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Irlmaier, Kaisertum (Schauungen & Prophezeiungen)

Taurec ⌂, München, Samstag, 29.10.2011, 18:17 (vor 4571 Tagen) @ Gerhard (1735 Aufrufe)
bearbeitet von Taurec, Samstag, 29.10.2011, 18:42

Hallo!

Sicherlich hat er das Lindenlied gekannt und sich wahrscheinlich die Frage nach "der Erde Riss" gestellt. Diese Voraussage geht auf die Jahenny zurück (von biblischen Bildern abgesehen - falls jemand andere "Vor"bilder kennt, würde ich um Mitteilung bitten). Irlmaier mag sich, wie auch wir, Gedanken darüber gemacht haben, was dieser Riss wohl wäre. Für mich ist nun interessant und auch sehr wichtig, dass er keinen Impakt gesehen hat und auch keinen Vulkanausbruch, auch keinen Böhmerwald und keine Tschechei "die durch die Luft fliegen" - obwohl er das seiner Begabung nach doch hätte "schauen" können. Also gibt es das alles gar nicht!!?? Den einzigen Riss, den Irlmaier uns dann liefert, ist ein Ereignis, das einige Monate vor dem Krieg stattfinden soll (und sehr auffällig ist!), und das eher wieder in Resonanz zu seiner beruflichen Tätigkeit steht, nämlich die Dinge unter der Erde zu finden ...

Hä?
Zu konstruieren, daß es etwas nicht gibt, weil Irlmaier es nicht gesehen hat, ist ein schräges Ding.
Er hat ja auch nicht gesehen, wie die Russen am Rhein im einzelnen geschlagen werden. Heißt das, es gibt es nicht und sie lösen sich dort spontan in Luft auf?

Wir haben des Waldviertlers Schau von der Feuersäule (entweder Riß oder Impakt), die nördlich von ihm bis in die Stratosphäre schießt. Der Riß wurde 1996 auch von einer Frau aus Dresden genannt: "...und die Erde würde in der Gegend von Prag (!) 70 – 100 km lang aufplatzen und die entsprechend starken Eruptionen würden die Sonne verfinstern und giftige (Schwefel etc.) Gase enthalten."
Zu Impakten eine auffällige Stelle bei der Sibylle von Prag (Stichworte: Vyšehrad, Feuerball) und den Traum einer Bekannten Guerreros.

Beides zu finden hier: https://schauungen.de/forum/index.php?id=11437

Daraus läßt sich schließen, daß Irlmaier eben nicht alles gesehen hat und nicht allmächtig war.

Deshalb noch ein paar Worte zu Antonius von Aachen (=AvA, der eigentlich aus Köln stammt). Was "er" erzählt (wohl etwas modifiziert durch seinen Bruder, 1858, und Abbe Curicque, 1870), ist ein Kriegsgeschehen am Rhein, vor allem im Raum Köln, dessen Schilderung vom breiten Sagenstrom, den es hierzu ebenfalls gibt **), deutlich abweicht. AvA teilt im Gegensatz zu letzterem kostbare individuelle Einzelheiten mit, etwa räumliche Bewegungen oder die (für 1850ff) eigenartige Parteiung "Franzosen gegen Russen" oder auch das Alter des Kaisers oder auch die "Krankheit" nach diesem Krieg. Deswegen ist AvA ein wertvoller Zeuge (ohne dass nun alles stimmen muss, was von ihm überliefert wurde). Jedenfalls lässt er allgemein Bekanntes ("Russen in Westdeutschland", Dank von mir an Alex für die Karten!) in Verbindung mit sehr Spezifischem erkennen (z.B. auch die Schlacht bei Siegburg - die vielleicht aber auch symbolisch zu verstehen wäre). Und sowas ist immer wertvoll, selbst wenn wir gewisse Zweifel zu AvA haben.

Richtig.

Antonius von Aachen ist ferner eine gute Gelegenheit, einmal darauf hinzuweisen, dass der "Große Monarch" ein Motiv ist, das aus Frankreich stammt. Es gibt zwar auch bei uns einzelne vergleichbare, aber doch sehr dünne Überlieferungsstränge (etwa der im Berg versteckte Kaiser, der einst wiederkommen wird ***). Aber die eigentliche Quelle für den "Großen Monarchen" ist die katholische französische Tradition, zu der wir auch Nostradamus zählen dürfen. Deswegen wurde wahrscheinlich die Erinnerung an die Schauung des AvA (die ja eine Begegnung von Papst und Monarch enthält) gerade in Frankreich bewahrt, bei uns dagegen war AvA völlig vergessen.

Warum vergessen?
Curicques Buch erschien 1872 auf Deutsch und mit der Veröffentlichung von Ellerhorst 1951 ist er auch den Prophezeiungskennern der Nachkriegszeit bekannt.

Ich möchte behaupten, dass der Wunsch nach einem "Großen Monarchen" dem deutschen Wesen, so wie ich es aus der Beschäftigung mit der deutschen Geschichte zu kennen vermeine, in der Summe fremd ist. Das wird schon in den Anfängen deutlich: vor ziemlich genau 2000 Jahren standen die Germanen unter Arminius in einem verzweifelten Existenzkampf gegen die Römer. Nach dem Jahre 9 waren alle Schlachten für die Germanen unentschieden oder verloren - und dennoch zogen die Römer am Ende frustriert und zermürbt ab. Ohne Arminius hätten die Stämme dies nicht leisten können. Als aber Arminius Bestrebungen zeigte, König von Germanien zu werden, haben engste Verwandte und Freunde (!) ihn erdolcht.

Hübscher beschreibt in seinem Buche, wie der Mythos vom kommenden "Erretterkaiser" aus der antiken in die byzantinische und abendländische Tradition überging, zunächst auf die Frankenkönige und dann auf die Kaiser des heiligen römischen Reiches deutscher Nation. Fortan lagen die deutsche und französische Überlieferung in einem gewissen Wettkampf zueinander um den Anspruch auf den künftigen "großen Monarchen" als Deutschen oder Franzosen. Mit dem Ringen zwischen Kirche und Kaiser und den Verfall des römisch-deutschen Kaisertums scheint dieser Wettkampf zugunsten Frankreichs, das mehr als 1000 Jahre eine stabile (und einige) Monarchie hatte, entschieden worden zu sein. Tatsächlich war die Idee des großen Monarchen bis zu einem gewissen Zeitpunkt hierzulande durchaus lebendig. Hübscher nennt als Fixpunkt, wenn ich mich nicht irre, das Ende des 14. Jahrhunderts. Danach war der "Monarch" in Deutschland wohl eher nachrangig.

Der "große Monarch" ist ein Mythos, der durch die Jahrhunderte tradiert und zu einer Art fixen Idee wurde, die in einer ordentlichen Endzeitprophezeiung quasi Pflichtprogramm war. Es ist daher fraglich, ob den alten Aussagen generell überhaupt eine Seherschau vorausging.
Auf der anderen Seite tritt im Endzustand jedes Kulturkreises, legt man den spenglerschen Zyklus zugrunde, einer auf, unter dem die Überbleibsel der zerfallenen Kultur geeint werden. Einen "Augustus" gab es in irgendeiner Form wohl immer. Patriarchalische Herrschaft Einzelner ist die Norm, sei es als Diktator über eine formlose, dekadente Fellachenmasse oder als Spitze der Pyramide kulturfähigen Menschentums in Form einer Ständegesellschaft oder als Stammesfürst in der Vorkultur. Der Mensch drängt dahin, in seiner Staatenbildung die Struktur der Schöpfung mit Gott an der Spitze, der durch den Monarchen repräsentiert wird, nachzuvollziehen. Die Wahnvorstellung der Volksherrschaft ist nur eine zeitlich begrenzte Umkehrung dieses Prinzips, bei der sich der Mensch in Hybris an die Stelle Gottes setzen will. Daher ist stark anzunehmen, daß es in Zukunft durch ein "Kaisertum" zu einer Rückkehr zum Ursprung kommen wird, auch wenn die seherische Grundlage des Kaisers tatsächlich eher dünn sein sollte. Dann bestätigt sich der Mythos in der Geschichte aufgrund höheren Gesetzes.

Gruß
Taurec


„Es lebe unser heiliges Deutschland!“

„Was auch draus werde – steh zu deinem Volk! Es ist dein angeborner Platz.“


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