Guten Abend!
Dazu bitte ich um eine ausführlichere, am besten erschöpfende Beschreibung.
Dem kann ich leider nicht entsprechen, weil ich, das weiß man hier hoffentlich, streng gegen Weltenwendekino bin, vor allem auch gegen Diskussionen darüber, ob ein geträumter(!) Meteorit aus dieser oder jener Himmelsrichtung geflogen kam bzw. zu welcher Jahres- und Tageszeit er das tat. Wenn ich den unpersönlichen, nicht nur mich sondern den eventuell eine größere Allgemeinheit betreffenden Realgehalt meines Traumes zusammenfassen wollte, dann würde ich ihn vergleichen mit der Funkenregenschau von Waldviertler, Korkowski (=Sternenfall), IT-Oma (glühende Brocken) oder Neu-Orest (glühende Teilchen) sowie mit anderen ähnlichen Schauungen - sofern sie tatsächlich Schauungen sind. Der Funkenregen also wird kommen. Die zeitliche Einordnung ist, aus meiner persönlichen Perspektive gesehen, eben eine Zugfahrt. Soll ich mich jetzt immer beim Forum melden, wenn ich ein Bahnticket kaufe?
Ein paar Gedanken zum 'großen Planeten'. Um hier in eine Diskussion einzusteigen, würde ich zuerst fragen wollen, wie genau die literarische Tradition dazu aussieht. Frühere Generationen wussten gar nicht, was ein Planet realiter bzw. physikalisch gesehen ist. Für Astronomen und Astrologen waren Planeten nichts anderes als blinkende, punktförmige Sterne am Himmel, die wanderten (das ist die Bedeutung des griechischen Zeitworts 'planetein') - im Gegensatz zu den fixen, feststehenden Sternen. Erst seit dem Zeitalter der optischen Instrumente gibt es für das menschliche Bewußtsein und die Seele das Bild eines kugelförmigen Himmelskörpers mit Oberflächenstrukturen. Auch die Kometen, die seit Jahrtausenden den menschlichen Beobachter beschäftigen, sind nur leuchtende Punkte am Himmel gewesen, gelegentlich mit einem feurigen Schweif. Wenn der Mensch sich also in älteren Zeiten einen Weltuntergang oder eine Weltwende zusammenbasteln wollte, dann arbeitete er mit Kometen, Meteoren und Steinschlägen. Aber nicht mit vorbeiziehenden Planeten. Ich bezweifle, dass es literarische Quellen gibt, die älter als 600 Jahre sind und von einem langsam am Himmel vorbeiziehenden Körper in Mond oder Sonnengröße eindeutig reden. Das ist der wahre & einfach Grund dafür, dass diese Art von 'Träumen' erst seit höchstens 200 Jahren auftauchen - und auch im Handbuch des Aberglaubens nicht zu finden sind ...
Seit es nun aber Bilder, Wissenschaftsmagazine, Romane, Filme und Youtubevideos gibt, ist die Sachlage eine ganz andere. Der moderne, einfältig zivilisierte Mensch hat in diese Richtung alles Mögliche und Unmögliche schon zu Gesicht bekommen. Es zeugt von der Lauterkeit und Reinheit der Sprache der Seele, dass sie bei ihren überwiegend symbolischen Bildbotschaften sich trotzdem an das hält, was real ist: Sonne und Mond. Sowie Vermischungen und Variationen dieser beiden Himmelskörper.
Ich beschäftige mich regelmässig mit Träumen, arbeite nicht nur mit meinen eigenen sondern suche auch Traumberichte im Internet oder in der psychologischen Literatur. Vor ein paar Tagen habe ich wieder "Traum und Tod" von Marie-Louise Franz (1984) in den Händen gehabt und bin erstaunt, wie viele Bilder die Seele für die Traumpräkognition des eigenen 'Todes' kennt. Aus meiner gewiss immer noch sehr bescheidenen Kenntnis des Wissensgebietes Traumforschung muss ich leider berichten, dass es Erdbebenträume, Überschwemmungsträume, Vulkanträume, Kriegsträume zu Hauf gibt, so zahlreich, dass man sie schon kategorisiert. Und natürlich gibt es auch Himmelskörperträume. Aber nicht jeder dieser Träume ist eben eine Präkognition, und extrem selten eine Realpräkognition (letzteres eher wahrscheinlich, wenn als 'Filmriss' tagsüber aufgetreten). Da hilft auch nicht, wenn in derartigen Traumberichten ähnliche Sachverhalte wie rote Farbe, Hitze etc. erzählt werden (primär mit der Sonne zu assoziieren). Denn auch in Überschwemmungsträumen ist das Wasser meist nass.
Wenn Du, Taurec, hin und wieder (was durchaus wichtig ist), nach kulturellen Motiven fragst, die über Jahrtausende tradiert und fortgesponnen werden, dann reflektiere bitte mal über den Motivkreis APOKALYPTIK. In meinen Augen bist Du ein typischer Apokalyptiker, und Du solltest erst mal nachforschen, seit wann es die - und in welchen Varianten - gibt. Wenn Du Dich selbst gründlich prüfst, könnte es vielleicht sogar herauskommen, dass Du viele Gemeinsamkeiten mit jenen Gruppen hast, die Du wegen ihrer eigenen, spezifischen Apokalyptik gerne angreifst. Interessant ist für mich die Frage, ob es in anderen Großkulturen eine Apokalyptik gibt. Beachtlich finde ich hier die originale chinesische Denksphäre, die derartige Szenarien komplett beiseite gelassen hat. Hängt wohl damit zusammen, dass die Chinesen ziemliche Realisten und Pragmatiker sind.
Betreffs eventueller Lektüre für Interessierte: der Artikel über Apokalyptik in der deutschen Wikipedia ist leider nicht sehr gut. Auch die englische Version vermisst eine wichtig Wurzel, nämlich die iranische (die eigentlich eine indogermanische ist). Hierzu siehe etwa: C.G.Cereti (Ed.): The Zand i Wahman Yasn. A Zoroastrian Apocalypse (Serie Orientale Foma 75), Rome, 1995.
Ganz unten sind ein paar weitere Literaturhinweise. Höchst interessant wäre eine Diskussion über Spengler und die Apokalyptik. Er hat übersehen, dass die Apokalyptik eine spezifische Erscheinung der Zivilisation ist, also eine Variante der "Weltstimmung müder Großstadtmenschen, die eine abgeschlossene Kultur im Rücken und keine innere Zukunft mehr vor sich haben".
Ich vermute, Du hast aufgrund zyklischer Theorien, astrologischen Berechnungen und sonstigen Überlegungen ein Bild der Zukunft das ungestört sehr viel weiter (und möglicherweise zivilisatorisch und technisch aufwärts) in die Zukunft führt, in dem eine globale Katastrophe gleich welcher Natur als unpassender Störfaktor kategorisch keinen Platz hat.
Warum sollte eine globale Katastrophe darin "kategorisch keinen Platz haben"? Ich habe überhaupt nichts gegen Katastrophen. Ich halte sie lediglich irrelevant für die seelische, technische und gesellschaftliche Entwicklung des Menschen. Eher würde eine größere Katastrophe in die vorgezeichnete Richtung stimulierend wirken und die gesetzmäßig angelegten Dinge noch mehr beschleunigen (siehe das sog. 'Wirtschaftwunder' nach dem Zweiten Weltkrieg). Im übrigen fasst Dein Zitat meine Sicht der Dinge richtig zusammen. Sehr gerne würde/könnte/wollte ich etwas über die verschiedenen Arten von Einfalt hier schreiben, vor allem über die wahre geistliche Einfalt, oder aber über die Technik und menschliche Gesellschaft der Zukunft. Aber leider passt das nicht in dieses Katastrophenforum. Und die Zeit, um das aufzuschreiben, ist bei mir halt immer etwas knapp. Aber sie wird kommen ...
Ein schöne Abendstund'
wünscht Sagitta
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(die Literaturhinweise, nur eine kleine (!) Auswahl, sollen lediglich zeigen, dass Weltwende-VORSTELLUNGEN ein historisches und kulturelles Phänomen sind und von dieser Perspektive her ebenfalls einmal reflektiert werden sollten)
Abendländische Apokalyptik: Kompendium zur Genealogie der Endzeit
herausgegeben von Veronika Wieser et. al. (Wien 2013)
Die Wiederkehr des apokalyptischen Bewusstseins (Zeitschrift "Concilium" 2014-3, Ostfildern-Ruit 2014)
Das Testament der Zeit : die Apokalyptik und ihre gegenwärtige Rezeption / herausgegeben von Kurt Appel und Erwin Dirscherl, Freiburg 2016
Die Apokalyptik in Christentum und Judentum. Ende der Zeit oder eschatologische Hoffnung? Michaela Visnovsky – 2016
Dies irae : Eine Geschichte des Weltuntergangs / Johannes Fried – 2016
Peoples of the apocalypse : eschatological beliefs and political scenarios / edited by Wolfram Brandes, Felicitas Schmieder and Rebekka Voß - 2016
Rückrufaktion Apokalyptik : Ein Beitrag zur überfälligen Identifizierung und Verabschiedung der Apokalyptik und ihrer "Kinder" im Bereich des Christentums / Lorenz Zellner – 2016
Testament der Zeit : Die Apokalyptik und ihre gegenwärtige Rezeption
Dirscherl, Erwin [Herausgeber]
Zukunftsvisionen zwischen Apokalypse und Utopie / herausgegeben von Katharina Martin, Christian Sieg
Aktualität des Apokalyptischen : zwischen Kulturkritik und Kulturversprechen / hrsg. von Olaf Briese
Als die Sterne nicht vom Himmel fielen : apokalyptische Enthüllungen zum Weltuntergang / Willi Gerhard Bidermann - 2015
Apoklyptik, Koch, Klaus; Schmidt, Johann Michael; Darmstadt 1982 (WBG)