Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens: Antichrist Teil2 (Schauungen & Prophezeiungen)

Fred Feuerstein, Montag, 31.01.2011, 19:32 (vor 4839 Tagen) @ Fred Feuerstein (3457 Aufrufe)

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ten ist von ihm, freilich wieder als vom geistlichen A., die Rede112»). Im Badi¬schen fürchtete man, früher noch mehr als jetzt, den Endechrist, für dessen Vor¬läufer man den alten Napoleon hielt112b).
104) P r e u ß 25 N. 4. 105) Ebd. 27. 106) Offen¬barung der Geheymnussen der Alchimy 1605, Aijr =Peuckert Rosenkreutzer 1927. 107) Ser-mones de Antichristo 1619. Vgl. K. Sudhoff Versuch einer Kritik d. Echtheit d. Paracels. Schriften 1899, I, Nr. 311. 313; 2, 764 (Nr. 199) 4i2. 579. 587. 596 f. Vor allem 552 und Schrif' ten P. ed. Huser 9, 191. 108) Sudhoff 2, 764 Nr. 199. IOB) Ebd. 2, 571 mit Prognostica auf 1579 und 1600. Vgl. Peuckert Rosen¬kreutzer 1927 und Peuckert Die pan-sophische Bewegung 1928. 110) Christ. Kol-ters Weißgerbers in Sprottau Weissagungen über den A. bei A. Comenius lux e tenebris i (1655) c.9,45;i6,4off.; Jakob B ö h m e Ausgabe v. 1730 im Register. Quirinus Kuhl¬mann, Gichtel usw. ln) ZfVk. 30/32, 109. 112) Leben Antichristi 1716. 112a) Bernheim 78 Nr. i; Angelus Silesius Ecciesiologie 1677. i, 713 f.112b) Meyer Baden 521.
VI. Erscheinungen des A. Ich verzeichne eine Reihe von Angaben über die Erscheinung usw. des A., die den dauernden Glauben an ihn beweisen. In der Verfolgung des Septimus Severus dachte ein Mann aus Juda ihn ganz nahe113). 380 meinte Martin v. Tours, er sei schon im Knabenalter114). 591 wollte Gregor v. Tours einen Betrüger, der sich für Christus ausgab, den A. nennen 115). 854 erklärte Alvarus, seine Zeit sei da und Mohammed sein Vorläufer 116); auch Otto von Cluny 117) (Anfang 10. Jh.) hielt seine Zeit für gekommen; Notker schrieb:
Sanctus Paulus kehiez tien, die in sînên zîten uândôn des suonetagen, taz er êr nechâme, er romanum Imperium zegienge unde Antichristus rîchesôn begondi. . . So ist nû zegangen romanum Impe¬rium118). Abbo v. Fleury schrieb 990:
Über das Ende der Welt habe ich in meiner frühen Jugend eine Predigt in einer Kirche zu Paris gehört, daß sofort, nachdem das 1000. Jahr abgelaufen sein würde, der A. erscheinen werde119). 1080 war es Bischof Ranieri v. Florenz gewiß, daß er schon lebe 120). Walther von Lilie sah in Barbarossa seinen Vorläufer121). 1105 hielt man zu Florenz eine Synode, in quo (concilio) cum episcopi loci de Anti¬

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christo, quia eum natum dicebat, satis disputatum est122). 1185 hielt aus astro¬logischen Gründen Magister Johannes von Toledo seine Zeit für gekommen122). 1190 antwortete Joachim von Fiore dem Richard Löwenherz, er sei schon in der Stadt Rom geboren (R. = Babylon 123). 1210 ist ein Pseudoprophet aufgestanden, qui dicebat A. jam esse adultum124). 1227 verkündet der Minorit Petrus de Boreth in Acre, er wachse heran und werde im März 10 Jahre sein125). 1297 setzt Arnold von Villanova ihn zwischen 1300 und 1400 fest126). 1321 erklärt ein Begharde auf Grund der Lektüre des Johannis Olivi, er sei schon geboren et habebat ultra XX annos aetatis 127). Die Lehninsche Weis¬sagung sah in Ludwig d. Bayern den A.128). Barthol. Janovesius aus Mallorca erwartete ihn Pfingsten 1360 129). Auch Roger Baco wollte seine Zeit berech¬nen 130). Milic von Kremsier wußte ihn 1346 geboren und schlug das 1367 an der Peterskirche an, ja erklärte Karl IV., dieser sei der A. major 131). Sein Schüler Matthäus v. Janov meinte: Tanta fama fuit et est de adventu A. per universam ecciesiam, et ita est descriptus, ut etiam pueri decipi non possent per eundem 132). Der gewaltige Dominikaner Ferrer schrieb 1412 Papst Benedikt XIIL, daß er 1403 geboren und jetzt schon 9 Jahre sei 133). Seit dem Anfang des großen Schismas glaubte ihn das Volk 1385 in Babylon geboren 134). Zum Jahre 1401 verheißt ihn die Prophezeiung der hl. Hildegard 135). Mehr als 100 Männer und 300 Frauen aus der niederen lombardischen Bevölkerung traten in den ,,dritten Orden" des hl. Dominikus ein und zogen 1420 unter Ferrers Ordensbruder Manfred von Ver¬celli nach Rom, wo ihnen Manfred mar-tyrium et victoriam contra A. ver¬sprach136). Seit 1522 erwartete ihn Lu¬ther137). Auch Rabelais wußte: L‘Anti¬christ est desja né 138). Und etwa 1550 wurde gedruckt: Antichristus, seu Pro-gnosticatio finis mundi. 1574 ist er zu Babilonia auf der Grenzen Labea ge¬boren worden, dann 1578, und endlich in diesem jetzt laufenden Jahr 1592 in einer Stadt Consa 139). 1664 hat A. Bou
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rignon nach einer Vision erklärt: Cet Antechrist est ne, ja plus d'un an passe 140).
113) Eusebius Kirchenge seh. VI. 7.114) Sul-pici Severi Libri qui super sunt, ed. Halm 1866; Dialogus II. 14 p. 197. 115) Gregorius T u r e n s. Hist. Franc. 10 c. 25. 116) Indiculus luminosus: Migne 121, 554 ff. Paschasius Kadbertus sah ihn von den Sarazenen kommen:
Wadstein in der Ztschr. f. wissensch. Theol. 39, 124; Innozenz III. hielt Mohammed für den A.: Migne 216,818; (Vgl. Joh. Alb r. Bengel Erklärte Offenbarung Joh. 1746, 1122.) Hier beginnt die von Joachim aufgenommene Lehre, die Türken seien der östl. A., der Papst der westl. 117) Migne Curs. patr. lat. 133, 641. 118) Notker Vorrede zum Boethius. l19) Vita S. Abbonis Floracensis: B o u q u e t 10,332. 120) Do Hinge r im Hist. Taschenb. 5. F. i, 270. Ebenso der Stifter des Prämon-stratenserordens Norbert von Magdeburg:
Acta SS. Mali 7 pag. 139; Radcke 21 ff. 121) Müldner 10 Gedichte des. . . 1859 Nr. 5. 6. 7. Bibl. d. literar. Ver. Stuttgart 16, 49. 122) Watterich Vitae Rom. pont. 2, 6
- Bengel Erklärte Offenb. 1108. 122a) Annales Marbarenses M.G.SS, in usum scholarum ed. Reinike-Bloch 1907, 56. 123) Joachim Expositio in Apocal. 1527, 133 =Wadstein 82 f. 124) Mon. Germ. SS. 8, 466. 125) Ebd. 23, 920. 126) Wadstein 91. 127) Ebd. und Nr. 4. "B) Kampers Kaiseridee 131. 129) Mal-v e n d a de Antichristo 1647. i, 119. 130) Wads t e i n 90. 131) Ebd. 84 f. Vgl. Fontes rer. Austriac. 6. 2, 40 ff.; P r e u ß 50, Nr. 4. l32) H ö f l e r Concilia Pragensia in Abhand¬lungen kgl. böhm. Ges. Wissensch. 5. F. 12, XLI. 133) Malvenda i, 119 ff. 134) Wadst e i n 88 nach Opp. Gersonis, edid. Du Pin, r, 517. 135) K a m p e r s Kaiseridee 137. 136) W a d s t e i n 89. In Flandern hielten Wahnsinnige sich selbst für den A.: J. H u izinga Herbst des M A.s 1924, 262. 137) Preuß 168. Vgl. Malvenda 1,119 zum Jahre 1533 138) Gerhardt Franz. Novelle 114. 139) Joh. Janssen Gesch. d. deutschen Volkes 6, 432. l10) Bengel Erkl. Offenb. 1160.
VII. Beziehungen zu frem¬den Mythologien. l. Armillus. Armillus ist die hebräische Form für Ρωμύλος; den Juden ist Rom der A. Satan oder frevelhafte Heiden zeugen ihn, in¬dem sie mit einem steinernen Jungfrauenbild Unzucht treiben, das Gott selbst schuf und das in Rom steht. Nach 9 Mo¬naten spaltet es sich und gebiert ein rie¬senhaftes Kind 141), ein Ungeheuer, mit roten Augen und zwei Köpfen142), das von den Juden in der Wüste Anbetung verlangt. Da er keine Wunder tun kann,

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kehren sie sich ab; er verfolgt sie;
Michael und Gabriel werden ihn töten, oder der Messias ben David wird ihn mit dem Hauch seines Mundes niederwerfen. Bousset setzt die Entstehung der von der A.-Sage abhängigen Sage ins 7./8. Jh.143).
2. Deddjal. Mohammed hatte geglaubt, daß in seiner Zeit der A. al masih al deddjal, der falsche Messias, lebe und hat nach der Tradition einen Juden aus Medina, Saf ibn Said, dafür gehalten. Die Mohammedaner haben den Mythus vom gefesselten Unhold auf ihn übertragen;
er ist mit Eisenketten gebunden und an eine eiserne Säule angeschmiedet144).
3. Der A. im ahd. Gedicht Muspilli145) aus Bayern in der 2. Hälfte des 9. Jh. 146) hat zu vielen Deutungsversuchen Anlaß gegeben. Grimm suchte in ihm einen heidnischen Gott der Bayern und Ale-mannen, ein dem nord. Surtr ähnliches Wesen147), Karl Bartsch den Fenris-wolf148), Müllenhoff hielt christliche Un¬terlage für gegeben 149), und Zarncke forderte nachdrücklichst, daß man ver¬suchen müsse, solche Deutungen zu unterlassen, solange man mit christl. Motiven auskomme150). Weder Grau161) noch Guntermann 152) haben eine christl. Quelle für den Passus vom A. gefunden, Ehrismann153) endlich hat keine Einzel¬quelle, sondern die lateinische Predigt¬literatur als Vorlage angesprochen. Schon Vetter erklärt: Um das alles (die Kirchen¬lehre) kümmert sich unser Dichter nicht;
er gab eben einfach, was Glaube war, voll volkstümlicher Züge 154).
Der A.-Abschnitt findet sich wieder in der as. Genesis155). Dort streitet Henoch allein gegen den A., während in Muspilli Elias allein steht. Dieser Zug läßt sich sonst nirgends mehr nachweisen; nur in der Vita Landiberti des Sigebert von Gembloux aus dem 11. Jh. heißt es noch einmal: Helyas in celum raptus expectat adhuc per A. gladium victorie palmam168). Handelt es sich hier um eine sächsische Tradition? — Die uueroltrehtuutson sagen, daz sculi der antichristo mit Eliase pägan, sprechen also von einem Zwei¬kampf, und zwar in der Luft, in dem der A. sigalos wird. Auch davon wissen die

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kirchlichen Quellen nichts; die schreiben:
Doh uuanit des vilo . . . gotmanno, daz Elias in demo uuige aruuartit uuerde. Und so mag Neckel recht haben, wenn er hier einen älteren, wurzelverwandten Mythus durchschimmern sieht157). End¬lich ist fremd, daß Satan den A. varsen-kan scal. Ehrismann hat für dieses Stück (v. 37—47) bereits gesehen, daß die Quelle volkstümlich ist; weil sie nicht kirchlich ist, findet sie sich auch sonst nicht in der geistlichen Literatur 158). Ich möchte da¬bei die Vermutung äußern, daß v. 50 an v. 47 angeschlossen war und nur v. 48 f. Einschub ist; wäre das der Fall, dann wäre der A., der ,,uunt pivallan** sollte, derjenige, von dessen Blut die Erde ent¬brennt. Auf Elias wurde das erst bezogen, als durch den Einschub v. 48 f. von Elias als dem Verwundeten die Rede war;
ein gedankenloser Abschreiber hat dann ,,sô daz Antichristes pluot" in ,,sô daz Eliases pluot" geändert. Dafür, daß durch ihn die Erde entzündet wird, würden wir heimische Belege haben, für Elias als Stifter des Weltbrandes nur östliche159).
4. Den Kampf zwischen dem A. und Elias hat Grimm auch im Norden wieder¬finden wollen 160); Simrock hat den A. in der Mitgardsschlange161), E.H.Meyer in Surtr (Völuspä Str. 52)162) und dem Kinde der Alten im Eisenwalde (Völuspä) 163) erkennen wollen. Man wird zugeben dür¬fen, daß christliche Motive nach dem Norden gewandert sind und zwar, als dort der alte Glaube noch galt; Dichter haben sie aufgenommen und verwertet. Aber eine bewußte Verkleidung christ¬licher Lehren in Göttermythen dürfte kaum vorgekommen sein. Was Surtr be¬trifft, so scheint mir Neckeis Versuch beachtenswert, welcher in ihm den gefes¬selten Unhold sieht164), der in einer Höhle liegt und sich nach seinem Flammen¬schwert reckt.
141) J. Scheftelowitz Alt-palästinen¬sischer Bauernglaube 1925, 33. 142) B o u s s e t Antichrist 66 ff. u. Register s. v. Vgl. Lieb¬recht Gervasius 69; Löwis of Menar im ARw. 13, 517 ff. 14, 641 ff. 15, 305 ff. 143) Dionysius v. Lützenburg Leben Antichristi 1716, 421 f.; Ztschr. f. Kirchengesch. 20, 120. 144) Paul Casanova Mohammed

et la fin du monde 1911, 29. 47; A. 0 l r i k Ragnarök 1922, 276 ff. 145) Ich zitiere nach Wilh. Braune Althochdeutsches Lesebuch 1911 82 ff. — 146) v. Unwerth-Siebs Gesch. der deutschen Literatur bis zur Mitte des ii. Jhs. 1920, i53. 147) Myth. 2, 677. 148) Ger¬mama 3, i7. 149) ZfdA. ii, 392. 150) Berichte d. kgl. sächs. Ges. d. Wissensch. Phil.-hist. Kl. 18, 213 ff. 151) Gustav Grau Quellen u. Ver¬wandtschaften d. alt. germ. Darstellungen d. Jüng¬sten Gerichts = Stud. z. engl. Phil. 31, 232 ff. 152) ZfdPh. 41, 410 f. 412. Vgl. AfdA. 35, 192 f. 154) Ferd. Vetter Zum Muspilli 1872, 119 ff. 124; v. Unwerth deutet auf Crist III als Quelle hin, dort-fehlt aber die A.Episode: PBB. 40, 365 f. Vgl. auch Neckel in Sitzb. Heidelb. 9,32 f. 155) v. i39bff. == Grau 233f. = Bous-s e t 180. l56) Mon. Germ. SS. Meroving. 6, 398. 157) Neckel 30 f. 158) Eine Scheidung zwischen beiden Kampfschilderungen hat Eh¬rismann AfdA. 35, 192 f. vorgeschlagen, der auch v. Unwerth PBB. 40, 365 f. zustimmt. 159) Ztschr. f. d. österr. Gymnasien 43, 748 (Christus entzündet Brand = Anton E. Schönbach Altdeutsche Predigten 1888, 2, 14). 160) Myth. 2, 676. 161) Mythologie. 5 133 f.
162) Völuspá 1889, 2o6ff.; Germ. Myth. 149 f.
163) Myth. d. Germanen 459 ff. 164) G u s t. Neckel Studien zu d. germ. Dichtungen v. Weltuntergang. Sitzber. Heidelb. Akad. 9, 30. 46. 48 f.
VIII. Der A. in der Volkssage. Nur aus katholischen Gegenden, wie ja des Flavius Illyrius Bemerkung erwarten ließ, liegen Aufzeichnungen vor. Er heißt Antenchrist, denn die Menschen werden am Ende tierartig, mit Entenschnäbeln geboren163) (die im MA. üblichen Na¬men 165) sind vergessen). Er kommt, wenn alle zu Christus bekehrt sein wer¬den 167), zur Zeit allgemeinen Abfalls 168);
wenn er 19 Jahre ist, wird fast die ganze Welt abgefallen sein 169), Pseudopro¬pheten treten auf 170); so wie der Teufel ledig ist 171). Stürme im Christmonat zeigen Ankunft an 172). Manche glauben, er regiere schon173); besonders 1848 dachte man das 174); andere denken, es wird noch lange dauern 175). Sichere Vor¬zeichen sind: eine vierzigjährige Dürre und Hungersnot176), in welcher Zeit kein Regenbogen zu sehen sein wird 177);
Bruderhaß178); wenn die Pfarrkirche zu Soll (Tirol) versinkt 178a), der ganze Küchelberg bei Meran urbar gemacht ist178b); im Kanton St. Gallen glaubt man, er komme, wenn die eisernen Stangen auf dem Breitfelde ausgeackert wer¬

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den und das dort vergrabene Bäumchen ausschlagen und so groß sein wird, daß ein Offizier aufrecht darunter stehen kann179) ;
er kommt nach der Walser Schlacht180), wenn Karl V. oder Kaiser Friedrichs Bart dreimal um den Tisch gewachsen ist180a), wenn der in der Königskaul bei Tritten¬heim versunkene König den Türken schlägt180b, wenn die Leute hohe Hüte tragen und ohne Rosse fahren werden181) ;
nachdem 7 Jahre kein Kind mehr182), nur Mädchen geboren wurden183); im Kreise Leobschütz glaubt man, es werden 30 Jahre nur Mädchen und dann nur Knaben geboren; der erste derselben ist der A.184). Unter Donner und Blitz wird er geboren185), außerm Fern tuts drei Donnerschläge 186); Feuer fällt vom Him¬mel187), die Blumen schwitzen Blut188). Er kommt aus dem Stamme Dan 189). Seine Mutter ist ein altes 190), böses Weib 191), eine alte Witwe 192), eine Hexe 193), eine Hure 194), von der 9. Hure her 195), eine 7ojährige Jüdin196), eine jüdische Hure197) (die Tochter eines jüdischen Fürsten aus dem Stamme Juda, eine Zauberin und angebliche Jungfrau 198), ein lediges Ju¬denmädchen199), eine Jungfrau, die ihn von Dämonen empfängt)200); aus dem Stamm Dan werden 12 Fischer einen Fisch fangen; dessen Kopf ißt eine Jung¬frau und wird mit dem A. schwanger 201). Er gehört der babylonischen Hure 202). Sein Vater ist ein 9o jähriger Greis 203) (ein jüdischer Zauberer aus Dan) 204) oder er wird vom Teufel empfangen 205), (der Teufel ist bei der Empfängnis mitwirkend beteiligt) 216). Mönch und Nonne sind seine Eltern 207). Vater und Tochter zeugen ihn208). Seine Mutter erschricket unde zevert in der gepurt ouf der stat209). Er wird von einer Schlange mit einer alten Jüdin erzeugt 210); ist ein Lintwurm aus dem Ei eines 7jährigen Hahnes, und wird durch die Anbetung eines Mädchens zum schönen Jüngling 211), ist ein Un¬terweltwesen 212), der Drache213). Gebo¬ren wird er zu Babylon 214) (am Euphrat) 215). Gott ordnet ihm wie jedem Menschen einen Schutzengel bei 216), ob¬wohl Satan in ihm wohnt217). Seine Mutter trägt ihn zwei Jahre218); er pei¬

nigt sie im Mutterleibe219); sobald er zur Welt kommt, kann er laufen und sprechen 220). Jeder sieht ihn in andrer Gestalt 221). Sonst wird er als klein 222) und rothaarig 223) geschildert, mit einem Mal an der Stirn, wo ihn der Blitz treffen wird 224), oder an der rechten Hand und am linken Fuß 225). Als Ungeheuer mit sieben Köpfen soll er erscheinen226) (Zauberer erziehen ihn) 227).
Er wird auftreten, wenn der römische Kaiser sein Reich Gott zurückgibt 228);
wenn Gog und Magog, die roten Juden im Kaukasus, erscheinen229), die sein Vorläufer, der sich Elias nennen wird, ruft230). Mit 30 Jahren, wenn wieder abwechselnd Knaben und Mädchen ge¬boren werden 231), fängt er an 232); so lange hält er sich (in Galiläa) 233), unsern Herrn nachahmend, verborgen 234); dann zieht er nach Jerusalem235). Er tut Wunder236), weiß alles, weswegen man 1445 einen 2ojährigen Spanier an der Pariser Universität, wie Trithemius er¬zählt, für den A. hielt237); kann alle Sprachen der Welt238). Er gewinnt mit Ehrungen, Liebkosungen und Geld die Leute239). Alle vergrabenen und unge? hobenen Schätze werden sein240); mit ihnen lockt er die Menschen 241), er fährt mit vier schwarzen Rossen durchs Land und sät Geld aus 242); wer ein einziges Geldstück aufhebt, gehört schon dem Teufel an 243). Der A. will die Weltherr¬schaft gewinnen 244); er sendet 12 Jünger predigend aus 245). Das mosaische Gesetz wird wieder gültig246). Die Juden fallen ihm zu 247), und er läßt sich in Jerusalem beschneiden 248), oder ist es schon seit dem 8. Tage seiner Geburt 249); er wird ihr Messias 250) und baut den Tempel wieder auf251). In diesem sitzt er252) oder er setzt sich in den Tabernakel 253) und läßt sich anbeten254). Die Christen müssen Gott abschwören 255); er wütet gegen den katholischen Glauben256); fängt eine Christenverfolgung an257); Elias und Henoch predigen umsonst258), doch ist auch einmal von Bekehrungen durch sie die Rede259). 30 Jahre predigt er wie Christus260), andere reden von 3 Jah¬ren 261), oder er lebe 3 Jahre verborgen und

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3 öffentlich 262). Seine Anhänger erhalten ein Mal an die Stirn und zwar ein N., was nego bedeutet 263); von anderen Zeichen weiß man im MA. 264). Dann werden die Menschen wild leben 265); es gibt nur noch sieben oder neun Katholische 266), die Elias unter einem Birnbaum267), einem Apfelbaum sammelt 268). Auf einem Esel will er Leute übers Wasser setzen und läßt sie ertrinken 269).
Elias wird sein Beiläufer sein 270); oder Elias und Enoch 271) (und Johannes) 272), oder Moses und Elias treten gegen ihn auf und besiegen ihn 273); Enoch predigt den Heiden, Elias den Juden 274). Nach einer Disputation 275), läßt er sie, — sie haben 3/4 Jahre gewirkt 276) — mit allen Foltern martern277) und erschlagen278). Seine letzte Freveltat wird seine Himmel¬fahrt sein 279). Es heißt auch, er wolle nach 3 Jahren im feurigen Wagen auf¬fahren 280), oder er stirbt und fährt nach 3 Tagen auf 281). Da erschlägt ihn Christus mit dem Hauch seines Mun¬des282), oder dem Ruf: Getötet werde der A.! 283), oder ein Blitz 284); unter Donner und Blitz im Schwefelregen vertilgt ihn Gott285). Michael286) oder Elias287) töten ihn. Es heißt auch, Elias streite mit einem Engelsheer gegen ihn288); der schlafende Kaiser wird auf dem Walser-feld mit ihm kämpfen 289) oder vom Kyff-häuser zum Ölberg gegen ihn ziehen 290). Gottes Blitz schlägt ihn in die Erde 291), er muß zur Hölle fahren 292); die Erde berstet und verschlingt ihn293). Der Blitz, der ihn bei seiner Himmelfahrt trifft, wirft ihn nieder, daß er in tausend Stücke berstet; wo ein solches Stück hin¬fällt, entzündet sich die Erde294). Oder man sagt, Elias werfe ihn ins Meer 295). Die Erde aber wird nach seinem Sturz lauter Wasser 296). Vierzig Tage darnach erscheint der Herr zum Gericht 297).
Ich zitiere ausgiebig B o u s s e t Antichrist, der die Zeit bis Adso, P r e u ß Die Vorstel¬lungen vom Antichrist, der die Scholastiker zu¬sammenfaßt und Dionys von Lützenburg, der die barocke Meinung über den A. spiegelt.
165) Schönwerth Oberpfalz 3, 338;
Quitzmann 203. 166) Bousset Anti¬christ 86ff. 99 f.; B e r n h e i m. Mittelalterl. Weltanschauungen i, 76 f. 167) Peuckert

Schlesien 71. 168) Preuß 24; Lützen-burg 23 ff. 169) Ebd. 91 f. 170) S u l p i c. S e v e r u & Vita S. Martini c. 24. 171) Schön-werth Oberpfalz 3, 334. 172) Ebd. 3, 338. 173) Ebd. 338. 174) Birlinger Volksth. i. 182. 175) Meyer Baden 401. 176) Preuß 24; Bous¬set 129. 177) Preuß 24. 178) Bousset 76. 178a) Zingerle Sagen 1859, 260 Nr. 463;
ZfdMyth. 4, 207. 178 b) Zingerle Sagen 1859, 406. 179) K u o n i St. Galler Sagen 297 f.
180) Grimm Myth. 2, 799. 180 a) Grimm Sagen Nr.28; Bechstein Volkssagen Öster¬reichs i (1840), 75. 180 b) Sepp Sagen 629.
181) Reiser Allgäu I, 419. 182) Zingerle Tirol 227. 183) Peuckert Schlesien 70. 184) Birlinger Volksth. 1,181; Reiser Allgäu i, 419. 185) Schönwerth Oberpfalz 3, 334- 335- 186) Zingerle Tirol 227. 187) Ebd. 337; Aurbacher Ein Volksbüch¬lein (ed. Jos. Sarreiter) 2, 62. 188) Kuoni St. Galler Sagen 306. 189) Bousset 112 ff. 190) Quitzmann 203; Vernaleken Alpensagen 68, aus Salzburg; Preuß 15 Nr. 4. 191) Wilh. Wackernagel Die alt¬deutschen Handschriften d. Basier Univ.-Bibl. Rektoratsprogramm 1835, 22: Elucidarius des 14. Jhs. 192) Zingerle Sagen 408. 193) (Gos¬sensaß) ZfVk. 6, 306. 194) Aurbacher 2, 62. 195) Schönwerth Oberpfalz 3, 335;
Preuß 15. 196) Ebd. 334. 338 f.; Preuß 15, N. 4. 197) Birlinger Volksth. i, 180. 198) L ü t z e n b u r g 57 ff. 71 f. 199) P e u kk e r t Schlesien 70. 200) S a c k u r Sibyll. Texte 106; vgl. oben III. 4; Liebrecht
201) Gervasius 6, 68. Zeitschrift für Kirchenge¬schichte 20, 288 nach einem griech. PS. Method.
202) Reiser Allgäu i, 419. 203) Schön¬werth Oberpfalz 3, 334; Preuß 15 N. 4. 204) Lützenburg 71 f. 205) Reiser All¬gäu i, 419; Bousset 91. 206) Bousset 92; Preuß 15. 207) Franz Nie. de Jawer 151 f.; Preuß 15 N. 4. 208) Ebd. 209) Hein¬rich v. Neustadt von gotes zuokunft ed. Strobi 1875, V. 4921 f.; vgl. Reuschel a.a.O. 27; A y tinger s PS. Method. von 1498. 210) Schönwerth Oberpfalz 3, 338 f.;
Aurbacher 2, 62. 211) Vernaleken Alpensagen 68 aus Salzburg == Quitzmann 203 = ZfdMyth. 4, 203; vgl. A. 0 l r i k Ragnarök 1922, 1oo f. 97 ff. 212) Bousset 99. 213) Ebd. 94 ff. 214) Schönwerth Ober¬pfalz 3, 339; Aurbacher 2, 62; Zin¬gerle Sagen 408; Bousset 113; Preuß 16. 215) Lützenburg 63 entscheidet sich zwischen einem afrikan. und asiat. B. für letzteres. B. = Rom: Preuß 16. 216) Lüt¬zenburg 77; Preuß 15 f. 217) Bousset 88 f. 90; A. 0 l r i k Ragnarök 85; A. = Satan Bousset 89 f. 91. 218) Schönwerth Oberpfalz 3, 335. 219) Ebd. 220) Birlinger Volksth. i„ 180. 221) Schönwerth Oberpfalz 3,338; Georg Steindorff Die Apo¬kalypse des Elias 1899, 91. 222) Schönwerth 3? 335. 223) Ebd. 335. 224) Ebd. 335. 225) 337. 226) Simrock Myth.5 482; Bousset 101 f :

501
Antichrist
502


vgl. auch Steindorf Apokalypse d. Elias 1899, QI f. 227) Wackernagel a. a. 0. 22 f.;
Lützenburg 83 f.; Preuß 17. 228) Vgl. die Literatur zum ludus de Antichristo; Bous¬set 77 ff. 27 ff.; Preuß 17. 24. Nr. 3;
Lützenburg 45 f. 229) Lützenburg 113 ff.; Preuß 17 f.; Ztschr. f. Kirchengesch. 20, ii3 ff. 230) Lützenburg 113 ff. 231) P ei c k e r t Schlesien 70. 232) Schön¬werth Oberpfalz 3, 338. 339; Aurbacher 2,62; Birlinger Volksth. i, 181. 233) Preuß 17. 234) Birlinger Volksth. i, 181. 235) Preuß 17. 236) Schönwerth Ober¬pfalz 3, 335. 339; einzelne Wunder werden außer der Himmelfahrt nicht genannt; vgl. dagegen Bousset 115 ff.; Preuß 19 f.;
G. Steindorff Apok. d. Elias 1899, 89. 237) Wadstein in Zeitschrift f. wissensch. Theologie 39, 87 f.; Lützenburg 84;
Preuß 24. 238) Lützenburg 83. 230) Schönwerth Oberpfalz 3, 337. Vgl. dazu Adso bei S a c k u r Sib. Texte 108;
Preuß i8ff.; Anton Schönbach Altdeutsche Predigten 2 (i888), 13. 240) Renner 5100 bei Grimm Myth. 2, 819; Zingerle Sagen 408; Lützenburg 92.102; Preuß 20; Schönwerth Oberpfalz 3, 339. 241) Ebd. 337. 339; Zingerle Sagen 408;
Preuß 202. 242) Peuckert Schlesien 7o:
Schönwerth Oberpfalz 3,335. 338. 243) Ebd. 338; Peuckert Schlesien 70. 244) Schön¬werth Oberpfalz 2, 336; Bousset 126 ff. Vgl. auch die barocken Ausführungen Lützenburgs. 245) Birlinger Volksth. i, 181; Preuß 18; Bousset 124 f. 246) Lützenburg 178. 198 f.; Bousset 108; Preuß 17. 247) Preuß 17. 248) Preuß 17. 249) Lützenburg 77 f. 250) Bousset 1o8ff. 251) Aurbacher 2,63; Preuß 108. Schon bei Adso, vgl. III. 4. 252) Bousset 104 ff. 253) Zingerle Sagen 1859, 408. 254) Ebd.; Aurbacher 2,62; Preuß 18 255) Vernaleken Alpensagen 68. 256) Schön¬werth Oberpfalz 3, 335. 257) Reiser Allgäu I, 419; Vernaleken Alpensagen 68 f.;
Zingerle Sagen 1859, 408; Bousset 139ff.; Preuß 21 258). Schönwerth Oberpfalz 3, 336; Bousset Kommentar 51. 259) Ebd. 337 f.; Peuckert Schlesien 70 f.;
B o u s s e t 139. 260) Schönwerth Ober¬pfalz 3, 337. 261) Ebd. 338; Aurbacher 2, 63; 262) (Gossensaß) ZfVk. 6, 306. 263) Schön¬werth Oberpfalz 3,337; Aurbacher 2, 63. 264) Bousset 132 ff.; Radcke a. a. 0. 14 Nr. 6; Schönbach Predigten 2, 13;
Lützenburg 333 ff. 265) P r e u ß 16 Nr. 7. 266) Schönwerth Oberpfalz 3. 337. 336. 267) Ebd. 336 = Quitzmann 205. 268) Schönwerth Oberpfalz 3, 338. 269) (Gossensaß) ZfVk. 6, 306. 270) Schönwerth 3, 338. 335- vgl- Zarncke in Ber. d. kgl. sächs. Ges. d. Wissensch. 18, 213 ff. 218. 271) Schön¬werth Oberpfalz 3, 337. 339; Quitzmann 204; Peuckert Schlesien 70 f.; Reiser Allgäu I, 419; Bousset 134 ff.; Schön¬-

bach Predigten 2, 13. 272) Zarncke 216 f. (Hieronymus); Stolle Kirchenväter 133;
0 l r i k Ragnarök 358; Bousset 137 f. 273) Zingerle Sagen 1859, 408. 274) P r e u ß 22. 275) Ebd. 22. 276) Birlinger Volksth. i, 181. 277) Ebd. 278) Ebd; Schönwerth 3,337.339. 279) Ebd. 336. 338; Bir¬linger Volksth. i, 181. 280) Aurbacher 2,63. 281) Schönwerth Oberpfalz 3, 339;
Bousset 152; Preuß 20.23; Lützen¬burg 372 ff. Vgl. auch Bousset 95 ff. 282) Bousset 149. Vgl. ZfdA. 52, 273 (nd. Apokalypse). 283) Preuß 23. 284) Schön¬werth Oberpfalz 3, 336. 337; Quitz¬mann 204; Birlinger Volksth. l, 181. 285) Schönwerth Oberpfalz 3, 339; Lüt¬zenburg 379. 286) Schönwerth Ober-Pfalz 3. 338. 339; Quitzmann 204; Aur-bacher 2, 63; Bousset 150 ff. 175;
Preuß 23.287) Quitzmann 204; Elias u. Enoch: G. Steindorff Apok. d. Elias 1899, io5. 288) Vernaleken Alpensagen 68 f.; vgl. G. Steindorff Apok. d. Elias 1899, 97 ff. 289) Grimm Sagen Nr. 28; Sim¬rock Mythologie5 148. 290) E. H. Meyer Mythologie der Germanen 1903, 63 (382);
vgl. Bousset 153. 291) Birlinger Volksth. i, 181. 292) Reiser Allgäu i, 419;
G. Steindorff Apok. d. Elias 1899, 105. 293) Aurbacher 2, 63; Lützenburg 377- 379. 294) Schönwerth Oberpfalz 3. 386; Quitzmann 203; Birlinger Volksth. I, 181. Vgl. Bousset 159 ff. 296) Vernaleken Alpensagen 68 f. aus Salzburg. 296) Schönwerth Oberpfalz 3, 337- 297) Preuß 23. Peuckert.


Prognosen sind schwierig, besonders, wenn sie die Zukunft betreffen. (Karl Valentin)


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