Vader Lueck - Teil 5 von 5 (Schauungen & Prophezeiungen)

Artur, Sonntag, 22.06.2008, 23:31 (vor 5811 Tagen) @ Artur (8561 Aufrufe)
bearbeitet von Artur, Sonntag, 22.06.2008, 23:42

Teil 5


Und diese hier:


Wehe, wehe, Wehe den Mönchen und Pfaffen Doctoren und Rechtsgelehrten und Scribenten, deren Zahl ganz wird ausgerottet werden so dass sie auf einigen Plätzen ganze 7 Stunden werden gehen müssen, wenn sie Bey einem Sterbenden einen Priester verlangen.

Ausgerottet wurden nicht die Personen, die diese Ämter bekleideten, sondern die Ämter, die diese Personen innehatten. Eine Folge der Säkularisation. Über 90% aller Klöster und Stifte wurden aufgelöst. Annähernd 95.000 km² Grundbesitz, auf dem mehr als 3 Millionen Menschen lebten, wurde dem Klerus entzogen. Das für die Verwaltung dieser riesigen Besitztümer benötigte kirchliche aber auch weltliche Dienstpersonal wie Handwerker, Gewerbetreibende und Gesinde verloren zum großen Teil ihren Arbeitsplatz.
Kein Wunder also, dass die „Pfaffendichte“ pro km² erheblich abgenommen hatte.


Und diese hier:

Es wird sich dieses bald ändern und eine ganz andre Ordnung des Landes gemacht werden, nachdem die Soldaten wieder abmarschiren

Die Entmachtung der Kirche sowie die Auflösung der durch den Klerus beherrschten Territorien, schuf die Grundlage für ökonomischen und industriellen Fortschritt.

Zum Beispiel:
• 1763 Einführung der Schulpflicht von 5 - 14 Jahren
1808 wird eine Schulreform durchgeführt, die das "humanistischen Bildungswesens"
begründete. Die Trennung von Standes,- und Fachbildung und eine neue Schulform,
das Gymnasium, wird eingeführt.
• Die Kabinettsreform von 1808 führt fünf Fachministerien ein, die direkt dem König gegenüber verantwortlich sind.
• Durch die Städtereform erlangen diese die Autonomie und deren Bürger konnten sich eine Stadtverwaltung wählen.
• Nach Umsetzung der Heeresreform, konnte die Söldnerarmee zugunsten einer Volksarmee mit Wehrpflichtigen abgeschafft werden, ebenso wie das Adelsprivileg und die Prügelstrafe.
• Die Monopolstellung der Handwerkzünfte wurde durch deren Aufhebung abgeschafft.
• 1807 mit dem Oktoberedikt wurde unter anderem jedem Bürger die freie Berufswahl und der Erwerb von Landbesitz gestattet.

Und diese hier:

Hernach wird ein solcher Fried und Einigkeit unter den Einwohnern des Stifts seyn, und das Land wird in so guten Stand gesetzt werden, (als es noch nie gewesen ist.)

Allgemeiner Wiederaufbau in der Nachkriegszeit. In weiten Teilen wurde die Kulturlandschaft und große Waldbestände durch Kriegseinwirkungen und Truppenbewegungen verheert, welche nun wieder instand gesetzt/aufgeforstet werden, allerdings fehlten den Bauern ca. 60.000 Pferde als Zug- und Arbeitstiere. Nachdem im Krieg 13.000 Häuser zerstört und unzählige beschädigt wurden werden in der folgenden Zeit über 15.000 neue errichtet.


Und diese hier:

Der Eigenthum wird abgeschafft werden.

Das Eigentum der Kirche.
Der Reichsdeputationshauptschluss vom Februar 1803 bedeutete für den größten Teil der Klöster und Stifte ihre Auflösung.


Und auch diese:

Zu der Zeit regiert ein Fürst aus dem Bayerischen Hause in Münster.
Und dies war:

Fürstbischof Clemens August I. Ferdinand Maria Hyazinth von Bayern (1700 – 1761)
Als Fürst übte er weltliche Macht über ein Territorium aus
Als Bischof repräsentierte er die kirchliche Macht über ein Territorium
Als Fürstbischof eben in Personalunion

Und:

Der Fürst aus dem Bayerischen wird alsdann noch wohl regieren, und nach dieser Zeit mit den Holländern kriegen, und an etlichen Örtern das Hochwürdige herumtragen und glücklich seyn in allen seinen Regierungen.

Die Formulierung… noch wohl… ist hier unklar, denn

…noch wohl… im Sinne von „noch gesund“
…noch wohl… im Sinne von „möglicherweise“ (wohl noch)

Nach meiner Auffassung entspricht …„noch wohl“…eher dieser Interpretation damaliger Diktion = „Zustand des Gutgehens“

Und:
nach dieser Zeit mit den Holländern kriegen,

Auch hier unklar. „Nach dieser Zeit“ definiere ich als = nach dem Krieg, Nachkriegszeit – die der Fürst nachweislich nicht erlebte. Aus demselben Grund konnte er danach nur schlecht „mit den Holländern kriegen“, da tot.

Daher:
Aus diesem Sinnzusammenhang heraus und unter Einbeziehung meiner Definition von „nach dieser Zeit“ deutet die plausibelste Interpretation für „noch wohl“ auf „möglicherweise“,

Und:
und an etlichen Örtern das Hochwürdige herumtragen und glücklich seyn in allen seinen Regierungen.

Clemens August I. Ferdinand Maria Hyazinth von Bayern war, was die Anzahl seiner hohen
Ämter betraf die er bekleidete, herausragend.

• Kurfürst des Heiligen Römischen Reiches und Landesherr des zugehörigen Erzstifts
• Legatus natus des Heiligen Apostolischen Stuhls zu Rom
• Hochmeister des Deutschen Ordens (Hoch- und Deutschmeister)
• Erzbischof von Köln
• Herzog von Bayern
• Fürstbischof von Regensburg
• Fürstbischof von Münster
• Fürstbischof von Osnabrück
• Fürstbischof von Paderborn
• Fürstbischof von Hildesheim
• Andere kirchliche und weltliche Ämter

Diese Ämteranhäufung seiner Bischofsstühle brachte ihm den Beinamen „Herr von Fünfkirchen“ ("Monsieur des Cinq Églises") ein.

Bis auf diesen Teil,
- „noch wohl regieren, und nach dieser Zeit mit den Holländern kriegen“ -
wieder Übereinstimmung zum Text und zum Zeitraum

Der Siebenjährige Krieg von 1756 – 1763


Und dieses noch:

Sie werden ihren Marsch nehmen auf Lünen. Hernach werden sie eine erschreckliche Schlacht halten im Preußischen nahe bey dem Berken Baum, welche 3 Tage währen wird; und diese wird verlohren werden

Schon viel wurde über die Schlacht am Birkenbaum, die auch in anderen Prophezeiungen häufig Erwähnung findet, gerätselt und spekuliert wo diese denn stattfindet oder auch, je nach zeitlicher Ausrichtung, stattgefunden habe. Erschwerend in die Auseinandersetzung mit diesem Sachverhalt fällt zunächst die Notwendigkeit zu klären, ob - so wie auch in dem aktuell vorliegenden Fall - eine Fälschung vorliegt oder nicht.

Fazit:

Die vorliegend ermittelten Einzelheiten halte ich für hinreichend überzeugend und in sich stimmig, so dass ich als Ergebnis meiner Recherchen zu der Prophezeiung „Vader Lueck“ bei Fragestellung nach deren zeitlicher Erfüllung als sicher davon ausgehen kann, dass sich die dort beschriebenen Geschehnisse auf und um die Zeit des Siebenjährigen Krieges beziehen.


Zur Entstehungszeit der Prophezeiung, sofern keine Fälschung vorliegt, liegen Jahreszahlen vor, die auf ein Mindestalter hinweisen.

• 1748-50 Vor der Domdechaney werden Lindenbäume gepflanzt werden….
• 1732 der Spiegelthurm wird zwischen 2 Gebäuden gesetzt werden. =
Spätestens ab 1732, Baujahr der Galen’schen Kurie.
Möglicherweise früher, zwischen 1533 und 1636 wurden 2 Gebäude mit jeweils etwa 10m Abstand zum Spiegelturm erstellt. Wie dies auf einen damaligen Zeitgenossen gewirkt haben muss, dass der Spiegelturm (eines von insgesamt 4 Stadttoren), der Jahrhunderte lang ein Teil der Stadtmauer war und sich dort freistehend befand, nun von zwei Gebäuden umrahmt wurde, kann nur vermutet werden.

Hier unter dem Vorbehalt, meine Einschätzung von „Der neue platz wird gleich gemacht…“ sei zutreffend.

• 1661 Schleifen der Stadtbefestigung und Bau der Zitadelle mit Esplanade

• 1600 – 1710 Die Modebeschreibung in „Vader Lueck“, die meiner Auffassung nach
die barocke widerspiegelt, erhärtet allerdings die Ansicht das Mindestalter der Prophezeiung auf vor 1661 zu legen.


Und:

Handelt es sich hier um eine, bereits eingetroffene, Prophezeiung mit einer Treffergenauigkeit von nahe bei 100%,

oder,

ist dies eine Fälschung.


Gruß
Artur


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