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Re: auf was wird denn geschossen? (Schauungen & Prophezeiungen)

Taurec ⌂, München, Donnerstag, 20.12.2012, 13:12 (vor 4151 Tagen) @ Loki (6334 Aufrufe)

Hallo!

Ich bin mir des Problems der "Hineininterpretation" sehr wohl bewusst.
Deswegen gehe ich ja z. B. bei (alten) Hinweisen/Gesichten, deren Sinn zuerst mal unverständlich ist, davon aus, daß der Seher versucht hat, etwas, das er selber nicht verstanden hat, so gut wie möglich in Worte zu packen/zu umschreiben.

Dabei unterstellst Du, besser zu wissen, was der Seher gesehen hat, als der Seher selbst, was dazu führt, daß Du Informationen herausliest, die nicht darin stehen.

Und es ist doch gerade bei Prophezeiungen so:
Bei vielen wurde erst im Laufe der Zeit klar, auf welche Dinge sie sich bezogen und wenn man den Hinweis in einer Prophezeiung verstanden hatte, machten plötzlich entsprechende Textstellen in anderen Prophezeiungen auch Sinn. Diesen "Absolutheitsanspruch", nach dem erst eine Prophetenstimme komplett verstanden werden muss, bevor man sie akzepieren kann, kann ich also nicht ganz nachvollziehen, denn für mich ist das eines der interessantesten/spannendsten Rätsel überhaupt, weil sich die Antworten vor unseren Augen im Zeitgeschehen entrollen ;-)

Kapiere ich nicht. Wo habe ich denn behauptet, daß eine Prophezeiung für das Verständnis aller anderen nötig wäre?

Im Übrigen beschäftigt sich dieses Forum in erster Linie mit Schauungen/Visionen, nicht mit "Prophezeiungen", die tatsächlich Aussagen sind, die jemand auf Grundlage seiner Weltsicht mit Schauungseinfluß gemacht hat.
Da fängt der Unsinn nämlich schon an:
Du machst keinen Unterschied zwischen tendenziell originalgetreuen Seherberichten, durch Überinterpretation verzerrten Berichten, Volkssagen, religiösen Prophezeiungen aus früheren Jahrtausenden und fremden Kulturkreisen. Du siehst nicht, daß durch Überlieferung über Jahrhunderte, der eigentliche Kern einer Aussage verfälscht und verzerrt wird, daß man Texte anderer Zeiten und Kulturen nicht einfach wörtlich nehmen kann, weil man auf diese Art in etwas Unverständliches sein eigenes hineinliest (ohne es zu merken!).
Für Dich ist alles eins. Allem unterstellst Du den gleichen Realitätsgrad.

Deswegen meine Rede/Ansicht:
Erst die "Zusammenschau möglichst vieler Prophezeiungen" lässt einen die Zusammenhänge erkennen. (...wobei ich damit nicht gesagt haben will, daß ich alle Zusammenhänge erkenne, "ich" will nur über meine Ansichten zu diesem "Traumzeit-Thema" diskutieren, wenn´s erlaubt ist... (ich mag diese Erklärungsmodelle mit "Dimensionen" auch nicht; die "alten" Bilder: "ewige Jagdgründe", "Traumzeit", "Jenseits" gefallen mir besser...)

Nein, nicht "möglichst vieler". Du versuchst mangelnde Qualität (nicht der Prophezeiungen, sondern Deiner Behauptungen) durch möglichst große Quantität auszugleichen.
Die Möglichkeit von Verzerrungen, Überlieferungsfehlern, sogar absichtlicher Fälschungen erkennst Du nicht an. Was man über jede dieser einzelnen Quellen wissen könnte und müsste, was man in jahrelanger Forschung und Kontemplation herausfinden könnte, ist für Dich inexistent zugunsten der Stützung Deiner Behauptungen durch vermeintlich "veritable" Quellen. Tatsächlich ist der Maßstab, den Du anlegst, die Antwort auf die Frage, ob Du es irgendwie auf Deinen Grundgedanken hinbiegen kannst.

Zudem solltest Du besser nicht mit diesen Begriffen hantieren, die in der Postmoderne als Ersatzreligion mit oberflächlich wissenschaftlichem Anhauch von Kopfmenschen geschaffen wurden. Was heute unter "Dimension" firmiert, ist größtenteils der reinste Unsinn, führt auf jeden Fall zu Mißverständnissen und öffnet dem Unsinn Tür und Tor.

Hier gebe ich Dir vollkommen recht, doch was bedeutet "umdeuten"?
Weil, meines Erachtens bedeutet "umdeuten" zumeist,
den Seher nicht wörtlich zu nehmen.

Weil Du den Unterschied zwischen Schauungen und Prophezeiungen nicht kennst, hältst Du jedes Wort für authentisches Seherwort. Daß der eigentliche Gedanke im Laufe der Überlieferung verschwimmt, siehst Du nicht. Daher siehst Du auch nicht die Notwendigkeit, sich zumindest ein wenig und sehr behutsam vom Text zu lösen und zu Fragen, welche gedanklichen Grundlagen der Seher und seine Biographen hatte, die in die Überlieferung getragen wurden. Du siehst nicht die Notwendigkeit, zu fragen, unter Einfluß welchen Weltbildes die Schauungen gedeutet und zu Prophezeiungen formuliert wurden, ob dieses Weltbild Sinn hat oder was stattdessen gemeint sein könnte.

Also, hier stellst sich meines Erachtens die zu erörternde Frage,
wer hier den ursprünglichen Text umdeutet,
und wer ihn wörtlich nimmt,
also, wer mehr/anderes hineininterpretiert als dasteht.

Was Du nicht kapierst, ich aber schon angerissen habe:
Die Birkenbaumsage wurde seit Jahrhunderten mündlich weitergegeben. Die Ursprünge reichen wohl sogar über das Mittelalter zu byzantinischen Prophezeiungen über Schlachtenbäume zurück. Jede Generation der Überlieferung hat eigenes hinzugefügt, anders verstanden, umgedeutet usw., von den sprachlichen Veränderungen ganz zu schweigen.
Welche Veränderungen nur wenige Jahrzehnte an einer Aussage vornehmen, wüsstest Du, wenn Du Dich z. B. mit der Überlieferungsgeschichte von Stormberger und Mühlhiasl beschäftigt hättest. Siehe hier: 4281

Die Veränderungen sind typisch für jede Volkssage.
Und da fixierst Du Dich auf einzelne Wörter!
Die wortwörtliche Deutung dieser Textgattung halte ich für völlig falsch und ein Zeugnis für Inkompetenz!!!

Aber so gehst Du auch mit anderen Quellen um, ohne sie auch nur vorzusortieren und nach den Einflüssen zu fragen.

Es gibt keinen hinreichenden Grund zu der Annahme, daß jemand unbekanntes, der vor vielen Jahrhunderten vielleicht eine Schau hatte, darin tatsächlich die ganze Erde verbrannt sah.
Von dem, was wir über Schauungen wissen, ausgehend ist es hingegen sehr wahrscheinlich, daß derjenige (falls es ihn gab) nur einen Ausschnitt der Erde sah, nämlich den seiner Heimat, die wir noch nicht mal verorten können. Das war alles was er kannte, denn von dem ganzen Planeten fehlte ihm jede Vorstellung, jeder Begriff.

Mit Verlaub werde ich die Quellensammlung bei Gelegenheit weiter nach relevanten Textstellen durchforsten und natürlich bei jeder gefundenen Stelle gern die Frage erörtern, ob meine gefundene Stelle von mir uminterpretiert, oder von mir einfach "wörtlich" genommen wurde, im Sinne von "wörtlich für etwas, das gesehen, aber nicht nicht verstanden wurde, bzw. wörtlich für etwas, das nur schwer in Worte zu packen ist"...

Bitte nicht, sonst komme ich aus dem Schreiben nicht mehr heraus.

Gruß
Taurec


„Es lebe unser heiliges Deutschland!“

„Was auch draus werde – steh zu deinem Volk! Es ist dein angeborner Platz.“


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