Faustische Seelen im Übergang (Schauungen & Prophezeiungen)

rauhnacht, Dienstag, 27.09.2016, 21:04 (vor 2768 Tagen) @ Taurec (5348 Aufrufe)
bearbeitet von rauhnacht, Dienstag, 27.09.2016, 21:15

Hallo Taurec,
hervorragend! Ähnlich nehme ich das auch wahr.
Ich erlaube mir, wohlgemerkt mit etlichen Bedenken, ein paar Bemerkungen.


Wie es sich in einzelnen Volksgruppen ausgestaltet und wie diese es rationalistisch vor sich selbst begründen, kann durchaus unterschiedlich sein.

Gemein ist dem stets, was Spengler die "metaphysische Wendung zum Tode" nannte:

"Und nun geht aus der Tatsache, daß das Dasein immer wurzelloser, das Wachsein immer angespannter wird, endlich jene Erscheinung hervor, die im stillen längst vorbereitet war und jetzt plötzlich in das helle Licht der Geschichte rückt, um dem ganzen Schauspiel ein Ende zu bereiten: die Unfruchtbarkeit des zivilisierten Menschen. Es handelt sich hier nicht um etwas, das sich mit alltäglicher Kausalität, etwa physiologisch, begreifen ließe, wie es die moderne Wissenschaft selbstverständlich versucht hat. Hier liegt eine durchaus metaphysische Wendung zum Tode vor. Der letzte Mensch der Weltstädte will nicht mehr leben, wohl als einzelner, aber nicht als Typus, als Menge; in diesem Gesamtwesen erlischt die Furcht vor dem Tode. Das, was den echten Bauern mit einer tiefen und unerklärlichen Angst befällt, der Gedanke an das Aussterben der Familie und des Namens, hat seinen Sinn verloren. Die Fortdauer des verwandten Blutes innerhalb der sichtbaren Welt wird nicht mehr als Pflicht dieses Blutes, das Los, der Letzte zu sein, nicht mehr als Verhängnis empfunden. Nicht nur weil Kinder unmöglich geworden sind, sondern vor allem weil die bis zum äußersten gesteigerte Intelligenz keine Gründe für ihr Vorhandensein mehr findet, bleiben sie aus."

Das Nichtvorhandensein der Gründe für Kinder (schon sich die Frage überhaupt zu stellen, ist ein Zeichen der Unfruchtbarkeit) entspricht durchaus dem Unwillen, die Grenzen zu sichern und das Staatswesen nur dem Staatsvolke zugute kommen zu lassen.

Unfruchtbarkeit Wehrlosigkeit

Eine Erschöpfung des Willens.
Oder auch reichlich pragmatischer: Es hat sich ausgetobt!
Da wollte der faustische Wille die Unendlichkeit erreichen und stellt fest, dass er nur immer in die Unendlichkeit rennt.
Das ist ein Drama, dies in sich selbst stets grenzenloses Streben nach dem Höchsten, dem Fernsten, dem Ursächlichsten erschöpft sich selbst an eben dieser Unendlichkeit.
Die wahrhafte Hybris, das Göttliche eben dann doch nicht erfassen zu können, ist der faustischen Seele nicht wirklich glaubhaft.
Sie tut nur ganz gern mal so, als ob. Märtyrer aller Schattierungen wuchern aus so etwas hervor.

Dem liegt ein instinktiver Unwille zugrunde, das eigene Leben in der Welt an der Existenz zu sehen. Dem voraus ging der Tod der Kultur. Im Grunde ist das deutsche Volk, sind alle europäischen Völker bereits tot, wenngleich sich Individuen noch gegen ihre Auslöschung wehren. Als Organismus mit einer aufbauenden inneren Hierarchie und einem Instinkt zur Selbstbehauptung des Eigenen existieren sie nicht mehr.

Ja, alle Facetten haben sich ausgebrannt auf der Suche nach Walhall, denn die Unendlichkeit kann nicht mit dem Willen erobert werden.
Von Spengler:
"Walhall ist nirgends. Es erscheint, im Grenzenlosen verloren, mit seinen ungeselligen Göttern und Recken, als das ungeheure Symbol der Einsamkeit. Siegfried, Parzival, Tristan, Hamlet, Faust sind die einsamsten Helden aller Kulturen. Man lese in Wolframs Parzival die wundervolle Erzählung vom Erwachen des Innenlebens. Die Waldsehnsucht, das rätselhafte Mitleid, die unnennbare Verlassenheit: das ist faustisch und nur faustisch. Jeder von uns kennt das. In Goethes Faust kehrt das Motiv in seiner ganzen Tiefe wieder:

Ein unbegreiflich holdes Sehnen
Trieb mich durch Wald und Wiesen hinzugehn,
Und unter tausend heißen Tränen
Fühlt' ich mir eine Welt erstehn."

Was wir jedoch beobachten, ist nicht nur ein bloßes Geschehenlassen der Masse, sondern von einem Teil die bewußte Unterstützung der eigenen Vernichtung.

Den Grund vermute ich in der germanischen/abendländischen Seele, die wohl grundsätzlich von einem starken Gefühl der Unzulänglichkeit und Unzufriedenheit getrieben ist. Das ist der innere Stachel, der Ursache des faustischen Drangs ins Unendliche ist, der zur Eroberung und Erforschung angetrieben hat.

Nachdem sich dieser durchaus selbstbewußte, aber unzufriedene Seelenzustand zuendegelebt und in einem allgemeinen, zusammenhanglosen Wohlstandssumpf gemündet hat, wenden wir diese Energie gegen uns selbst.

Über das Christentum in der verqueren Ausübung des Willens über den Sozialismus hin zum Nihilismus.
Wenn die Unendlichkeit nicht zu erobern ist, gibt es für den faustischen Willen.........schlicht nichts. Ein Verlöschen in Dramaturgie erscheint dann immer noch besser.Da hat der Wille dann noch seine trotzige Aufgabe. Wo kämen wir denn hin, wenn unser faustische, pubertäre Weltunendlichkeitseroberungswahn einfach so sein Alter Ego in die Schublade legt?
Pompös müssen wir dem das Grab schaufeln und befriedigen damit gleich sämtliche Todessehnsucht in faustischer Ekzentrik.

" Der Religion oder besser religiösen Denkweise als Ausdruck des Seelenlebens kommt eine wichtige Bedeutung zu. In der Zeit starker faustischer Nationen war das Christentum – und zwar nicht der Fanatismus Einzelner, sondern die volkstümlich-vernünftige Ausprägung – wohl in der Lage, die transzendente Begründung des Sinns des eigenen Lebens, für die Richtigkeit des Daseins und wie es geführt wird zu liefern. Gott will es!"
Ahhh, eigentlich glaub ich, das Christentum war dem faustischen Seelchen lediglich ein Treppchen. Näher zu Gott, sprich zur Unendlichkeit, schließlich versprach die Nachfolge Christi eben dieses. Da das aber eine Vervollkommnung sein müsste und Willensmenschen das nur vermeintlich im Ego---Willen gelingt, war das nix. Das "Gott das wollte" in Anerkennung durch diesen wird in hiesigen Welten weder in Christentum noch sonst einer anderen Glaubensretikette erkennbar. Dazu müsste man den Willen in Erkenntnis zügeln und das ist schwer, denn schließlich sind wir deshalb aus dem Paradies geflogen u.s.w.

Nunmehr ist das abendländische Christentum oberflächlich, also im Sinne der Kirchenbesuche, Bibellektüre und nachgeahmter Riten etc. weitgehend aus dem Alltagsleben verschwunden. Die Seelenverfassung mit den ihr eigentümlichen Denk-, Fühl- und Handlungsweisen, deren Ausdruck das abendländische Christentum war, ist aber noch vorhanden. In den linken Ideologien (von Antirassismus mit Umweltschutz) lebt sich diese Struktur unverändert aus, ist aber nun nicht mehr auf die Stärkung des Lebens, sondern seine Zersetzung ausgerichtet. Der faustische Drang arbeitet mit derselben Vehemenz, mit der er zuvor lebte, am eigenen Tode.

Absolut. Fast möcht ich sagen, wird ja auch Zeit.
Als abendländische Seele widert mich dieses elende, widernatürliche Gedusel zum faustisch typischen eeeeeewigen Dahinsiechen an und die Sehnsucht diesen Leichenkittel endlich zu beerdigen, lässt mich zwar mit Entsetzten die Dramaturgie beobachten, ----aber auch darin ist- so erschreckend dies sein mag,alles lediglich Gesetzlichkeit faustischen Seelenlebens.
"Daß gar nicht das Christentum, bzw. die Ermangelung desselbigen die Ursache unserer Probleme ist, zeigt sich schon darin, wie die Kirchen sich dem linksversifften Zeitgeist der Zerstörung andienen und dies, ohne sich des Widerspruchs zu früheren Zeiten gewahr zu werden, mit ihrer eigenen Theologie begründen. Der Mensch will es!"


Auch eine (wohl eher zwangsweise) Remissionierung der Masse zum Christentum würde daran nichts ändern, weil das viel tiefer liegende Problem der metaphysischen Hinwendung zum Tode dadurch nicht gelöst werden würde.

Ja, und auch die von Spengler benannte zweite Religiosität hatten wir zumindest in Ansätzen schon. Die Hin,- und auch Herwendung Einzelner und Gruppierungen bis zu Staatsdoktrinen in jüngerer Vergangenheit Deutschlands zu älteren Glaubensrichtungen im Mischmasch mit Christentum ist wie von ihm benannt eingetroffen. Ich bin mir auch gar nicht sicher, ob ich das, was er als Fellachentum bezeichnet, nicht auch schon längst ausgemacht habe.Diese kurzlebigen Parteiendominanz oder Lobbyistenherrscherschwärme haben durchaus schon was von Einzelherrschaft ohne staatstragende Macht.

Ich meine immer mehr, dies Sterben des Willens der faustischen Seele in der Ausprägung des ICH WILL! ist das Ende der Pubertät.

Die Initiationsriten und das Sterben des Alter Ego ist schmerzhaft,

aber!!!

Danach geht es weiter. Die faustische Seele in Reifung kommt erst noch.

Viele Grüße, Rauhnacht


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