interessant, interessant (Schauungen & Prophezeiungen)

Gerhard, Montag, 23.01.2012, 22:02 (vor 4486 Tagen) @ BBouvier (2189 Aufrufe)

Einige Zeit vor Kriegsbeginn besetzen die Russen
Finnland (=Johansson), das bis 1918 ja russisch war!

Hallo BB!

Ähnlich wie bei der Diskussion zu Irlmaier und den Feldpostbriefen, bei der ich von Taurec zuerst heftigen Gegenwind bekam, Du dann aber eine gute Vergleichung der beiden Seher vorgelegt hast, freut es mich auch hier, dass Du es nun für denkbar hältst, den großen Kampfhandlungen in Skandinavien könnten dort auch Besetzungen vorausgehen. Als ich vor kurzem äußerte, dass gewisse Ereignisse in Skandinavien Vorzeichencharakter haben könnten, bekam ich von Dir den Claesson vorgehalten.

Ich darf an dieser Stelle vielleicht noch nachtragen, dass der von mir erwähnte "Brand von Stockholm" nicht eine Kriegseinwirkung zu sein braucht. Ich vermute viel eher, dass ähnlich, wie wir das von Paris und Rom uns denken, die Stadt Stockholm (oder Teile von ihr) aufgrund innerer Unruhen (die durchaus auch gesteuert sein können) in Brand gerät. Und wenn Johansson im Jahr 1914 sagt, die Sozialisten regierten in jener Zeit in Schweden, dann hat der Begriff von 1914 aus gesehen eine etwas andere (noch radikalere) Bedeutung als er heute für Schweden gebraucht wird.

Im übrigen teile ich Deine Analyse und Deinen Vorschlag betreffs der Bewegungen der russischen Armee in den Jahren vor dem eigentlichen Feldzug. Ich schreibe hauptsächlich deshalb, weil mir wichtig ist, dass Deine Ausführungen allgemein festgehalten werden. Für nicht gründlich belegt (zumindest aus Schauungen) halte ich allerdings die Einschätzung, dass Besetzungen in Mitteleuropa 3-4 Jahre vor Feldzugsbeginn stattfinden sollen. Ich schätze diesen Zeitraum für kürzer.

Mir sind vergleichbare Gedanken gekommen, als ich nach einer Lösung für die Frage gesucht habe, warum bei der Schau der Stuttgarter Lehrerin so viele Flüchtlinge auftauchen und diese aus dem Osten zu stammen scheinen. Das hat mich an Irlmaier erinnert, der einmal von "vielen Flüchtlingen aus Böhmen" redet. Auch bei Adolf Schwär spielen Flüchtlinge eine große Rolle (wenn auch weniger bestimmbar nach Herkunft und Zeit). Außer an die von Dir zitierte Wiedereinquartierung östlicher Truppen im Waldviertel, darf ich auch an Leo DeGard erinnern, der einmal darauf hingewiesen hat, dass es (gemäß dem Waldviertler) im Vorlauf bereits Kämpfe in Galizien geben könnte.

Im Augenblick stellt es sich mir so dar, dass Russland ab einem gewissen Zeitpunkt Truppen nach Osteuropa, Skandinavien und wohl auch auf den Balkan verlegen kann, ohne dass sofort und unmittelbar eine militärische Gegenreaktion erfolgt (was Rückschlüsse auf die Zukunft der NATO zulässt). Die Friedenskonferenz, die immer wieder durch die Köpfe geistert, hat nach meinem Dafürhalten, wenn es sie geben sollte, weniger mit dem Nahen Osten zu tun - sondern eher mit den Verhältnissen in Europa. Ich verstehe unter dieser Konferenz einen eher hektischen diplomatischen Prozess - u.z. hektisch wegen der völlig ungewohnten (aus heutiger Sicht) und der völlig unerwarteten militärischen (!!) Einmischung Russlands am östlichen Rand von Europa. Teile der Bevölkerung werden dann glauben (oder glauben gemacht werden ...), dass diese Situation wieder friedlich beigelegt werden könne, andere dagegen werden sich nach Westen in Bewegung setzen. Das Überraschungsmoment beim Feldzug ist für mich deshalb kein zeitliches und militärisches (der Überfall aus dem Nichts heraus ...), sondern das Überraschungsmoment scheint mir zu sein, dass viele sich eine solche Aktion einfach nicht vorstellen können und sich an Strohhalme klammern - bis zuletzt. Und dann passiert es doch. ***)

Das Timing des Feldzuges (aus Sicht der Russen) hängt m.E. mit dem Widerstand in Frankreich gegen die dortigen Linken zusammen (die "rechte" Bürgerkriegspartei droht die Linken zu überwältigen ...). Der Angriff der Russen gilt ganz offensichtlich nicht Deutschland sondern Frankreich. Anders als für Taurec ist für mich der "Große Monarch" keiner, der sich bei den Kämpfen im Hinterland von Deutschland hervortut. Vielmehr ist er für mich ein "Franzose", der sein Land an der Rheingrenze retten will. Doch dies ist ein anderes Thema.

Das Szenario eines ersten offenen und sichtbaren Schrittes der Russen nach Osteuropa, Skandinavien und auf den Balkan ist nur denkbar, wenn die USA Europa fallen gelassen haben. Es wird hierbei immer vorgebracht (auch von Dir, BB), das geschehe, weil und sobald die USA innerlich zerfallen wären.
Diese "USA-Zerfallstheorie" ist nur eine gedankliche Option. Ich sehe die Sache komplizierter: Den entscheidenden Kräften in den USA (Militär, Finanzelite, Bürokratie etc.) ist der amerikanische Bürger relativ gleichgültig. Und das amerikanische Militär, das zu großen Teilen global disloziert ist und sorgfältig geschützte Ressourcen hat (die Finanzelite übrigens auch!!), ist m.E. auch dann noch in Übersee schlagkräftig, wenn in amerikanischen Städten der Bürgerkrieg bereits begonnen hat. Es könnte eine Strategie gewisser amerikanischer Planer also darin liegen, Europa weiter in den Ruin zu treiben und auch das amerikanische Heimatland der Erosion auszusetzen - damit Russland umso eher in Versuchung gerät, seinen Blick auf Europa zu richten. Aus dieser (hier mal nur angenommenen ...) infamen amerikanischen Sicht heraus könnte man also durch das "Weltwendegeschehen" in Europa zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen: einerseits Russland in eine Falle locken (Gelber Strich etc.) und ausbluten lassen, andererseits Europa so deutlich ruinieren, dass es keine Gefahr mehr für die USA darstellt. Ob solche Planspiele, falls es sie tatsächlich gibt, rational sind und immer auch aufgehen, ist eine ganz andere Frage.

G,G

***) übrigens könnte auch auf russischer Seite (darauf hat "Danach" einst hingewiesen) die Entscheidung zum tatsächlichen Angriff erst im "letzten Moment" fallen, indem dort eine Fraktion (in der Regierung oder im Militär) das Heft der Handlung an sich reißt. Wir kennen diese Tage des Wankens und Schwankens und der irrationalen Entschlüsse inzwischen sehr genau aus den historischen Quellen betreffend den Ausbruch der beiden letzten Weltkriege, und zwar auf allen Seiten und ungeachtet langfristiger Vorbereitungen und Intentionen.


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