelpersonen abzuwenden und den Blick auf die kollektive Gemeinschaft zu werfen, wird die Geschichte plötzlich zu etwas, das genauso wie die Gesetze der Physik funktioniert. Also ja: In Europa wird es zu einer Revolution kommen. Das ist unvermeidlich.

von hier

Ich würde den Umsturz, den die Feldpostbriefe voraussagen, noch nicht ganz abschreiben, denn die dort genannte, unermessliche Wut, würde dann ihren eigenen Gesetzen folgen.
Nur wird er sich nicht dadurch ergeben, dass sich die Masse für eine bestimmte Alternative gewaltsam einsetzt, sondern dadurch, dass sie die Gegebenheiten unerträglich findet, und sie samt Verursachern und Verteidigern hinwegfegt.

Irgendjemand schrieb mal in diesem Zusammenhang, der Zeitpunkt für eine revolutionäre Tat sei erst dann gekommen, wenn sie ohne jegliche Koordination mit anderen sofort andernorts Nachahmer fände. Weil eben die Zeit reif sei. Dann wird es zum Selbstläufer. Aber dazu bräuchte es eine Verhundertfachung des verhaltenen Unmuts und eine Steigerung zur rasenden Wut samt totalem Kontrollverlust.
Was wiederum nur denkbar ist, wenn viele Einwohner plötzlich zeitgleich alles verlieren.

Schaun mer mal.

Beste Grüsse vom Baldur


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