Deutungsversuch (Schauungen & Prophezeiungen)

Monsignore, Sonntag, 13.09.2009, 09:20 (vor 5350 Tagen) @ Eyspfeil (3864 Aufrufe)

Hallo Eyspfeil,

vielen Dank erstmal für das hereinstellen des kompletten Textes. Dies ist für die Diskussion sicher hilfreich.

Bei der Bewertung Handwerchers müssen wir immer im Gedächtnis haben:

- Handwercher wurde im Jahre 1792 geboren, dem Jahr der beginnenden Enthauptungen, somit trägt er den Zeitinhalt grundsätzlich schon mal in sich

- Die Wirren der Französischen Revolution und der Säkularisation waren noch nicht zu lange her. Handwercher selbst dürfte das als Kind schon bewusst miterlebt und z. B. aufgehobene, geplünderte Kirchen gesehen haben.

Der Prolog beschreibt auch recht genau, wie sich die Gesichte zeigten: begleitet von einer körperlichen Schwäche.


1. Sonntag
Gottesgeißel
Aber in derselben Stunde,
Wo im Geiste dies geschehen,
Ward ein schrecklich Feuerzeichen
An dem Firmament gesehen.
Ähnlich einem Tafeltuche
Hing es nieder von den Sternen,
Und es ward herabgelassen
Aus des Himmels tiefsten Fernen.
Aus dem Tuche stiegen Nebel
Auf samt Rauch und Feuerflammen,
Und es wickelt wie ein Balken
Plötzlich sich das Tuch zusammen.
Eins der Enden von dem Balken
Hat ein Kronenreif umfangen,
Doch am anderen Ende sah man
Eine Geißel Gottes hangen.
Lange sah man diesen Balken
Waagerecht am Himmel glühen
Und die Geißel hochgeschwungen
Feuerfunken niedersprühen.
Endlich sah man noch den Balken
In ein Schlachtschwert sich verändern,
Welches blutrot angehoben
Über Städten hing und Ländern.

Dieser Vers ist sehr bekannt und z. B. auch bei Bekh lange durchgekaut worden.
Dabei scheint es sich um ein für alle sichtbares Himmelsphänomen zu handeln, am ehesten um einen sehr nahe vorbeifliegenden Kometen. Dieser wird als Menetekel für die bevorstehenden Auseinandersetzungen gedeutet. Ähnliche Aussagen finden sich u. a. bei Wudy und Mühlhiasl oder eben der "Funkenregen". Dies ist eindeutig vor dem Geschehen, und entspricht nicht dem "Gekreuzigten".

2. Sonntag
Aber langsam neigt der Hehre
Sein erhab’nes Haupt beiseiten;
Durch den Wink des Auges sah ich
Mein Gebet mit „Nein“ bescheiden.
Nochmals wag' ich meine Bitte,
Aber mit der Hand zurücke
Weist der Hohe majestätisch.
Und er sprach mit ernstem Blicke:
„Meine Rechte hab’ ich zürnend
Auf die Länder ausgestrecket;
Ein Gericht ist angesetzet,
Das die Erdenvölker schrecket.

Der Point of no Return ist überschritten: Der Inhalt der Schauungen ist keine Warnung mehr, zur Umkehr, wie in Ninive, sondern tritt real in Erscheinung.

3. Sonntag
Großes Sterben

Sehr düsteres Bildwerk. Gleicht eher den Bildern der letzten Pestepidemien. Für meine Begriffe kein besonderer Nährwert an Information.

4. Sonntag

(kurzes Pontifikat 1829-1830)

Auch hier, das Ableben von Pius VIII. wurde aus der Distanz wahrgenommen. Wenn dem so ist, ein Hinweis auf die paragnostischen Fähigkeiten Handwerchers.

5. Sonntag
Schreit: „Ist nirgendwo ein Ausweg?“
Und ihr ward darauf gesaget:
„Sieh, der Weg ist in den Bergen,
Dornig, alpenvoll, uneben;
Durch die Mitte der Gefahren
Führt der eine Weg zum Leben.
...
So durchfurchten seine Rasen
Der Verstorbenen Gezelte.
Neben frischen Leichenhügeln
Sah ich viele Gräber offen:

(Glaubensabfall und moralischer Verfall
nach dem "2.Vatikanischen
Konzil", also ab den 60er-Jahren.
Die Revolutionäre bereiten sich vor.)

Diesen Vers deute ich als Nachhall der Französischen Revolution. Oder eben, zu späterer Zeit angefügt, Bildeindrücke der Bolschewistischen Revolution, mit Kirchen als Pferdeställe.

Allerdings sprechen die Leichenhügel, die Verwüstungen (Vandalismus) und der indirekte Hinweis auf eine Flucht ins Gebirge eine andere Sprache.

6. Sonntag
Weltjahrmarkt
Jetzo hör’ ich zu mir sagen:
„Komm, ich will die Welt dir zeigen!“
Und ich ging mit einem Manne
Durch die Stadt. - In tiefem Schweigen.
In der Häuser langer Reihe
Zeigte mir der Mann das seine,
Führte mich in seinen Hausgang,
Und dort ließ er mich alleine.
Hinter einer Gartentüre,
Die geöffnet wird nach innen,
Nahm ich Stellung, um die Aussicht
Auf die Straße zu gewinnen.
Sieh! Ein Markt war aufgeschlagen:
Zahllos sah ich Tisch’ und Buden,
Sah die Käufer und Verkäufer,
Männer, Weiber, Trödler, Juden.
Alle Früchte dieser Erde
Sah ich aufgetürmt zu Haufen;
Aller Länder Fabrikate
Sah ich kaufen und verkaufen.
Was als Stoff zur Kleidung dienet;
Wolle, Linnen, Pelz und Seide;
Was im Abgrund wird gewonnen:
Waffen, Silber, Gold, Geschmeide;
Was dem Auge wohlgefällig,
Was von künstlichem Gebilde,
Was dem Ohre süß und lieblich,
Was dem Fühlen weich und milde;
Was den Gaumen nur erlustigt
Von Getieren, Vögeln, Fischen,
Von Gewürzen, Kräutern, Weinen,
Fand ich auf den Händlertischen.
Aller Menschen Tagsgeschäfte
War ein Markten, Treiben, Dingen,
Um Gewinnste zu erkaufen,
Um Gewinnste zu erringen.
Plötzlich sah ich wilde Tiere,
Wohlbewehrt mit Zahn und Krallen,
Tiger, zottig, schwarz und grausam,
In des Volkes Menge fallen.
Tausend von den Käufern, Händlern,
Sah ich von der Tiere Bissen
Mitten in dem Marktgedränge
Angefallen und zerrissen.

Dies ist für mich der wichtigste Vers Handwerchers überhaupt. Das Bild "Weltjahrmarkt" trifft die Situation perfekt. Die Deutung der Tiger als Weltwirtschaftskrise ist auch sehr gelungen. Ich halte die "Tiger" für die Banken, welche ihre Schuldner, d. h. diejenigen die über ihre Verhältnisse auf Kredit lebten, zerfleischen.

Auch interressant der Hinweis: jede rein rationale Vorbereitung auf die Krise reicht nicht aus. Sagte ja seinerzeit schon Basey: "Es liegt in Gottes Hand".

Zur Ergänzung: Das Jahr des Tigers nach der Chinesischen Rhythmik beginnt am 24.02.2010 und endet am 02. Februar 2011!

7. Sonntag
Aller Gottesdienst erloschen

Sehr wahrscheinlich ist tatsächlich im Zuge der Kirchenverfolgung 2 Jahre aller Gottesdienst erloschen, ob nur in Europa oder auch weltweit, kann ich nicht beurteilen.

Dieses Szenario würde allerdings für eine sehr lange Streckung des Gesamtablaufes stehen: Setzen wir die Papstflucht 2011 an, und dann eine gewisse Vorlaufzeit bis sich die Verfolgungen auswachsen, so wäre der Krieg irgendwo allerfrühestens 2013, wenn nicht 2014 oder noch später zu sehen.

8. Sonntag
Schwanken der Kanzeln
„Auch die höh’re Kanzel wanket;
Nötig ist nun, daß nun eine
Neue Kanzel an dem Eckstein
Dieses Tempelbaus erscheine.“

Traditionelle kirchliche Theologie ist am Ende. Auch die "zweite Kanzel", das zweite Vatikanische Konzil mit seinen Reformen, hat keine Rettung gebracht. Grundsätzliche Reform der gepredigten Glaubensinhalte unausweichlich.

9. Sonntag
Beichtstühle in die Wüste entführt
(Sakrament der Beichte fällt aus, Kirchen
und Priestern wird der Einfluß genommen)

Sehe ich etwas anders. Für meine Begriffe gibt der Vers die Pervertierung des Beichtsakraments wieder. Wenn ein Großteil der Geistlichen vom wahren Glauben abgefallen ist, können sie natürlich das Sakrament in seiner Kraft nicht mehr spenden. Und schaden damit den Gläubigen. Die Beichtstühle werden dann zugesperrt bzw. das Beichtsakrament liberalisiert / aufgehoben.

10. Sonntag
Wolkenbruch über Bayern
Schwarze Wetterwolken sah ich
Ganz Europa rings umschleiern;
Doch der Himmel strahlte heiter
Einzig auf dem Lande „Bayern“.
Doch auf einmal hat auf Bayern
Sich das Wolkenmeer ergossen,
Und der Sturmwind kam geflogen,
Und es fielen schwere Schloßen.
Obdachsuchend vor dem Sturme,
Der einherfuhr mit Gebrause,
Ging ich in dem nächsten Dorfe
Zu dem ersten Bauernhause.

(Die Krise erreicht zuletzt auch
Bayern)

Ja, Bayern hält aufgrund seiner Struktur, der geringeren Bevölkerungsdichte, der geringeren Zahl an schlecht integrierten Migranten, einfach länger durch. Doch zum Schluss geht es auch da schnell und die Folgen der Krise brechen herein.

11. Sonntag
„Tausend Meilen wohl vom Orte,
Wo du nach dem Leibe wohnest“,
Waren des Gefragten Worte.
„Welches Unglück?“ fragt' ich weiter,
„Ist in diesem Land geschehen?“
„Ach, so hast du“, war die Antwort,
„Nicht das Schreckliche gesehen?“
Alle Städte und Fabriken,
Die einst blühten, sind verödet;
Die darinnen sich genähret,
Sind zerstreuet und getötet.

Ende des Industriezeitalters mit Schrecken. Eine Meile: deutsche Landmeile? ==> Bilder aus Übersee?

12. Sonntag
Kampf gegen die Kirche
Ganz Europa war ein Lager
Von dem größten Kriegesheere;

...

Alle Völker waffnen wilde
Schreckens-Revolutionen,
Um die Männer zu bestreiten
Die auf einem Berge wohnen.
Denn in eine Felsenfeste
Haben sich zurückgezogen
All die wenigen Getreuen,
Die dem Baal das Knie nicht bogen.

...

Einen sah ich, der vor allen
Heißergrimmt im Hasse wütet
Und zum Sturme anzufeuern
Seine Scharen nicht ermüdet.
Furchtbar deckt ihn schwarze Rüstung;
Seine Kraft ist ungeheuer;
Rauh ist jedes seiner Worte
Und sein Blick und Schwert ist Feuer.

(Ein revolutionärer Führer, womöglich
derselbe Finsterling,
den Marie-Julie Jahenny erwähnt.
Ist Gegenspieler des Monarchen)

Revolution, ein Nachhall der Französischen. Das Bild des revolutionären Führers entspricht exakt auch von der äußeren Beschreibung Leo Trotzki, dem wahren Organisator der Oktoberrevolution und einpeitschenden Redner. Eventuell ist das später eingefügt worden.

13. Sonntag
Restauration der Kirche
Auf der Spitze eines Berges
In der Mitte grüner Auen
Sah ich einen neuen Tempel,
Eine neue Kirche bauen.

(Ein neues Konzil wird nicht erwähnt.
Auch im "Lied der Linde ist nur vom
21.Konzil die Rede im Zusammenhang
mit der Kaiserkrönung,
was aber bereits
1870 stattgefunden hat)

Dieser Vers ist ein Wunsch eines Geistlichen.

14. Sonntag
Christus herrscht

Dito.

15. Sonntag

.

Zur Monstranze wählt die Jugend
Sich des Waldes schönste Fichte;

Auch hier: kirchliches Wunschdenken. Allerdings deutet die Verwendung eines Baumes als "Monstranz" auf gänzlich andere Glaubensinhalte hin.

Zusammengefasst bleibt für mich der Vers 6 "Weltjahrmarkt" als eindrucksvolles Zeugnis über. Dies konnte man sich 1830 oder auch 1910 in der Form nicht erdenken.

Viele andere Passagen könnten allerdings auch entweder frei gedichtet (speziell 13-15) oder aber auch von einem späteren Autor hinzugefügt worden sein. Deshalb wäre es interessant zu wissen, wann eine erstmalige schriftliche Drucklegung erfolgte und was die beinhaltete.

Monsignore


Gesamter Strang: