Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens (1927-1942) (Schauungen & Prophezeiungen)

Fred Feuerstein, Montag, 31.01.2011, 19:25 vor 4840 Tagen (3900 Aufrufe)

Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens

Das Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens ist ein von den Schweizer Volkskundlern Eduard Hoffmann-Krayer und Hanns Bächtold-Stäubli herausgegebenes Fachlexikon in 10 Bänden und einem Umfang von 8.640 Seiten, das in den Jahren 1927–1942 im Verlag Walter de Gruyter erschienen ist (Sigle: HdA). Es ist für uns heute unvorstellbar mit welchem Zeitaufwand und welcher akribischen Arbeitsweise die Autoren über Jahrzehnte hier Wissen zusammengetragen haben aus einer Unzahl von Büchern. Nachdrucke der Originalausgabe erfolgten 1975, 1987, 2000 und 2002; im Jahr 2006 erschien eine digitale Ausgabe auf CD-ROM.

Für uns ist das Werk aus folgenden Gründen interessant:
- Kernwörter der Prophezeiungsliteratur werden umfassend erklärt und beleuchtet.
- Zu jedem Begriff/Teilsatz werden die zugrundeliegenden Quellen (Bücher) genannt.
- Viele Begriffe haben ihren Ursprung/Tradierung/Abwandlung in volkstümlichen Sagen.

(Wie letztes Jahr für Januar angekündigt) habe ich begonnen aus diesem Werk die für uns relevantesten Begriffe einzuscannen und so gut wie möglich fehlerzubereinigen (Mein Scanner war bei den Quellhinweisen an seiner Auflösungsgrenze).
Die Word Dateien schicke ich zusätzlich an Taurec.

Ich beginne mit:
- Antichrist
- Blutregen
- Chiliasmus (Lehre vom tausendjährigen Reich)
- Endschlacht

(dann sowie ich Zeit habe weitere Begriffe)

Grüße
Fred

PS: Sollte jemand der werten Leserschaft die Enzyklopädie auf CD-Rom haben, bitte melden.
Das würde mir unzählige Stunden Arbeit ersparen !!

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Prognosen sind schwierig, besonders, wenn sie die Zukunft betreffen. (Karl Valentin)

Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens: Antichrist Teil1

Fred Feuerstein, Montag, 31.01.2011, 19:30 vor 4840 Tagen @ Fred Feuerstein (3546 Aufrufe)

(Vorbemerkung: "&#945" etc.pp. sind griechische Zeichen, und hier nicht darstellbar. In Word Datei korrekt dargestellt)

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Antichrist. I. Der A. in der Bibel. Die Sage vom A. geht auf eschatologische Äußerungen im N.T. zurück. l. Joh. 2, 18;
4, 3; 2. Joh. 7 kennen allein die Gestalt unter dem Namen αντίχριστος;. — Die Stelle wird als Zeugnis angeführt, daß zur Zeit der Abfassung des Briefes der A.-Glauben durchaus verbreitet war. Man wird ein¬schränken müssen: in den kleinasiati¬schen Gemeinden, an die der Brief ge¬richtet ist. Der Schreiber wendet den Ausdruck (2, 18) auf christl. Häretiker an (4, 3; 2, 22; 2., 7); es sind viele A.e, und das sind die gnostischen Irrlehrer 1). Da¬mit wird eine Deutung angeschlagen, die lange nachklingt, und die später von Origines bevorzugt wurde. — Der paulinische Begriff vom A. ist (sofern 2. Thessal. von Paulus herrührt) 2) wesentlich anschaulicher. Zwar wird der Name nicht genannt, aber man ist seit den ältesten Zeiten darin in Übereinstimmung, daß der große Frevler der A. sein soll. Er ist hier so gezeichnet, wie ihn die spätere Sage kennt: der Gesetzlose, den Satan mit Kraft begabt, der im Tempel sitzen wird (das spricht für jüdische Herkunft der Sage3); die Tempelschändung ist das ärgste; vgl. Dan. 9. 27; II, 36) und sich dort als Gott ausgibt, der Wunder tut, bis ihn Christus mit dem Hauch seines Mun¬des tötet. Noch wird er zurückgehalten:
,κατέχειν"heißt in dem wohl absichtlich zwischen masc. und neutr. schwankenden apokalyptischen Terminus `in Banden halten‘ 4). Der A. ist der Gebundene, der am Ende der Welt hervorkommt und Vernichtung bringt, der gefesselte Un¬hold, Satan selbst5).
In der Apokalypse Joh. sucht man den A. in einem der beiden Tiere c. 13, und zwar deutete man das Tier aus dem Meere auf das röm. Imperium, das zweite Tier auf den A. Die sieben Häup¬ter des ersten Tieres sind sieben Cäsaren. Ein Haupt scheint tödlich wund, wird aber heil. Zur Zeit des sechsten Hauptes

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schreibt Johannes (17, 10); das Tier (17, 8) ist das achte. Die Deutung auf Nero als das wiederkehrende Tier wird durch Zeugnisse aus dem damaligen Volks¬glauben ebenso gestützt 6), wie durch die Ausrechnung der Zahl 666 == als Drei¬eckszahl von 8, was auf 17, 11, den wieder¬kehrenden Nero gehen würde, oder ge-matrisch p-i3 "isp === Käsar Neron.7). Das zweite, nicht näher gekennzeichnete Tier, wird 16, 13; 19, 20; 20, 10 ψευδοπροφήτης genannt. Bousset erklärt: ,,Die spätere Apokalyptik des Judentums hat eine doppelte Ausprägung des großen gött¬lichen Widersachers geschaffen; sie faßte diesen bald als einen gottfeindlichen, furchtbaren Herrscher, bald als einen verführerischen Propheten"8). Lohmeyer weist dagegen9) auf Mark. 13, 2l f. hin, daß vorm Ende ΨΕΥΔΌΧΡΙΣΤΟΙ ΚΑΪ ΨΕΥΔΟ- ΠΡΟΦΗΤΑΙ, erscheinen würden. — Von allen neueren Exegeten angenommen 10) ist Gunkels Erklärung11), daß als Prototyp für die beiden Tiere die Urungeheuer Behemoth (s. d.) und Leviathan (s. d.) zu gelten haben, die aus dem Tausend¬gebirge und dem Meer aufsteigen und gegen Gott angehen. Die alten Wider¬sacher aus der Urzeit leihen jetzt dem A. Gestalt, werden christianisiert und po-litisiert. Johannes sah Nero redivivus als A. kommen12). — Zu diesem Bilde haben die Synoptiker (Mark. 13, 2l f.; Luk. 2l, 8; Matth. 24, 4 f. und Johannes 5, 43) einzelne Züge gefügt, die uns doppelt wichtig wären, wenn wir sie als echte Herrenworte ansehen dürften.
Nicht sehr viel später als die A.¬Schilderung der Joh.-Apokalypse — um die Wende des l. Jhs.13) — entstand eine Beschreibung des A.s, welche bereits viele der späteren Züge aufweist; das Stück ist in die Ascensio Jesaiae aufgenommen. Beliar steigt herab, nimmt die Gestalt des Muttermörders (Nero) an, zerstört die Pflanzung der 12 Apostel; einer der 12 fällt ihm zu. Wunder tut er; er läßt sich als Gott anbeten, stellt sein Bild auf, die Gläubigen fliehen zur Wüste. So regiert er 3 Jahre 7 Monate und 27 Tage = 1332 Tage (vgl. Dan. 12, 12), bis Christus mit seinem Heer herniedersteigt

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und Beliar mit seinem Heer in die Ge¬henna schleppt (Asc. Jes. 4, l—15) 14). Wenn man mit Bousset15) eine münd¬liche Tradition annimmt, die bis in die Tage des Hippolyt und Martin von Tours reichte, wird man sich den A. der münd-lichen Überlieferung ungefähr in dieser Gestalt vorstellen dürfen 16).
Ob und wie groß der Einfluß eines gnostisch infizierten Judentums auf die Bildung der A.-Legende gewesen ist, hat M. Friedländer 17) festzustellen versucht. M. E. sind zeitgeschichtliche Begeben¬heiten nicht stark genug, solchen Nach¬druck zu hinterlassen, und wir werden um die mythische Grundlage nicht her-umkommen.
1) W. Bauer Evangelium, Briefe und Of¬fenbarung d. Johannes 1908 3 336. 348. 2) Mar¬tin Dibelius im Lietzmannschen Handblich z. N.T. 1925, Bd. n 2, 48 f. 3) Ebd. 39. 4) Ebd. 5) Ebd. 40 ff.; vgl. A. Olrik Ragnarök c.5.6; Kaarle Krohn in Fin¬nisch-ugrische Forschungen 7, 129 ff.; v. d. L e y e n in ,,Prager deutsche Studien" H. 7. Satan: Aug. Frh. v. G a 11 Baoi?.eia TOÜ ä-sou 1926, 295 f. 6) Bauer 401 f.; Rohde Psyche 2? 377 1- 7) Lohmeyer 115 f. u. Ztschr. f. neutestamentl. Wiss. 13, 293 ff. Vgl. ebd. 19, ii ff.; Wil h. Bousset Die Offenbarung Jo-hannis 1906, 374. 369 ff. 8) Ebd. 377 f. Vgl. Carl Weizsäcker Apostol. Zeitalter d. christl. Kirche 1892 2, 496 ff. 9) L o h m e y e r im Lietzmannschen Handbuch 1926. Bd. 16, in f. Doch vgl. dazu unten III 3 u. Carl Weizsäcker Das apostol. Zeitalter d, christl. Kirche 1892, 496 ff. 10) Ebd. iioff.;
Bousset 378 f.; RGG. 2 i, 375 f.; v. Galt 292 Nr. i. u) Schöpfung und Chaos 51; H. G unke l Genesis 1917 4, 122; Bousset-Greßmann Religion des Judentums 1926, 25i. 254. 12) RGG.2 i, 375 f. 13) Edgar Hennecke Neutestamentl. Apokryphen 1904. 292. 14) Ebd. 295f.;v. Gall 294. 15) Anti-christ 18 f. 16) Vgl. dagegen Bousset 53 zu dieser Stelle, dessen Bedenken (jüd. Her¬kunft) m. E. hier nichts austragen. 17) Der Antichrist in den vorchristi, jüdischen Quellen 1901, 132 ff.
II. Jüdische Grundlagen der A.- Sage. Bousset setzt die Ent¬stehung der A.-Legende vor die Abfassung der Apoc. Joh., ja geraume Zeit vor die Zerstörung Jerusalems. Dann müssen ihre Grundlagen jüdisch sein. Der End¬kampf Gottes ist ein Kampf gegen Un¬getüme (siehe I). Auch der Kampf gegen die Weltmächte wird als solcher gezeich-

net: Jes. 27; Dan. 7, ll f; 8, II f.; l* Sal. 2, 25; endlich gestaltet sich der Endkampf zum Kampf gegen Beliar 18): BUCH der Jubiläen 23, 29 19), Testamente der 12 Patriarchen, Levi I820a), Evg. Joh. 16 II. Assumptio Mos. 8ff.20b, Apoc. Joh. l;
— Die Vorzeichen des Weltendes sind ebenfalls der jüd. Apokalyptik entnommen (vgl. Eschatologie). Hinter dem Judentum steht die spätiranische Anschauung vom Wiedererscheinen des letzten ,, Gesandten" = Mithras: ein falscher Gesandter erscheint; es gibt in der Welt nicht solchen Trug, List, Zauberei, die er nicht vermöchte durch die Kraft seines Vaters, des Dämonen, Er verkündet: Seit langem habt ihr gehofft Gottes Sohn, Mithra, der Erlöser, soll kommen; jetzt bin ich gekommen; Verehrung sollt ihr mir darbringen, an mich sollt ihr glauben. Reitzenstein sagt dazu daß auf einem Boden, wo die Vorstellung von einem Kampf des Lichtgottes gegen den Dämon uralt ist und die Vorstellung von άντιΟεοι, in hellenistischer Zeit fortlebt, die A.-Vorstellung ihre Wurzel gehabt haben muß; in das Judentum ist sie nur übertragen.
18) Bousset-Greßmann Religion des Judentums im späthellenistischen Zeitalter 1926, 251 ff.; Hauck RE. i s. v.; BOUSSET Antichrist 81. 19) Bousset-Greßman 333 ff. 20a) Kautzsch Apokryphen u. Pseudoepigraphen d. alten Testaments 1900. 20b) Reitzenstein in Ztschr. f. neutestamentl. Wissensch. 20, 16 f. Doch vgl. v. Gall 1926, 291. 296 ff.; Scheftellowitz in ZfMissionskunde 42 (1927), 287 f.
III. Die A. Sage im l. Jahrtausend. I. Der A. ist die Hauptgestalt der mittelalterlichen Eschatologie Verhältnismäßig wenig wird im 2.und 3. Jh.: von ihm gefabelt. Dieser Zeit ist der A. = Nero redivivus, so schon im l.Jh.: Sib.5, 33 f., 214—227; 8. 139 bis 159; Ascensio Jesaia 4, 2 ff., später Victorinus von Pettau (gestorb. 303) in seinem Apoc. Kommentar 21), Lactanz, de morte pers. 2, Hieronymus in Dan. II, l7, Augustin, de civitate dei 20, 13 22). Das währt bis ins späte MA.: Beatus von Liebana (gestorb. 798) 23) und Otto v. Freising, Chronicon I.3 c.16: Arbitantur, Nero-

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nem non mortuum, sed humanis rebus vivum subtractum, usque ad ultimum tempus in ea qua tunc fuit aetate appa-riturum, ipsumque fore Antichristum 24).
2. Daneben geht der Glaube an den Katechon her, als den man das Imperium verstand 25); der A. kann erst erscheinen, wenn dieses untergeht 26), wenn der römi¬sche Kaiser auf dem Ölberg seine Krone Gott zurückgibt 27).
3. Bousset hat nachzuweisen ver¬sucht 28), daß Irenäus 29) wie Hippolyt noch einer mündlichen Tradition gefolgt sind. Hippolyt parallelisierte Christus und den A. Περί του Άντιχρίστουc. 6 heißt es:
Ein Löwe ist Christus und ein Löwe der A.; in der Beschneidung kam der Heiland in die Welt, und er wird in gleicher Weise kommen usw.30). H. hat auf diese Weise wohl neue Züge für das Bild des A.s ge¬wonnen; daneben benützte er uns ver¬lorene Traditionen (c. 15 ; und ein andrer Prophet sagt, der A. wird seine Macht versammeln von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang usw.) 31). Bousset 32) hat diese Traditionen in Verbindung ge-bracht mit einer Sibylle (deren Über¬arbeitung Sib. 2, 154 ff.), die wieder Lactantius (Inst. div. 7, l6) und Commodian (Carmen apologeticum) benützten 33). Ge¬mein ist der Gruppe Lactanz, Commodian und Martin v. Tours (Sulpicius Severus Dialogus 2, 14) der Glaube an einen dop¬pelten A.34). Die beiden Tiere Apoc. Joh. 13 werden auf Nero, den dämonischen Herrscher, und einen in Jerusalem er-scheinenden A. gedeutet. Diese Anschau¬ung läßt sich bis in das l6. Jh. verfolgen35). Die Deutung des ersten Tieres auf Nero lag, wie wir sahen, nahe; daß man im zweiten Tier den A. sah, dürfte seinen Grund darin haben, daß es zwei Hörner hatte gleich wie ein Lamm, ohne ein Lamm zu sein. Der gehörnte Widder ist in Israel Symbol des Messias: ,,Mann der Hörner" wird er genannt 36). Die Fassung der A.-Legende bei Sulpicius Severus, auf die hier nicht näher eingegangen werden kann, gibt wieder, was man im 4. Jh. im Westen vom A. zu erzählen wußte.
4. Den größten Einfluß auf die Ausgestaltung des Glaubens hat eine Gruppe

eschatologischer Schriften oströmischer Herkunft gehabt. Dort entstand im 4. Jh. eine Sibylle. Sackur findet in ihr37), Begebenheiten aus der Zeit um 360 widergespiegelt; Bousset dachte 38) zweifelnd an die Zeit Constantins I., die wohl in Frage kommt, wie ein Ver¬gleich der Sibylle39) mit Eusebius K. G.. VIII—X ergibt; der ungerechte Herr¬scher ist Maximin, der verheißene Con-stans Constantin I. Aber dahinter scheint noch ein älterer, Alexander der Große, zu stehen 40). Fast zu gleicher Zeit entstand Pseudo-Ephraems Sermon von A.41); aus ihm und der Sibylle geht die syrische Schrift des Pseudo-Methodius Ende des 7. Jhs. hervor 42), die von einem fränki¬schen Mönch syrischer Herkunft, Petrus, ins Lateinische übersetzt wurde 43). Doch müssen, wie sich aus der Scholasticus Fredegarius Chronik c. 66 erweist, schon um 642 Nachrichten über Gog und Magog (s. d.), deren Zusammenhang mit der A.¬Legende bekannt ist, nach dem Westen gekommen sein44). Wir haben dabei wohl an die Sibylle zu denken 45). Das Fort¬leben sibyll. Schriften im Osten bezeugt im 10. Jh. noch Liudprands Gesandt¬schaftsbericht 46). Vgl. weiteres unter Sibylle. Aus Pseudo-Method. und west¬lichen Überlieferungen entstand zwischen 949 und 954 Adsos, des Abtes von Moutier - en - Der 47), Epistola ad Gerbergam reginam de ortu et tempore Anti¬christi, die immer und immer wieder ausgeschriebene Schrift über diesen Ge¬genstand48). — Adsos Quellen sind außer Pseudo-Method. und (Michael tötet den A.) der tiburtinischen Sibylle vor allem Haymo Halberstadensis49), Aicuin, de fide Trinitatis 50), Hippolyt51) und eine Reihe von Notizen, die bei Sulpicius Severus belegt sind: Nascetur autem ex patris et matris copulatione, sicut et alii homines, non, ut quidam dicunt, de sola virgine, sagt Adso, und Martin weiß ihn malo Spiritus conceptus52); Templum etiam destructum, in statum suum re¬staurabit dürfte mit Martins ab illo et urbem et templum esse reparandum zusammengehen 53). Das scheint auf ungelehrte Überlieferungen zu deuten, denn

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an andrer Stelle bemerkt Adso ausdrück¬lich: Tradunt autem doctores, quod in monte Oliveti A. occidetur in papilione et in solio suo, in illo loco, contra quem ascendit Dominos ad celos54). Auf münd¬liche, ungelehrte Überlieferung möchte ich auch die Angabe ,,triginta annos tunc latebit incognitus a populo" in einem Rhythmus des 10. Jh.55) zurückführen. Solche Überlieferung wird bezeugt durch Sulpicius Severus Angabe, er habe die A.¬Sage nach einem mündlichen Vermächt¬nis des Martin v. Tours aufgezeichnet 56). — Wir sind demnach in der glücklichen Lage, ein Zeugnis aus dem 4. und eins aus dem 10. Jh. für die A.-Tradition im westlichen Europa zu besitzen. Die Merovinger- und Karolingerzeit ist reich an Äußerungen über den A.57).
21) Bousset Antichrist 1895, 52. no.
22) Vgl. ferner die Angaben bei Bousset 57 ff.
23) F. K a m p e r s Kaiseridee 14 und Noten.
24) Vgl. ferner Ottonis Frisingensis chronic. l. 8 c. i ff 25 ) Wetzer¬weite i, 923; Hauck RE. I 3, 580;
K a m p e r s 12. 26) Dionysius v. L ü t z e n b u r g Leben Antichristi 1716, 13 f. 27) So die Überlieferungsreihe III, 4. 28) Bousset Kommentar 49 f. 51. 29) Stolle Kirchenväter 88. 30) B o u s s e t Antichrist 15. 31) Ebd. 17. a2) Ebd. 51. 33) Ebd. 50; Ztschr. f. Kirchengesch. 20, no f. 34) Bousset Antichrist 50; Kam¬pers 13 f.; Ivo Decretorum opus bei Migne Patr. lat. 161, 1009. Vgl. auch Ztschr. f. Kirchen¬gesch. 20, 109 ff. 35) Hauck RE. i, 584. 36) K a m p e r s in MschlesVk. 17,145f.37) E r n s t Sackur Sibyllinische Texte it. Forschungen l898.i58ff.i62f. 38) Antichrist^. s9) Sackur 183 Mitte — 185 oben. 40) Ztschr. f. Kirchen¬gesch. 20, 280 ff. 285 f. 41) Bousset Anti¬christ 34 ff.; Ztschr. f. Kirchengesch. 20, ii7f. 42) Bousset 30 ff.; Sackur 45 ff. 53 ff. Über spätere Einschübe vgl. Ztschr. f. Kirchen¬gesch. 20, 261 ff. bes. 280. 43) Sackur 56. 44) Zeitschr. f. Kirchengesch. 20, 114 zählt Bousset die Fundorte auf; diese sind so ent¬legen, daß wohl nur tiburt. Sibylle in Betracht kommt. 45) Sackur 186. 4e) Mon. Germ. SS. 3, 347 = Kampers Note zu 50. 47) Ger¬hard v. Zezschwitz Vom römischen Kaiser¬tum deutscher Nation 1877; Gutschmid in Hist. Ztschr. 41, 148; Bousset 27 ff.;
Sackur 97 ff.. Textabdruck ebd. 104 ff. 48) K. R e u s c h e l Untersuchungen z. d. deut¬schen Weltgerichtsdichtungen des n.—14. Jhs. Diss. Leipzig 1895, 2. 49) Vgl. Sackurs Noten zum Text: Sackur 104 ff. w} A l -c u i n ebd. 51) Sackur 105 Abs. i, vgl. zur Hippolytstelle III, 3. 52) D e r s. 107 Abs. 2;
Sulp. Severus Dialogus 2, 14; doch vgl.
Pseudo-Ephraem 6 (zit. Bousset 92): ex semine viri et ex immunda vel turpissima virgine malo spiritu vel nequissimo mixto con-cipitur 53) Sackur 107 unten; S u l p i c. S e v e r u ' Dialogus 2,14; Bousset 105 mit weiterer Parallele aus Haymo. 54) Sackur 113 oben 55) Poetae latini aevi Carolini 4, 644 f. 56) Bousset 19. 57) Poetae latini aevi Caro¬lini 4, 49i ff.: De Enoch et Haeliae . . Passio Leudegarii in SS. Meroving. 5, 296; Vita Bononi ebd. 6, 129. De tempore Antichristi unter des Theodulfi carmina: Poetae latini i, 475; Predi? catio sancti Eligii episc. de supremo judicio: SS. Meroving. 5, 758 f.; vgl. dazu ZfdPh. 41, 410 f.
IV. D e r A. i m h o h e n M A. l. Mit Adsos Schrift ist die Entwicklung der Legende wesentlich abgeschlossen; seine Darstellung wird in der Redaktion Alb-wins58) übernommen und weitergegeben. Das MA.59), die Scholastik60), die katho¬lische Kirche bis auf Suarez (1601) 61) ken-nen nur den A. Adsos. Auch die späteren, Redaktionen der tiburtinischen Sibylle aus der Zeit Heinrichs III. und aus dem 12. Jh. 62), auf die Honorius v. Autun zu¬rückgeht 63), fügen nichts Neues zu. Er¬wähnt seien von den auf Adso beruhenden epischen Dichtungen: der Friedberger A.64), der Linzer Enticrist65), von dem Anticriste 66) (Anfang des 13. Jhs.) und Freidanks Spruch 49, wie der northumbrische Cursor mundi 67), während Frau Avas Gedicht auf mehrere Quellen, auch auf des Honorius Elucidarius 68), des Pam-philus Gengenbach Noilhart (l5l7)69) auf den neugedruckten PS. Method zurück¬geht70). Auch der ludus de Antichristo aus Tegernsee71) hat in Adso seine Quelle;
dies Spiel mit politischem Untergrunde muß s.Zt. oft gemimt worden sein; Zezsch¬witz hat Teile desselben in einem Benediktbeurer Weihnachtsspiel entdeckt72). A.-Spiele scheinen überhaupt beliebt ge¬wesen zu sein; in Frankfurt a. M. wurde 1469 eins, wohl das ,,von den Herzogen von Burgund" 73), wegen der Judenschaft verboten74); in Xanten ward 1473 und 1481 das ,,alte große spil vom uff- und Untergang des Antichrists aus dem la¬teinischen verdeutscht" aufgeführt78). Ein „Schimpf“ war ,,des Entkrist Vasnacht1176) aus dem 15. Jh., wie das engl. Chesterspiel vom Antichristen77). Es ist verständlich daß ein mönchisch gesinnter

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Mann wie Gerloh von Reichersberg (1093 bis 1069) in einer großen Schrift de in-vestigatione Antichristi 78) gegen die spectaculis theatricis auftrat. Otto von Frei¬sing, der in seiner Chronik den augustinischen Gedanken vom Gottesstaat durch-zuführen versuchte, handelt im 8. Buch der Chronik c. l—8, wie eine Reihe mhd. Spruchdichter79), vom A.80). Es seien schließlich aus den kaiserlich-päpstlichen Kämpfen des 14. Jhs. noch Lupold von Bebenburg81) und Engelbert von Ad-mont 82) erwähnt.
2. Diese Schriftsteller sind trotz ihrer politischen Haltung für uns nicht un¬wichtig. Man war sich dessen sicher, daß der A. als König erscheinen werde83); im Tyrannen, im rex iniquus, in jedem, der sub specie religionis handelte, sah man den A. oder einen A.84). Denn Augustin de civ. dei XX, 10 hatte auf Grund der Johann. Ausführungen (siehe I. l) ge¬schlossen, daß es mehrere A. gebe, die figurae Antichristi (Antiochus, Epi-phanes, Nero . . . und manger der noch hiute lebt) 85), deren letzter der eigent¬liche sei86). Man war jederzeit gewärtig, den letzten A. vor sich zu haben 87); so hat Bernhard vonClairvaux inAnaklet II. den A. gesehen; erst nach seinem Tode, als die böse Zeit anhielt, machte er ihn zu einem Vorläufer des A.88); hier ist es, wo sich der augustin-gregorianische Be¬griff des Tyrannen mit dem eschatolo-gischen des A. verbindet89).
3. Es ist begreiflich, daß es nahe lag, auch den unrechtmäßigen Papst zum A. zu machen. Nicht nur die Johann. An¬schauung gab dafür Stützen; es kam dazu, daß man den Tempel, in dem er sein Bild aufrichten würde, in Rom sah. Die Variante, daß der A. sein Idolum im Tempel errichten wird, ist in der Tradi¬tion so verwischt worden, daß man unter dem Idolum den A. selber verstand. Daher konnte in Zeiten des Schismas Papst und Gegenpapst als idolum in sancta sede bezeichnet werden. So kann die Meinung entstehen, der A. werde als Papst erschei¬nen90). Arnulf v. Orleans deutet schon 991 dergleichen an91); Siegmund Meister-lin erhebt 1488 in seiner Chronik der

Reichsstadt Nürnberg den begründeten Vorwurf, Ludwigs des Bayern Kanzler Ul¬rich Hangehor habe schändliche Schreiben gemacht und ,,hieß den babst ein thier und bestia und den entecrist"92). Der Name wird mehr und mehr zur Allegorie;
die, „geistlichen" Auslegungsarten nahmen überhand; Hus93) sei erwähnt, die böh¬mischen Brüder, Joachim v. Fiore, Katharer und Waldenser94), Luther (adv. execrabilem A. bullam) bis zu den Schmal-kaldischen Artikeln (der Papst ist der rechte Endchrist oder Widerchrist) 95). Nur die Flugblattliteratur kennt noch den persönlichen A. 96). Im catalogus testium veritatis hat Flaccius Illyricus die geistliche Auslegung der Lutheraner (der A. ist keine individuelle Person) dem ,,persönlichen A." der Katholiken (er komme aus Dan usw.) gegenüberge¬stellt97). Der Katholik Cochlaeus aber versuchte, Luthern, widernatürlich ge¬zeugt, den Anschein des A. zu geben:
Sunt qui affirmant Lutherum a spiritu immundo sub Incubi specie prognatum j esse. Und Luther: Cocieus heißt mich j einen Wechselbalk und einer Bademagd | Sohn98). Endlich ist das Wort zum | Schimpfwort geworden 99),
4. Erwähnt sei Joachim von Fiore, der im 13. Jh. in Italien von vielen Antichristen zu sagen wußte und den letzten er¬wartete l00); mit ihm vor allem setzt die Auffassung ein, die A.-Legende sei als Allegorie zu deuten, eine Auffassung, die bis zu Luther und weiter gilt, während die Katholiken daran festhielten, daß der A.) wirklich erscheinen werde. Seine Anhänger sorgten für die Verbreitung und Auslegung der Idee, wovon besonders Salimbene von Parma ein ergötzliches Beispiel liefert, der erzählt, wie einer Alphons X. von Castilien zum A. machte101). Salimbene hat übrigens Friedrich II. selbst ganz antichristliche Züge gegeben102); hat doch auch Telesphorus von Cosenza geschrieben, ,,Friderich defj drit (der erwartete Friedensfürst), der wirt der groß endecrist103). |
68) Sackur 99. 69) Schon in einer ags.| Homilie (Grimm Myth. 678) findet sich ein Passus (Sackur III oben wörtlich. Für
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Bernhard v. Clairvaux ist dieser Beweis trotz Radcke 60 noch nicht erbracht. 60) Zu¬sammenfassung der scholast. Auffassungen:
Hans Preuß Die Vorstellungen vom A. im späteren M A., bei Luther . . . 1906, n ff. Hierher gehört auch der Basler Elucidarius: W i l h. Wackernagel Die altdeutschen Hand-schriften d. Basler Univ.-Bibl. Rektorats-Pro-gramm 1836, 22 f. 61) P. F r. Suarez Com-mentariorum ac disputationum in tertiam partem D. Thomae T. II, 1601 Praef. = P r e u ß 252 f. 62) K a m p e r s Kaiseridee 49 ff.; Sackur 126 ff. Die Texte: Mon. Germ. SS. 22, 145. ^75 ff. 63) Gemma animae l. III c. 134. 64) MSD. 1892 3, N. Nr. 33. 65) H e i n r. H offmann Fundgruben 2 (1837), no. 66) ZfdA. 6, 369 ff. Ausführungen über den A. in größeren Dichtungen vgl. K. Reuschel Unters, z. d. deutschen Weltgerichtsdichtungen, Diss. Leipzig 1895, 19 ff. Ins 14. Jh. gehört das von Mone Schauspiele I, 306 erwähnte Ge¬dicht aus Kreuzungen bei Konstanz. 67) Eberts Jahrb. 5, 191 ff. 68) Reuschel 6 ff. Text:
ZfdPh. 19, 128 ff. 355 ff. 69) K. Gödeke I Gengenbach 114 ff. 70) Sackur 3 f. 71) Zezschwitz Vom röm. Kaisertum i/cutscher Nation 1877; Wilh. Meyer aus Speier Ges. Abhandlungen z. mittellateinischen Rhythmik l (1905), 136 ff.; M i c h a e l i s in ZfdA. 54, 61 ff. Texte bei Meyer und Fried r. Wilhelm Münchener Texte (1912) Nr. i. 72) Zezschwitz 242 ff. 73) Bibl. litcrar. Ver. Stuttgart 28, 169 ff. 74) G. L. K r i e g k Deutsches Bürgertum im M A. 1868, 440. 75) Zezschwitz 104. 76) Bibliothek «l. literar. Ver. Stuttgart 29, 593 ff. 77) Zezsch¬witz 195 ff. 78) Opera I. ed Friedrich Scheibelberger 1875 i, I, c. 5. 79) Reuschel 32 f. 80) Ottonis Frisingensis episc. Chro-nica, Mon. Germ. SS. in usum schol. 81) Rit-maticum querulosum 113 f.: Nee in meo (sc. H oman. imper.) tempore Antichristus nascetur, Dcus nequaquam sinet, quod mecum domine-tur: B öhme r Fontes i, 482. 82) Riezier Die literar. Widersacher d. Päpste z. Zeit Ludwigs d. Bayern 1879, 168. 83) H i p p o l y t c. 6, König ist Christus und König der A. 83) Ernst Bernheim Mittelalterliche Weltanschauungen I, 73. 93 f. Vgl. OttonisFris. Chron. S f 3. 85) Adso bei Sackur 105 unten. Von dem Antichriste = ZfdA. 6, 371 Zeile 72 ff.;
H e u s c h e l 18, N. 2; Hans Preuß Die Vorstellungen vom A. im späteren M A. 1906, 25. 47 f.; Stolle Kirchenväter 277 N. 3. 86) B e r n he i m 74, N. i; Ottonis Chron. 8, c. l. 87) B e r n h e i m 75. 88) W a d s t e i n 39, , ln.1 und R a d c k e. 89) B e r n h e i m. 90) Ebd. l 91) W a d s t e i n 39, 101 f. 92) Die Chroniken d. deutschen Städte. Nürnberg 3, 123. 93) Hans Pr e u ß Die Vorstellungen v. A. im späteren M A., bei Luther usw. 1906, 49 ff. 94) Ebd. 45 ff.;
Wadstein 39, 117 ff. 95) Ausführlich über Luthers Anschauungen handelt Preuß von S, 83 ab. 96) In der Kunst: ebd. 28 ff. 66ff.

222 f. 98) Ebd. 215 u. Nr. 2; Peuckert Schle¬sien 47. 99) Erwähnt sei noch die Feststellung von Preuß 247 ff., daß niemals von katho¬lischer Seite L. als A. hingestellt worden ist, was immerhin für den Gegner nahe lag. 100) Preuß 45 ff. m) Geschichtsschreiber d. deutsch. Vorzeit 94. 118. 102) Ebd. 93, 355 ff. 103) K a m p e r s Kaiseridee 95 ff.
V. Der A. im 16.—17. Jh. Die Buchdruckerkunst ermöglichte, dem Volk zeitungsartige Literatur zuzuführen; so wird Deutschland seit dem Ende des 15. Jhs. mit fliegenden Blättern über¬schüttet, unter denen Prognostica usw. die erste Stelle einnehmen. Der persön¬liche A. wird wieder geglaubt. Die Prakti-ka 1492 verheißt: In Oberdeutschland wird ein Prophet auftreten; man wird ihn den A. nennen104). Und um 1500: Corda nostra plurimum concutiuntur, dum de die extremi judicii et de A. tanta dicun-. für 105). Heinrich Vogel kannte 1605 eine alte Weissagung, daß der A. kommen werde, wenn das Evangelium und die Alchemie wiederum herfürkommen, das eine aber habe Luther, das andere Paracelsus vollbracht106). Die von Paracelsus107) ausgehende pansophische Bewe¬gung, die joachitische Ideen aufnahm108), kannte auch den A.-Glauben109), und er hat sich bei den Pansophen ebenso wie bei Schwärmern bis in den Anfang des l8. Jhs. gehalten110). Die „geistliche Aus¬legung", seit Joachim bei allen gegen¬katholischen Strömungen geübt, mußte absterben, als der Kampf gegen die Kirche durch einen Frieden beendet wurde, der den evangelischen Kirchen Gleichberechtigung gab und so den An¬laß zum Kriege beseitigte. Dafür er¬wachte unter den Katholiken (Malvenda) der alte Glaube an den wirklichen A. zu neuem Leben, und er hat sich in katholischen Landen bis heute gehalten, ein letztes lebendes Stück Barock111). Vom 21. Jan. 1707 haben wir eine Flug-blatt-Copia eines von Malta gekommenen ,, Schreibens des zu Babylon neugebohrnen Antechrists“ betreffend. Aus dem Jahre 1716 stammt das bombastisch¬-barocke Buch des Paters Dionysius von Lützenburg, das einen wahrhaftigen Roman vom A. darstellt 112) . In vielen Sek.

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Prognosen sind schwierig, besonders, wenn sie die Zukunft betreffen. (Karl Valentin)

Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens: Antichrist Teil2

Fred Feuerstein, Montag, 31.01.2011, 19:32 vor 4840 Tagen @ Fred Feuerstein (3458 Aufrufe)

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ten ist von ihm, freilich wieder als vom geistlichen A., die Rede112»). Im Badi¬schen fürchtete man, früher noch mehr als jetzt, den Endechrist, für dessen Vor¬läufer man den alten Napoleon hielt112b).
104) P r e u ß 25 N. 4. 105) Ebd. 27. 106) Offen¬barung der Geheymnussen der Alchimy 1605, Aijr =Peuckert Rosenkreutzer 1927. 107) Ser-mones de Antichristo 1619. Vgl. K. Sudhoff Versuch einer Kritik d. Echtheit d. Paracels. Schriften 1899, I, Nr. 311. 313; 2, 764 (Nr. 199) 4i2. 579. 587. 596 f. Vor allem 552 und Schrif' ten P. ed. Huser 9, 191. 108) Sudhoff 2, 764 Nr. 199. IOB) Ebd. 2, 571 mit Prognostica auf 1579 und 1600. Vgl. Peuckert Rosen¬kreutzer 1927 und Peuckert Die pan-sophische Bewegung 1928. 110) Christ. Kol-ters Weißgerbers in Sprottau Weissagungen über den A. bei A. Comenius lux e tenebris i (1655) c.9,45;i6,4off.; Jakob B ö h m e Ausgabe v. 1730 im Register. Quirinus Kuhl¬mann, Gichtel usw. ln) ZfVk. 30/32, 109. 112) Leben Antichristi 1716. 112a) Bernheim 78 Nr. i; Angelus Silesius Ecciesiologie 1677. i, 713 f.112b) Meyer Baden 521.
VI. Erscheinungen des A. Ich verzeichne eine Reihe von Angaben über die Erscheinung usw. des A., die den dauernden Glauben an ihn beweisen. In der Verfolgung des Septimus Severus dachte ein Mann aus Juda ihn ganz nahe113). 380 meinte Martin v. Tours, er sei schon im Knabenalter114). 591 wollte Gregor v. Tours einen Betrüger, der sich für Christus ausgab, den A. nennen 115). 854 erklärte Alvarus, seine Zeit sei da und Mohammed sein Vorläufer 116); auch Otto von Cluny 117) (Anfang 10. Jh.) hielt seine Zeit für gekommen; Notker schrieb:
Sanctus Paulus kehiez tien, die in sînên zîten uândôn des suonetagen, taz er êr nechâme, er romanum Imperium zegienge unde Antichristus rîchesôn begondi. . . So ist nû zegangen romanum Impe¬rium118). Abbo v. Fleury schrieb 990:
Über das Ende der Welt habe ich in meiner frühen Jugend eine Predigt in einer Kirche zu Paris gehört, daß sofort, nachdem das 1000. Jahr abgelaufen sein würde, der A. erscheinen werde119). 1080 war es Bischof Ranieri v. Florenz gewiß, daß er schon lebe 120). Walther von Lilie sah in Barbarossa seinen Vorläufer121). 1105 hielt man zu Florenz eine Synode, in quo (concilio) cum episcopi loci de Anti¬

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christo, quia eum natum dicebat, satis disputatum est122). 1185 hielt aus astro¬logischen Gründen Magister Johannes von Toledo seine Zeit für gekommen122). 1190 antwortete Joachim von Fiore dem Richard Löwenherz, er sei schon in der Stadt Rom geboren (R. = Babylon 123). 1210 ist ein Pseudoprophet aufgestanden, qui dicebat A. jam esse adultum124). 1227 verkündet der Minorit Petrus de Boreth in Acre, er wachse heran und werde im März 10 Jahre sein125). 1297 setzt Arnold von Villanova ihn zwischen 1300 und 1400 fest126). 1321 erklärt ein Begharde auf Grund der Lektüre des Johannis Olivi, er sei schon geboren et habebat ultra XX annos aetatis 127). Die Lehninsche Weis¬sagung sah in Ludwig d. Bayern den A.128). Barthol. Janovesius aus Mallorca erwartete ihn Pfingsten 1360 129). Auch Roger Baco wollte seine Zeit berech¬nen 130). Milic von Kremsier wußte ihn 1346 geboren und schlug das 1367 an der Peterskirche an, ja erklärte Karl IV., dieser sei der A. major 131). Sein Schüler Matthäus v. Janov meinte: Tanta fama fuit et est de adventu A. per universam ecciesiam, et ita est descriptus, ut etiam pueri decipi non possent per eundem 132). Der gewaltige Dominikaner Ferrer schrieb 1412 Papst Benedikt XIIL, daß er 1403 geboren und jetzt schon 9 Jahre sei 133). Seit dem Anfang des großen Schismas glaubte ihn das Volk 1385 in Babylon geboren 134). Zum Jahre 1401 verheißt ihn die Prophezeiung der hl. Hildegard 135). Mehr als 100 Männer und 300 Frauen aus der niederen lombardischen Bevölkerung traten in den ,,dritten Orden" des hl. Dominikus ein und zogen 1420 unter Ferrers Ordensbruder Manfred von Ver¬celli nach Rom, wo ihnen Manfred mar-tyrium et victoriam contra A. ver¬sprach136). Seit 1522 erwartete ihn Lu¬ther137). Auch Rabelais wußte: L‘Anti¬christ est desja né 138). Und etwa 1550 wurde gedruckt: Antichristus, seu Pro-gnosticatio finis mundi. 1574 ist er zu Babilonia auf der Grenzen Labea ge¬boren worden, dann 1578, und endlich in diesem jetzt laufenden Jahr 1592 in einer Stadt Consa 139). 1664 hat A. Bou
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rignon nach einer Vision erklärt: Cet Antechrist est ne, ja plus d'un an passe 140).
113) Eusebius Kirchenge seh. VI. 7.114) Sul-pici Severi Libri qui super sunt, ed. Halm 1866; Dialogus II. 14 p. 197. 115) Gregorius T u r e n s. Hist. Franc. 10 c. 25. 116) Indiculus luminosus: Migne 121, 554 ff. Paschasius Kadbertus sah ihn von den Sarazenen kommen:
Wadstein in der Ztschr. f. wissensch. Theol. 39, 124; Innozenz III. hielt Mohammed für den A.: Migne 216,818; (Vgl. Joh. Alb r. Bengel Erklärte Offenbarung Joh. 1746, 1122.) Hier beginnt die von Joachim aufgenommene Lehre, die Türken seien der östl. A., der Papst der westl. 117) Migne Curs. patr. lat. 133, 641. 118) Notker Vorrede zum Boethius. l19) Vita S. Abbonis Floracensis: B o u q u e t 10,332. 120) Do Hinge r im Hist. Taschenb. 5. F. i, 270. Ebenso der Stifter des Prämon-stratenserordens Norbert von Magdeburg:
Acta SS. Mali 7 pag. 139; Radcke 21 ff. 121) Müldner 10 Gedichte des. . . 1859 Nr. 5. 6. 7. Bibl. d. literar. Ver. Stuttgart 16, 49. 122) Watterich Vitae Rom. pont. 2, 6
- Bengel Erklärte Offenb. 1108. 122a) Annales Marbarenses M.G.SS, in usum scholarum ed. Reinike-Bloch 1907, 56. 123) Joachim Expositio in Apocal. 1527, 133 =Wadstein 82 f. 124) Mon. Germ. SS. 8, 466. 125) Ebd. 23, 920. 126) Wadstein 91. 127) Ebd. und Nr. 4. "B) Kampers Kaiseridee 131. 129) Mal-v e n d a de Antichristo 1647. i, 119. 130) Wads t e i n 90. 131) Ebd. 84 f. Vgl. Fontes rer. Austriac. 6. 2, 40 ff.; P r e u ß 50, Nr. 4. l32) H ö f l e r Concilia Pragensia in Abhand¬lungen kgl. böhm. Ges. Wissensch. 5. F. 12, XLI. 133) Malvenda i, 119 ff. 134) Wadst e i n 88 nach Opp. Gersonis, edid. Du Pin, r, 517. 135) K a m p e r s Kaiseridee 137. 136) W a d s t e i n 89. In Flandern hielten Wahnsinnige sich selbst für den A.: J. H u izinga Herbst des M A.s 1924, 262. 137) Preuß 168. Vgl. Malvenda 1,119 zum Jahre 1533 138) Gerhardt Franz. Novelle 114. 139) Joh. Janssen Gesch. d. deutschen Volkes 6, 432. l10) Bengel Erkl. Offenb. 1160.
VII. Beziehungen zu frem¬den Mythologien. l. Armillus. Armillus ist die hebräische Form für Ρωμύλος; den Juden ist Rom der A. Satan oder frevelhafte Heiden zeugen ihn, in¬dem sie mit einem steinernen Jungfrauenbild Unzucht treiben, das Gott selbst schuf und das in Rom steht. Nach 9 Mo¬naten spaltet es sich und gebiert ein rie¬senhaftes Kind 141), ein Ungeheuer, mit roten Augen und zwei Köpfen142), das von den Juden in der Wüste Anbetung verlangt. Da er keine Wunder tun kann,

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kehren sie sich ab; er verfolgt sie;
Michael und Gabriel werden ihn töten, oder der Messias ben David wird ihn mit dem Hauch seines Mundes niederwerfen. Bousset setzt die Entstehung der von der A.-Sage abhängigen Sage ins 7./8. Jh.143).
2. Deddjal. Mohammed hatte geglaubt, daß in seiner Zeit der A. al masih al deddjal, der falsche Messias, lebe und hat nach der Tradition einen Juden aus Medina, Saf ibn Said, dafür gehalten. Die Mohammedaner haben den Mythus vom gefesselten Unhold auf ihn übertragen;
er ist mit Eisenketten gebunden und an eine eiserne Säule angeschmiedet144).
3. Der A. im ahd. Gedicht Muspilli145) aus Bayern in der 2. Hälfte des 9. Jh. 146) hat zu vielen Deutungsversuchen Anlaß gegeben. Grimm suchte in ihm einen heidnischen Gott der Bayern und Ale-mannen, ein dem nord. Surtr ähnliches Wesen147), Karl Bartsch den Fenris-wolf148), Müllenhoff hielt christliche Un¬terlage für gegeben 149), und Zarncke forderte nachdrücklichst, daß man ver¬suchen müsse, solche Deutungen zu unterlassen, solange man mit christl. Motiven auskomme150). Weder Grau161) noch Guntermann 152) haben eine christl. Quelle für den Passus vom A. gefunden, Ehrismann153) endlich hat keine Einzel¬quelle, sondern die lateinische Predigt¬literatur als Vorlage angesprochen. Schon Vetter erklärt: Um das alles (die Kirchen¬lehre) kümmert sich unser Dichter nicht;
er gab eben einfach, was Glaube war, voll volkstümlicher Züge 154).
Der A.-Abschnitt findet sich wieder in der as. Genesis155). Dort streitet Henoch allein gegen den A., während in Muspilli Elias allein steht. Dieser Zug läßt sich sonst nirgends mehr nachweisen; nur in der Vita Landiberti des Sigebert von Gembloux aus dem 11. Jh. heißt es noch einmal: Helyas in celum raptus expectat adhuc per A. gladium victorie palmam168). Handelt es sich hier um eine sächsische Tradition? — Die uueroltrehtuutson sagen, daz sculi der antichristo mit Eliase pägan, sprechen also von einem Zwei¬kampf, und zwar in der Luft, in dem der A. sigalos wird. Auch davon wissen die

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kirchlichen Quellen nichts; die schreiben:
Doh uuanit des vilo . . . gotmanno, daz Elias in demo uuige aruuartit uuerde. Und so mag Neckel recht haben, wenn er hier einen älteren, wurzelverwandten Mythus durchschimmern sieht157). End¬lich ist fremd, daß Satan den A. varsen-kan scal. Ehrismann hat für dieses Stück (v. 37—47) bereits gesehen, daß die Quelle volkstümlich ist; weil sie nicht kirchlich ist, findet sie sich auch sonst nicht in der geistlichen Literatur 158). Ich möchte da¬bei die Vermutung äußern, daß v. 50 an v. 47 angeschlossen war und nur v. 48 f. Einschub ist; wäre das der Fall, dann wäre der A., der ,,uunt pivallan** sollte, derjenige, von dessen Blut die Erde ent¬brennt. Auf Elias wurde das erst bezogen, als durch den Einschub v. 48 f. von Elias als dem Verwundeten die Rede war;
ein gedankenloser Abschreiber hat dann ,,sô daz Antichristes pluot" in ,,sô daz Eliases pluot" geändert. Dafür, daß durch ihn die Erde entzündet wird, würden wir heimische Belege haben, für Elias als Stifter des Weltbrandes nur östliche159).
4. Den Kampf zwischen dem A. und Elias hat Grimm auch im Norden wieder¬finden wollen 160); Simrock hat den A. in der Mitgardsschlange161), E.H.Meyer in Surtr (Völuspä Str. 52)162) und dem Kinde der Alten im Eisenwalde (Völuspä) 163) erkennen wollen. Man wird zugeben dür¬fen, daß christliche Motive nach dem Norden gewandert sind und zwar, als dort der alte Glaube noch galt; Dichter haben sie aufgenommen und verwertet. Aber eine bewußte Verkleidung christ¬licher Lehren in Göttermythen dürfte kaum vorgekommen sein. Was Surtr be¬trifft, so scheint mir Neckeis Versuch beachtenswert, welcher in ihm den gefes¬selten Unhold sieht164), der in einer Höhle liegt und sich nach seinem Flammen¬schwert reckt.
141) J. Scheftelowitz Alt-palästinen¬sischer Bauernglaube 1925, 33. 142) B o u s s e t Antichrist 66 ff. u. Register s. v. Vgl. Lieb¬recht Gervasius 69; Löwis of Menar im ARw. 13, 517 ff. 14, 641 ff. 15, 305 ff. 143) Dionysius v. Lützenburg Leben Antichristi 1716, 421 f.; Ztschr. f. Kirchengesch. 20, 120. 144) Paul Casanova Mohammed

et la fin du monde 1911, 29. 47; A. 0 l r i k Ragnarök 1922, 276 ff. 145) Ich zitiere nach Wilh. Braune Althochdeutsches Lesebuch 1911 82 ff. — 146) v. Unwerth-Siebs Gesch. der deutschen Literatur bis zur Mitte des ii. Jhs. 1920, i53. 147) Myth. 2, 677. 148) Ger¬mama 3, i7. 149) ZfdA. ii, 392. 150) Berichte d. kgl. sächs. Ges. d. Wissensch. Phil.-hist. Kl. 18, 213 ff. 151) Gustav Grau Quellen u. Ver¬wandtschaften d. alt. germ. Darstellungen d. Jüng¬sten Gerichts = Stud. z. engl. Phil. 31, 232 ff. 152) ZfdPh. 41, 410 f. 412. Vgl. AfdA. 35, 192 f. 154) Ferd. Vetter Zum Muspilli 1872, 119 ff. 124; v. Unwerth deutet auf Crist III als Quelle hin, dort-fehlt aber die A.Episode: PBB. 40, 365 f. Vgl. auch Neckel in Sitzb. Heidelb. 9,32 f. 155) v. i39bff. == Grau 233f. = Bous-s e t 180. l56) Mon. Germ. SS. Meroving. 6, 398. 157) Neckel 30 f. 158) Eine Scheidung zwischen beiden Kampfschilderungen hat Eh¬rismann AfdA. 35, 192 f. vorgeschlagen, der auch v. Unwerth PBB. 40, 365 f. zustimmt. 159) Ztschr. f. d. österr. Gymnasien 43, 748 (Christus entzündet Brand = Anton E. Schönbach Altdeutsche Predigten 1888, 2, 14). 160) Myth. 2, 676. 161) Mythologie. 5 133 f.
162) Völuspá 1889, 2o6ff.; Germ. Myth. 149 f.
163) Myth. d. Germanen 459 ff. 164) G u s t. Neckel Studien zu d. germ. Dichtungen v. Weltuntergang. Sitzber. Heidelb. Akad. 9, 30. 46. 48 f.
VIII. Der A. in der Volkssage. Nur aus katholischen Gegenden, wie ja des Flavius Illyrius Bemerkung erwarten ließ, liegen Aufzeichnungen vor. Er heißt Antenchrist, denn die Menschen werden am Ende tierartig, mit Entenschnäbeln geboren163) (die im MA. üblichen Na¬men 165) sind vergessen). Er kommt, wenn alle zu Christus bekehrt sein wer¬den 167), zur Zeit allgemeinen Abfalls 168);
wenn er 19 Jahre ist, wird fast die ganze Welt abgefallen sein 169), Pseudopro¬pheten treten auf 170); so wie der Teufel ledig ist 171). Stürme im Christmonat zeigen Ankunft an 172). Manche glauben, er regiere schon173); besonders 1848 dachte man das 174); andere denken, es wird noch lange dauern 175). Sichere Vor¬zeichen sind: eine vierzigjährige Dürre und Hungersnot176), in welcher Zeit kein Regenbogen zu sehen sein wird 177);
Bruderhaß178); wenn die Pfarrkirche zu Soll (Tirol) versinkt 178a), der ganze Küchelberg bei Meran urbar gemacht ist178b); im Kanton St. Gallen glaubt man, er komme, wenn die eisernen Stangen auf dem Breitfelde ausgeackert wer¬

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den und das dort vergrabene Bäumchen ausschlagen und so groß sein wird, daß ein Offizier aufrecht darunter stehen kann179) ;
er kommt nach der Walser Schlacht180), wenn Karl V. oder Kaiser Friedrichs Bart dreimal um den Tisch gewachsen ist180a), wenn der in der Königskaul bei Tritten¬heim versunkene König den Türken schlägt180b, wenn die Leute hohe Hüte tragen und ohne Rosse fahren werden181) ;
nachdem 7 Jahre kein Kind mehr182), nur Mädchen geboren wurden183); im Kreise Leobschütz glaubt man, es werden 30 Jahre nur Mädchen und dann nur Knaben geboren; der erste derselben ist der A.184). Unter Donner und Blitz wird er geboren185), außerm Fern tuts drei Donnerschläge 186); Feuer fällt vom Him¬mel187), die Blumen schwitzen Blut188). Er kommt aus dem Stamme Dan 189). Seine Mutter ist ein altes 190), böses Weib 191), eine alte Witwe 192), eine Hexe 193), eine Hure 194), von der 9. Hure her 195), eine 7ojährige Jüdin196), eine jüdische Hure197) (die Tochter eines jüdischen Fürsten aus dem Stamme Juda, eine Zauberin und angebliche Jungfrau 198), ein lediges Ju¬denmädchen199), eine Jungfrau, die ihn von Dämonen empfängt)200); aus dem Stamm Dan werden 12 Fischer einen Fisch fangen; dessen Kopf ißt eine Jung¬frau und wird mit dem A. schwanger 201). Er gehört der babylonischen Hure 202). Sein Vater ist ein 9o jähriger Greis 203) (ein jüdischer Zauberer aus Dan) 204) oder er wird vom Teufel empfangen 205), (der Teufel ist bei der Empfängnis mitwirkend beteiligt) 216). Mönch und Nonne sind seine Eltern 207). Vater und Tochter zeugen ihn208). Seine Mutter erschricket unde zevert in der gepurt ouf der stat209). Er wird von einer Schlange mit einer alten Jüdin erzeugt 210); ist ein Lintwurm aus dem Ei eines 7jährigen Hahnes, und wird durch die Anbetung eines Mädchens zum schönen Jüngling 211), ist ein Un¬terweltwesen 212), der Drache213). Gebo¬ren wird er zu Babylon 214) (am Euphrat) 215). Gott ordnet ihm wie jedem Menschen einen Schutzengel bei 216), ob¬wohl Satan in ihm wohnt217). Seine Mutter trägt ihn zwei Jahre218); er pei¬

nigt sie im Mutterleibe219); sobald er zur Welt kommt, kann er laufen und sprechen 220). Jeder sieht ihn in andrer Gestalt 221). Sonst wird er als klein 222) und rothaarig 223) geschildert, mit einem Mal an der Stirn, wo ihn der Blitz treffen wird 224), oder an der rechten Hand und am linken Fuß 225). Als Ungeheuer mit sieben Köpfen soll er erscheinen226) (Zauberer erziehen ihn) 227).
Er wird auftreten, wenn der römische Kaiser sein Reich Gott zurückgibt 228);
wenn Gog und Magog, die roten Juden im Kaukasus, erscheinen229), die sein Vorläufer, der sich Elias nennen wird, ruft230). Mit 30 Jahren, wenn wieder abwechselnd Knaben und Mädchen ge¬boren werden 231), fängt er an 232); so lange hält er sich (in Galiläa) 233), unsern Herrn nachahmend, verborgen 234); dann zieht er nach Jerusalem235). Er tut Wunder236), weiß alles, weswegen man 1445 einen 2ojährigen Spanier an der Pariser Universität, wie Trithemius er¬zählt, für den A. hielt237); kann alle Sprachen der Welt238). Er gewinnt mit Ehrungen, Liebkosungen und Geld die Leute239). Alle vergrabenen und unge? hobenen Schätze werden sein240); mit ihnen lockt er die Menschen 241), er fährt mit vier schwarzen Rossen durchs Land und sät Geld aus 242); wer ein einziges Geldstück aufhebt, gehört schon dem Teufel an 243). Der A. will die Weltherr¬schaft gewinnen 244); er sendet 12 Jünger predigend aus 245). Das mosaische Gesetz wird wieder gültig246). Die Juden fallen ihm zu 247), und er läßt sich in Jerusalem beschneiden 248), oder ist es schon seit dem 8. Tage seiner Geburt 249); er wird ihr Messias 250) und baut den Tempel wieder auf251). In diesem sitzt er252) oder er setzt sich in den Tabernakel 253) und läßt sich anbeten254). Die Christen müssen Gott abschwören 255); er wütet gegen den katholischen Glauben256); fängt eine Christenverfolgung an257); Elias und Henoch predigen umsonst258), doch ist auch einmal von Bekehrungen durch sie die Rede259). 30 Jahre predigt er wie Christus260), andere reden von 3 Jah¬ren 261), oder er lebe 3 Jahre verborgen und

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3 öffentlich 262). Seine Anhänger erhalten ein Mal an die Stirn und zwar ein N., was nego bedeutet 263); von anderen Zeichen weiß man im MA. 264). Dann werden die Menschen wild leben 265); es gibt nur noch sieben oder neun Katholische 266), die Elias unter einem Birnbaum267), einem Apfelbaum sammelt 268). Auf einem Esel will er Leute übers Wasser setzen und läßt sie ertrinken 269).
Elias wird sein Beiläufer sein 270); oder Elias und Enoch 271) (und Johannes) 272), oder Moses und Elias treten gegen ihn auf und besiegen ihn 273); Enoch predigt den Heiden, Elias den Juden 274). Nach einer Disputation 275), läßt er sie, — sie haben 3/4 Jahre gewirkt 276) — mit allen Foltern martern277) und erschlagen278). Seine letzte Freveltat wird seine Himmel¬fahrt sein 279). Es heißt auch, er wolle nach 3 Jahren im feurigen Wagen auf¬fahren 280), oder er stirbt und fährt nach 3 Tagen auf 281). Da erschlägt ihn Christus mit dem Hauch seines Mun¬des282), oder dem Ruf: Getötet werde der A.! 283), oder ein Blitz 284); unter Donner und Blitz im Schwefelregen vertilgt ihn Gott285). Michael286) oder Elias287) töten ihn. Es heißt auch, Elias streite mit einem Engelsheer gegen ihn288); der schlafende Kaiser wird auf dem Walser-feld mit ihm kämpfen 289) oder vom Kyff-häuser zum Ölberg gegen ihn ziehen 290). Gottes Blitz schlägt ihn in die Erde 291), er muß zur Hölle fahren 292); die Erde berstet und verschlingt ihn293). Der Blitz, der ihn bei seiner Himmelfahrt trifft, wirft ihn nieder, daß er in tausend Stücke berstet; wo ein solches Stück hin¬fällt, entzündet sich die Erde294). Oder man sagt, Elias werfe ihn ins Meer 295). Die Erde aber wird nach seinem Sturz lauter Wasser 296). Vierzig Tage darnach erscheint der Herr zum Gericht 297).
Ich zitiere ausgiebig B o u s s e t Antichrist, der die Zeit bis Adso, P r e u ß Die Vorstel¬lungen vom Antichrist, der die Scholastiker zu¬sammenfaßt und Dionys von Lützenburg, der die barocke Meinung über den A. spiegelt.
165) Schönwerth Oberpfalz 3, 338;
Quitzmann 203. 166) Bousset Anti¬christ 86ff. 99 f.; B e r n h e i m. Mittelalterl. Weltanschauungen i, 76 f. 167) Peuckert

Schlesien 71. 168) Preuß 24; Lützen-burg 23 ff. 169) Ebd. 91 f. 170) S u l p i c. S e v e r u & Vita S. Martini c. 24. 171) Schön-werth Oberpfalz 3, 334. 172) Ebd. 3, 338. 173) Ebd. 338. 174) Birlinger Volksth. i. 182. 175) Meyer Baden 401. 176) Preuß 24; Bous¬set 129. 177) Preuß 24. 178) Bousset 76. 178a) Zingerle Sagen 1859, 260 Nr. 463;
ZfdMyth. 4, 207. 178 b) Zingerle Sagen 1859, 406. 179) K u o n i St. Galler Sagen 297 f.
180) Grimm Myth. 2, 799. 180 a) Grimm Sagen Nr.28; Bechstein Volkssagen Öster¬reichs i (1840), 75. 180 b) Sepp Sagen 629.
181) Reiser Allgäu I, 419. 182) Zingerle Tirol 227. 183) Peuckert Schlesien 70. 184) Birlinger Volksth. 1,181; Reiser Allgäu i, 419. 185) Schönwerth Oberpfalz 3, 334- 335- 186) Zingerle Tirol 227. 187) Ebd. 337; Aurbacher Ein Volksbüch¬lein (ed. Jos. Sarreiter) 2, 62. 188) Kuoni St. Galler Sagen 306. 189) Bousset 112 ff. 190) Quitzmann 203; Vernaleken Alpensagen 68, aus Salzburg; Preuß 15 Nr. 4. 191) Wilh. Wackernagel Die alt¬deutschen Handschriften d. Basier Univ.-Bibl. Rektoratsprogramm 1835, 22: Elucidarius des 14. Jhs. 192) Zingerle Sagen 408. 193) (Gos¬sensaß) ZfVk. 6, 306. 194) Aurbacher 2, 62. 195) Schönwerth Oberpfalz 3, 335;
Preuß 15. 196) Ebd. 334. 338 f.; Preuß 15, N. 4. 197) Birlinger Volksth. i, 180. 198) L ü t z e n b u r g 57 ff. 71 f. 199) P e u kk e r t Schlesien 70. 200) S a c k u r Sibyll. Texte 106; vgl. oben III. 4; Liebrecht
201) Gervasius 6, 68. Zeitschrift für Kirchenge¬schichte 20, 288 nach einem griech. PS. Method.
202) Reiser Allgäu i, 419. 203) Schön¬werth Oberpfalz 3, 334; Preuß 15 N. 4. 204) Lützenburg 71 f. 205) Reiser All¬gäu i, 419; Bousset 91. 206) Bousset 92; Preuß 15. 207) Franz Nie. de Jawer 151 f.; Preuß 15 N. 4. 208) Ebd. 209) Hein¬rich v. Neustadt von gotes zuokunft ed. Strobi 1875, V. 4921 f.; vgl. Reuschel a.a.O. 27; A y tinger s PS. Method. von 1498. 210) Schönwerth Oberpfalz 3, 338 f.;
Aurbacher 2, 62. 211) Vernaleken Alpensagen 68 aus Salzburg == Quitzmann 203 = ZfdMyth. 4, 203; vgl. A. 0 l r i k Ragnarök 1922, 1oo f. 97 ff. 212) Bousset 99. 213) Ebd. 94 ff. 214) Schönwerth Ober¬pfalz 3, 339; Aurbacher 2, 62; Zin¬gerle Sagen 408; Bousset 113; Preuß 16. 215) Lützenburg 63 entscheidet sich zwischen einem afrikan. und asiat. B. für letzteres. B. = Rom: Preuß 16. 216) Lüt¬zenburg 77; Preuß 15 f. 217) Bousset 88 f. 90; A. 0 l r i k Ragnarök 85; A. = Satan Bousset 89 f. 91. 218) Schönwerth Oberpfalz 3, 335. 219) Ebd. 220) Birlinger Volksth. i„ 180. 221) Schönwerth Oberpfalz 3,338; Georg Steindorff Die Apo¬kalypse des Elias 1899, 91. 222) Schönwerth 3? 335. 223) Ebd. 335. 224) Ebd. 335. 225) 337. 226) Simrock Myth.5 482; Bousset 101 f :

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vgl. auch Steindorf Apokalypse d. Elias 1899, QI f. 227) Wackernagel a. a. 0. 22 f.;
Lützenburg 83 f.; Preuß 17. 228) Vgl. die Literatur zum ludus de Antichristo; Bous¬set 77 ff. 27 ff.; Preuß 17. 24. Nr. 3;
Lützenburg 45 f. 229) Lützenburg 113 ff.; Preuß 17 f.; Ztschr. f. Kirchengesch. 20, ii3 ff. 230) Lützenburg 113 ff. 231) P ei c k e r t Schlesien 70. 232) Schön¬werth Oberpfalz 3, 338. 339; Aurbacher 2,62; Birlinger Volksth. i, 181. 233) Preuß 17. 234) Birlinger Volksth. i, 181. 235) Preuß 17. 236) Schönwerth Ober¬pfalz 3, 335. 339; einzelne Wunder werden außer der Himmelfahrt nicht genannt; vgl. dagegen Bousset 115 ff.; Preuß 19 f.;
G. Steindorff Apok. d. Elias 1899, 89. 237) Wadstein in Zeitschrift f. wissensch. Theologie 39, 87 f.; Lützenburg 84;
Preuß 24. 238) Lützenburg 83. 230) Schönwerth Oberpfalz 3, 337. Vgl. dazu Adso bei S a c k u r Sib. Texte 108;
Preuß i8ff.; Anton Schönbach Altdeutsche Predigten 2 (i888), 13. 240) Renner 5100 bei Grimm Myth. 2, 819; Zingerle Sagen 408; Lützenburg 92.102; Preuß 20; Schönwerth Oberpfalz 3, 339. 241) Ebd. 337. 339; Zingerle Sagen 408;
Preuß 202. 242) Peuckert Schlesien 7o:
Schönwerth Oberpfalz 3,335. 338. 243) Ebd. 338; Peuckert Schlesien 70. 244) Schön¬werth Oberpfalz 2, 336; Bousset 126 ff. Vgl. auch die barocken Ausführungen Lützenburgs. 245) Birlinger Volksth. i, 181; Preuß 18; Bousset 124 f. 246) Lützenburg 178. 198 f.; Bousset 108; Preuß 17. 247) Preuß 17. 248) Preuß 17. 249) Lützenburg 77 f. 250) Bousset 1o8ff. 251) Aurbacher 2,63; Preuß 108. Schon bei Adso, vgl. III. 4. 252) Bousset 104 ff. 253) Zingerle Sagen 1859, 408. 254) Ebd.; Aurbacher 2,62; Preuß 18 255) Vernaleken Alpensagen 68. 256) Schön¬werth Oberpfalz 3, 335. 257) Reiser Allgäu I, 419; Vernaleken Alpensagen 68 f.;
Zingerle Sagen 1859, 408; Bousset 139ff.; Preuß 21 258). Schönwerth Oberpfalz 3, 336; Bousset Kommentar 51. 259) Ebd. 337 f.; Peuckert Schlesien 70 f.;
B o u s s e t 139. 260) Schönwerth Ober¬pfalz 3, 337. 261) Ebd. 338; Aurbacher 2, 63; 262) (Gossensaß) ZfVk. 6, 306. 263) Schön¬werth Oberpfalz 3,337; Aurbacher 2, 63. 264) Bousset 132 ff.; Radcke a. a. 0. 14 Nr. 6; Schönbach Predigten 2, 13;
Lützenburg 333 ff. 265) P r e u ß 16 Nr. 7. 266) Schönwerth Oberpfalz 3. 337. 336. 267) Ebd. 336 = Quitzmann 205. 268) Schönwerth Oberpfalz 3, 338. 269) (Gossensaß) ZfVk. 6, 306. 270) Schönwerth 3, 338. 335- vgl- Zarncke in Ber. d. kgl. sächs. Ges. d. Wissensch. 18, 213 ff. 218. 271) Schön¬werth Oberpfalz 3, 337. 339; Quitzmann 204; Peuckert Schlesien 70 f.; Reiser Allgäu I, 419; Bousset 134 ff.; Schön¬-

bach Predigten 2, 13. 272) Zarncke 216 f. (Hieronymus); Stolle Kirchenväter 133;
0 l r i k Ragnarök 358; Bousset 137 f. 273) Zingerle Sagen 1859, 408. 274) P r e u ß 22. 275) Ebd. 22. 276) Birlinger Volksth. i, 181. 277) Ebd. 278) Ebd; Schönwerth 3,337.339. 279) Ebd. 336. 338; Bir¬linger Volksth. i, 181. 280) Aurbacher 2,63. 281) Schönwerth Oberpfalz 3, 339;
Bousset 152; Preuß 20.23; Lützen¬burg 372 ff. Vgl. auch Bousset 95 ff. 282) Bousset 149. Vgl. ZfdA. 52, 273 (nd. Apokalypse). 283) Preuß 23. 284) Schön¬werth Oberpfalz 3, 336. 337; Quitz¬mann 204; Birlinger Volksth. l, 181. 285) Schönwerth Oberpfalz 3, 339; Lüt¬zenburg 379. 286) Schönwerth Ober-Pfalz 3. 338. 339; Quitzmann 204; Aur-bacher 2, 63; Bousset 150 ff. 175;
Preuß 23.287) Quitzmann 204; Elias u. Enoch: G. Steindorff Apok. d. Elias 1899, io5. 288) Vernaleken Alpensagen 68 f.; vgl. G. Steindorff Apok. d. Elias 1899, 97 ff. 289) Grimm Sagen Nr. 28; Sim¬rock Mythologie5 148. 290) E. H. Meyer Mythologie der Germanen 1903, 63 (382);
vgl. Bousset 153. 291) Birlinger Volksth. i, 181. 292) Reiser Allgäu i, 419;
G. Steindorff Apok. d. Elias 1899, 105. 293) Aurbacher 2, 63; Lützenburg 377- 379. 294) Schönwerth Oberpfalz 3. 386; Quitzmann 203; Birlinger Volksth. I, 181. Vgl. Bousset 159 ff. 296) Vernaleken Alpensagen 68 f. aus Salzburg. 296) Schönwerth Oberpfalz 3, 337- 297) Preuß 23. Peuckert.

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Prognosen sind schwierig, besonders, wenn sie die Zukunft betreffen. (Karl Valentin)

Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens: Blutregen

Fred Feuerstein, Montag, 31.01.2011, 19:34 vor 4840 Tagen @ Fred Feuerstein (3384 Aufrufe)

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Blutregen. Unter B. (auch Wunder¬regen, Staubregen usw. genannt) ist ein meist rötlich gefärbter Staubfall zu ver¬stehen, der sich aus Kieselsäure, Tonerde, Eisen- und Kupferoxyden in feinsten Teilen zusammensetzt. Er ist ein Ver-witterungsprodukt der Sahara, wo er durch ungeheuere Winde in einer Aus¬dehnung von ca. 10 Breitengraden aufge¬wirbelt und im westlichen Küstengebiet Afrikas niedergeschlagen wird. Durch liehen Luftdruck wird zuweilen ein Teil dieser Staubmassen in hohe Regionen emporgehoben, hier von ändern von S. nach N. streichenden Winden mitgerissen und über Südeuropa, gelegentlich auch uber Nordeuropa abgelagert, zuweilen mit Regen untermischt, aber auch trocken. Nach Verdunstung des Wassers bleiben vom Staubregen die Staubsub¬stanzen in rötlicher oder gelblicher Farbe zurück. Diesem durch Passatstaub gebildeten B. steht der durch Tiere hervorgerufene B. gegenüber, der da¬durch hervorgerufen wird, daß Bienen und Schmetterlinge beim Aus¬fliegen bzw. Auskriechen aus der Puppe einige Tropfen Blut lassen. Ferner veran¬laßt das massenhafte Auftreten der Blut¬

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alge sowie der Wundermonade roten Flüssigkeitsfall1).
Der B. ist als P r o d i g i u m von allen antiken Völkern, den Arabern und den Völkern des abendländischen MA.s an¬erkannt worden. Vor allem den Römern galt, wie aus der zu vielen Jahren römi¬scher Geschichte von Livius gegebenen Prodigienliste hervorgeht (XXII l; XLIII 13), der B. — meist übrigens mit Meteor¬fall und Erdbeben verbunden — als Wun¬derzeichen des Himmels, das entweder den Zorn der Gottheit ankündigte oder Krieg bzw. ein anderes Unglück als dem Staate drohend ansagte (vgl. die Prodigien bei Caesars Ermordung: Ovid. Met. XV 788: saepe inter nimbos guttae cecidere cruentae).
Die erste Nachricht von einem B. in Deutschland stammt aus dem Jahre 640. Auch in Deutschland wurde B. im all¬gemeinen als böses Wunderzeichen Gottes aufgefaßt. Mit Weihungen und frommen Stiftungen suchte man den Zorn Gottes zu versöhnen. Da so die Kirche diesen Wunderzeichen Beachtung zu schenken scheint, wird der an den B. anknüpfende
deutsche Aberglaube auf antiken Einfluß zurückgehen und mit der Christianisie¬rung nach Deutschland gekommen sein. Auch für die Deutschen bezeichnete B. vor allem kommenden Krieg. Als Guts nach Spanien auszog, regnete es Blut, wie wir in den Chansons de geste lesen. Erasmus Franziscus ..Luftkreys" berichtet zum Jahre 1668, daß auf den in dieser Zeit beobachteten B. der Krieg zwischen Deutschland und Frankreich gefolgt sei. — Ob die Verse in Schillers Wallenstein:
,,Und aus den Wolken blutigrot, hängt der Herrgott den Kriegsmantel runter" hierher gehören, bezweifle ich ; ich möchte sie lieber auf das Krieg kündende Abend¬rot (s. Abendröte) deuten.
Außer Krieg und Blutvergießen weis¬sagte man aus niedergefallenem B. ge¬legentlich auch die Pest. In diesem Sinne deutete man den 1646 in Schäßburg in Siebenbürgen niedergegangenen B. Den 1349 in Süddeutschland und Öster¬reich beobachteten B. sühnte man in Kelheim a. Donau, wie Lycostenes in seinen

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Prodigia berichtet, durch einen steinernen Tempel, den man ,,zum heiligen Blute" benannte, wohl mit Beziehung des B.s auf das Blut Christi. Gelegentlich be¬gegnet sogar die Nachricht, daß man die Erscheinung, zumal mit Blitz, Donner und Sturm wahrgenommen, als Ankün¬digung des jüngsten Gerichts auffaßte.
Die Vorstellungen sind bis auf unsere Zeit unverändert im Volksmunde weiter überliefert worden. Aus Böhmen-Mähren und ändern deutschen Gebieten ist immer die Vorstellung vom Krieg und Blutver¬gießen als Folge von B. zu belegen 2).
1) Ehrenberg Passatstaub u. B. in Abhdi. Berl. Ak. 1847: Hellmann und Meinardi Der große Staubfall vom 9.—12. 5. zpoz. Abbdi. Berl. Ak. 1901; HandWb. d. Naturwiss. i (Jena 1912), 623 s. v. Passatstaub. Einzel¬beobachtungen lokaler Art in Meteorol. Zeit¬schrift 1903. 2) Viel Material zu datierten B.-erscheinungen findet man bei Ehrenberg I.e., ferner bei Lycostenes Pyodigia (stets in Verbindung mit Krieg). Ich verweise auf die Notizen zu folgenden Jahren (die An¬gaben in der Klammer bezeichnen den Ort, wo der 38. beobachtet wurde): 541 (Gallien), 1114 (Oberitalien), 1165 (Dali [England]), 1137 (ohne Ortsangabe), 1531 (Lissabon) 1539 (Bel¬gien), 1542 (bei Warendorf [Westfalen]), 1552 (Frankreich). Vgl. auch Amersbach Grim¬melshausen 2,73 (mit vielen Zitaten); Keller Grab des Aberglaubens 3, 167 f.; 4, 90 ff. Stegemann.

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Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens: Endschlacht

Fred Feuerstein, Montag, 31.01.2011, 19:36 vor 4840 Tagen @ Fred Feuerstein (3612 Aufrufe)

Endschlacht.
l. Der Glaube an eine eschatologische Schlacht ist weit verbreitet. Ob in ger¬manischer Zeit bereits von einer all¬gemeinen Schlacht oder von einzelnen Kämpfen (Thor — Schlange, Odin — Wolf) (s. Eschatologie) die Rede war, wissen wir nicht; wahrscheinlich dürfte das letztere sein. In frühgeschichtlicher Zeit wandert die Vorstellung von einem Dämonenheer (Muspelz lydir, fifls megir) ein, das unter Surts Führung auf Vigridr oder Öskopnir gegen die Äsen unter Freyr kämpft. Die Vorlage dafür sieht Neckel in Apoc. Joh. 9, 3 ff. 14 ff.1). Deutsche wie nordische Zeugnisse berichten von demo muspille2). Der Ragnarökmythus hat später alle endzeitlichen Kämpfe zu¬sammengefaßt 3).
Die für das MA. wichtigere, weil ge¬läufigere Form der E.mythe basiert auf der Gog und Magog-Mythe (s. d.), über die auch „dürrer Baum**, „Schlachten¬baum** und der Sagenkreis vom schlafen¬den und wiedererwachenden Kaiser zu vergleichen ist 4). All diese Nachrichten verlegen die E. in die Nähe von Jerusa¬lem; ihr folgt als letzter eschatologischer Akt die Niederlegung der Krone am Kreuz (dem dürren Baum) durch den letzten römischen Kaiser. Diese Sage ver¬blaßt im l6./l7. Jh. zugunsten des dritten Typus, nach dem ein weißer Erretter¬könig unter dem Schlachtenbaum (s. d.) den Erbfeind schlagen wird.

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l) G. N e c k e l Weltuntergang in Sitzb. Heidelb. 9 (1918), Abhdlg. 7. 2) Ebd. 25 ff, 3) Siehe „Eschatologie". So auch, wie ich jetzt erst sehe, Neckel 18f. Olriks Herleitung der Ragnarök-schlacht aus dem Keltischen, die ich in,, Escha-tologie" ablehnte, verwerfen auch K a u f f -mann ZfdPhiL 35, 405; Heusler in Deutsche LitZtg. 1915, 440; Neckel 50 N. i. 4) Eine Durchsicht der Kamperschen (Kaiseridee) und verwandter Arbeiten zeigt das ganz deutlich.
2. Die E. wird über Gog und Magog er¬fochten werden. Sobald man irgendwelche historische Völker mit Gog und Magog identifizierte (wie Widukind, res gestae saxoniae I. 19 mit den Avaren, das 13. Jh. mit den Tartaren) 5), mußte die E. auf diese Völker umgestimmt werden. So hat man um 1241 in den Tartaren die Ismae-liten des Pseudo-Methodius 6) gesehen 7);
so wird im 15. Jh. der Türke dem Ismae-liten gleichgesetzt, und die pseudo-me-thodianische Prophezeiung vom Siege des letzten Königs der Welt auf ihn bezogen 8). Die ungeheure Angst vor den Türken 9), deren Züge Prognostica weit nach Deutschland hineinreichen lassen10), ließ die oft prophezeite E. in Deutschland stattfinden, und zwar an dessen west¬lichster Grenze, am Rhein, bei Köln11). Lichtenberger (s. d.) ist m. W. der erste, der 1488 davon handelt. Das 16. Jh. hat Lichtenbergers Weissagung dauernd wie¬derholt 12), und dann hat sie das Volks¬buch „12 Sybillen Weissagung**, in den entscheidenden Teilen auf Lichtenberger beruhend, dem 17. Jh. weitergereicht13). Um 1670 entsteht im Mainzischen eine Prophezeiung von einem großen Krieg zur Kornblütezeit. Man wird dann wie die Vögel fliegen, in Wagen ohne Pferden fah¬ren; die Frauen werden mitkämpfen; viel Witwen und Waisen werden sein; für einen Laib Brot wird man drei Äcker bieten; der Türke wird die Pferde im Rhein bei Köln tränken. Der Norden wird Führer Deutschlands sein, dort wird die Freiheit aufgehen14). Die Prophezeiung wird einer Hellseherin Sibylle von Kemel zugeschrieben, sie zeigt volkstümliche Motive.
Sicher geht die Weissagung von der E. bei Köln auf eine ältere Prophetie zu¬rück. In den Annales Marbacenses heiß
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es 1222 von den Tartaren, die damals (wie 1488 die Türken) Gog und Magog repräsentierten: Dicebant tarnen quidarn, quod versus Coloniam vellent ire et tres Magos de gente eorum natos ibidem ac-cipere15). Ob ein Zusammenhang der Nachricht mit Lichtenbergers Prophe¬zeiungen besteht, ist schwer zu sagen;
die Volksüberlieferung scheint eher an einen Kampf mit Frankreich gedacht zu haben; denn die Angabe, daß nach dem Kampf Frankreich in viele Teile zerrissen werde 16), hat wohl nur Sinn, wenn das der Feind gewesen ist.
Auch andrerorts sind E.prophetien be¬kannt. Friesische Weissagungen um 1580 kennen eine Entscheidungsschlacht zu Rispel17); auch da scheint eine alte Über¬lieferung vorhanden gewesen zu sein. Noch älter ist die Angabe, daß bei Stra߬burg die E. gegen Frankreich stattfinden werde; Melanchthon, aus der Pfalz ge¬bürtig, nennt sie eine „sehr alte Prophecey" 18). In England wird im 16. Jh. von der E. zu Sheriffmoor und anderorts ge¬sprochen 19), zu der ein Hörn das schla¬fende Heer aufruft. Da diese Weissagung von der des Sibyllenbuchs unbeeinflußt erscheint, dürfte es sich hier ebenfalls um alte Volksüberlieferung handeln. Obwohl die Bindeglieder zwischen german. Zeit und dem 15./l 6. Jh. fehlen, — wir dürfen aus schlesischen Sagen vielleicht an¬nehmen, daß sie zur Kolonisationszeit (13. Jh.) lebendig waren, weil die Ein¬wanderer sie ja mitbrachten, — möchte ich an den Zusammenhang dieser Sagen mit der Mythe von der Muspellschlacht glauben.
6) Ernst S a c k u r Sibyllin. Texte u. For¬schungen 1898, 5. •) Vgl. über diesen S a c k u r i ff. 7) Ebd. 5 N. 3. 8) Ebd. 5; vgl. Quidam tractatus de Turcis, Nürnberg 1481; Omas ecciesiae 1531. c. 49. 9) Grauert in Inter¬nationale Wochenschrift 5, 51 f. 10) Vgl. etwa Nicolaus Orphanus Judicium astrologicum 1573 CA. C 4 A; David Herlicius Pro-gnostica von gefährlichen Verenderungen in die¬ser Welt 1628, i3. 14; Paulus Severus Newe Zeitunge (in Phys. IV. Qu. in 78 der Bresl. Univ.-Bibliothek). n) Z a u n e r t Rhein¬land 2, 248 ff; Hessen-Nassau 1929, 255;
ZfdMyth. 3, 34 f.; i. 189; R i eh l Land u. Leute 1861, 319; Kühnau Oberschles. Sagen 1926, 493. Vgl. auch Vernaleken Alpen¬
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sagen 66 f.; J. V. K u t s c h e i t Sechs bisher unbekannte höchst merkwürdige Prophezeiungen 1848 == P.Bahlmann Rheinische Seher und Propheten 1901, 99 ff. 40. 43 f. 48 f. 52; Beykirch Prophetenstimmen (1849), 64. 69. ") Die weissagunge Johannis Lichtenbergers deudsch, Wittemberg 1527, I. c. 26; III^c. 14;
Vaticiniorum Lichtenbergii interpretatio P a r a -celsica im Appendix zu Bd. 10 der Huserschen Quartausgabe. Basel 1589, 270. 272 f.;
Neue Zeitung 1537 bei Rieh. Schröder Die deutsche Kaisersage. Heidelberg 1891, 17 f.; vgl. Mittign. Salzburg. Landeskd. 54, 77 f.; Adam Nachenmoser Prognosticon theologicum;
das ist Gaystlich Große Practica.. . Von der Welt Naahe vnd Garauß 1588. III. 46 R unter Berufung auf Lichtenberger, Hilfen, Merlin und Wünschelburger von Amberg, bei dem aber (Sitzb. München 1884, 604 f.) nichts zu finden ist = Corrodi Chiliasmus 3, 46. Vgl. ferner v. B e z o l d in Sitzb. München 1884, 572 ff.; N, Jahrb. f. class. Altertum 3, 2iof.
13) Erfurt 1677. Dvj. Vgl. auch Moscherosch bei Schwebel Tod u. ewiges Leben 367.
14) Zentralbl. f. Okkultismus 9 (1915—1916), 114. 117 f. 15) Rohr Die Geschichte Deutsch¬lands, seiner Verbündeten und seiner Feinde im Lichte alter Weissagungen 1918, 47; MGSS. in usum scholarum ed. Reincke-Bloch 1908, 89 f. le) Z a u n e r t Rheinland 2, 253. Vgl. Verna¬leken Alpensagen 66 f.; Meier Schwaben 22 f. 17) ZfdA. 3, 458. 459. 1B) S t ö b e r Elsaß 1858, 368 ff. == Schwebel Tod und ewiges Leben 366 f. 1() Kuhn-Schwartz 495 f.
3. Lokalisierung der E. Was dazu geführt hat, die E. zu lokalisieren, läßt sich kaum sagen. Oft mögen alte Schlachtfelder genannt werden; die Bayern lassen sie z. B. auf dem Lechfelde geschehen20), die Böhmen am Weißen Berge bei Prag56). Vielleicht ist bei Straßburg eine ähnliche Erinnerung vor¬handen 18). Für die westfälische Sage hat man Nachklänge der Römerschlachten an¬nehmen wollen21). Oft wird sie am Rande des bebauten Landes 22), an Gren¬zen 23) und Landmarken2A) lokalisiert. Der Feind durcheilt das ganze Land (Deutschland bis Köln), ehe er auf¬gehalten und vernichtet werden kann. Ein gleiches Gefühl spricht sich in der Annahme aus, daß erst die zweite oder dritte Schlacht Entscheidung bringt25).
Als Ort der E. (vgl. Schlachtenbaum) wird angegeben: Sheriffmoor (England17), das Feld von Ringsiede bei Gent 26), die Gegend von Amersvoord (Holland)27), Köln 11), Koblenz 28), Neumagen (Mosel-

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land) 29), bei Trittenheim 30), die Wahner Heide (Rheinland) 31), das Birkenwäldchen, ein Bach bei Bodberg32), Dorf Schmerlecke am Lusebrinke 33), oder der Lausebrink bei Salzkotten 34), der Bocks-kamp 36), das Sintfeld bei Paderborn 34), Goldenstedt bei Vechta35), Rispel37), die Schöffe zwischen Eilenhausen und Markoldendorf 38), auf der Königsau 40), die Windmühle von Burgdorf 39), bei der Wiedingharde im Amt Tondern A1), Bornhövede oder die Kropper Heide 43), das Rudental mit dem Jakobsbrunnen zwi¬schen Sackshöhe (Neu-Zizow) und Köp-nitz44), zwischen den Dörfern Nohra und Viselbach bei Erfurt45), zwischen den Gander-Dörfern auf dem Eichsfelde 45a), am Odensberge in Hessen 45), am Siegesküppel hinter Lützelwig (Hessen) 45a), Straßburg18), Rems in Baden46), auf dem Emmenfeld, Ochsenfeld 47), die Semilower Heide bei Ratzeburg 42), auf der Guggernollen 4S), der Ulfiswiese 49) (= bei Innsbruck)50), bei Meran 51), auf der langen Wiese bei Kranewitten 52), auf dem Lechfelde 20), bei Waldmünchen in der Oberpfalz53), vom Gebirge (Schweiz) her an den Flüssen abwärts (Obersteier-mark) 54), in Schlesien an den Dreigrä¬ben 55), bei Winzig56), Beuthen OS.57), Schloß Camenz58), Glatz59), an der Walk¬brücke bei Braunau (Nordböhmen) 59a), zwischen Kronstadt und Broos in Sieben¬bürgen 60). Die Tschechen wissen von der E. am Weißen Berge bei Prag60), am Blanik 60b), die Ungarn auf der Ebene von Debreczin 60C), die Polen bei Pinsk (?)61).
20) J. N. S e p p Das Heidenthum I (1853), 502. 21) Hülsenbeckim Programm Gym-nas. Paderborn 1878; vgl. Friedr. Z u r b o n -s e n Sage v. d. Völkerschlacht d. Zukunft am Birkenbaume" 1897, 36 ff.; Histor. Vierteljahrs-schr. 12, 406 f. 22) So der Seeborn bei Kolbnitz am Rande des Mönchswaldes (Bober-Katzbachgebirge) K ü h n a u Sagen 3, 516 f. Vgl. Peuckert Schlesien 70. So hoch die Haselstauden wachsen: Kronfeld Krieg 146; die Lärchen, die roten Nummern reichen:
Peuckert Schlesien 72. Kamenz am Rande der mittelschles. Ebene: K ü h n a u Sagen 3, 517. 23) So Köln als westlichster Punkt Deutschlands. Kolbnitz als Westpunkt der mittelschles. Ebene. 21) Dreigräben: Kühn a u Sagen 3, 517 = Peuckert Schlesien

69; vgl. Peuckert Schles. Volkskunde 1928, 19 f. 25) Zaunert Westfalen 244; ZfdA. 3, 459; Kühn Westfalen I, 206; Ztschr. f. Kult.gesch. 4. Folge 4 (1897), 286. 26) Luken Die sibyllin. Weissagungen u. ihr Nachhall bis in unsere Zeit. Progr. Gymn. Meppen 1871, 17 nach S e p p Jerusalem u. das Hl. Land i, 69 ff. 27) Ebd. 28) Th. B e y k i r c h Propheten-Stimmen (1849), 70 Anm. 15; P. B a h l m a n n Rheinische Seher u. Propheten 1901, 25 f. 29) ZfdMyth. i, 189. 30) Schwebe l Tod u. ewiges Leben 368. 31) Z a u n e r t Rheinland 2, 250; S i m r o c k Mythologie 5 131. 32) Zau¬nert Westfalen 241. 33) Ebd. 244. 31) K u h n Westfalen l, 205 f. 35) Beykirch Propheten¬stimmen 67. 36) ZfdA. 3, 459. 37) Stracker¬jan I, 151 f. 154. 38) Grimm Sagen Nr. 293. 39) A n d r e e Brazmschweig 374. 40) M ü 11 e n -hoff Sagen 374. 41) Ebd. 377. 42) B a s t i a n Elementargedanke I, 44 N. 2 = Schwebel Tod u. ewiges Leben 373. 43) S i m r o c k My¬thologie 5I3I. 44) Knoop Hinterpommern 92;
A. H a a s Pommersche Sagen 1921, 125.
45) Schwebel Tod u. ewiges Leben 371. 45a) P. Zaunert Hessen-Nassau 1929, 255.
46) Ebd. 365 f. 47) R o c h h o l z Schweizer-sagen 1,61; Bächtold Soldatenbrauch (1917), 7 f.; Schwebel Tod u. ewiges Leben 361. 48) Rochholz I, 135 f. 49) Verna1eken Alpensagen 66; Schwebel Tod u. ewiges Leben 360 f. 50) K r o n f e l d Krieg 146.51) Zingerle Sagen 1859, 406 52) Ebd. 407. 53) Schwebel Tod u. ewiges Leben 364 f. 54) ZfVk. i, 218 f. 55) s. Anm. 24 56) Kühnau Sagen 3, 517 f.57) Ebd. 3, 520. 58) Schles. Provzbl. N.F. 1861, 194. 59) Kühnau 3, 520 f.59a) Ebd. 521. 60) Müller Siebenbürgen 4 f. 60a) Grohmann Sagen 24. 60b) Schwe¬be l Tod u. ewiges Leben 378 f., nach Groh-mann Sagen 14. 60c) Ebd. 379 nach S e p p Heidenthum l, 502. 61) Grabinski Neuere Mystik 227.
4. Der Feind. Selten werden die Gegner der E. so unbestimmt angegeben, wie in den westfälischen Weissagungen, nach denen der Norden gegen den Sü¬den 62), der Westen gegen den Osten 63) zieht. Schon da versucht man bestimm¬tere Deutungen wie Preußen gegen Öster¬reich 64), Deutsche gegen Russen33). In Braunschweig sind's die undeutschen 39), in Schleswig-Holstein blaue Truppen über See41), sonst die Franzosen65), Türken 66) oder Tartaren 67), Chinesen 68), Schweden 69), den Katholischen die Re¬formierten 48), den Tirolern die Schweizer ,,mit gefrorenen Schuhen"70), also immer feindliche Nachbarn.
62) Anm. 32; Kühn Westfalen I, 208. Vgl. Karl Gold Einheitl. Anschauung u. Auf-

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fassung d. Chronik Eckehards v Aura. Diss. Greifswald 1916, 23 63) Anm 40; Zaunert Westfalen 243 f. 244; ZfdA. 3, 458. 459. 64) Kühn Westfalen l, 205. 65) Vgl. Anm. 16. 18. 49. 68. 66) Anm. n. 29. 40. 44. 54. 55; W. H. R i e h l Land u. Leute 1861 5, 315 ff.; Zaunert Hessen-Nassau 255; Müllenhoff Sagen 377;
Kühnau Sagen 3, 516 ff. Nr. 1922. 1923. 1925. 1926. 1928. 1929. 67) Ebd. Nr. 1925. 68) Glatzer Heimatbl. 3 (1917), 55 N.I (aus Lothringen).
69) Kühnau Sagen 2, 516 f. Nr. 1923.
70) Anm. 52. 57; Zingerle Sagen 1859, 407.
5. Termin der E. Da es sich um einen eschatologischen Akt handelt71), sind die Vorzeichen des Weltendes (s. jüngster Tag) auch die der E. Ihr geht soziale und sittliche Verwilderung vor¬aus 72), Übermut besonders in der Klei¬dung (rote Hüte!)73); Frauen tragen Hosen 74), die Städter gehen auf die Alm und feiern dort Feste75), Menschen fliegen75), Wagen laufen ohne Pferde76). Es werden viele neue Häuser (Kasernen) gebaut76). Fromme Gebräuche lassen nach77), sogar die Geistlichen sind ver¬derbt78). Von Hungerzeiten79) ist sel¬tener die Rede, als daß der letzte Winter kein Winter mehr sein wird; ein zei¬tiger 80) und fruchtbarer Sommer kommt81). Zuweilen hat man lokale Zeichen: die Brücke zu Köln wird fertig sein82), unbebaute Landstücke werden gebrochen 83), die nicht ausgebaute Kirche in Kastelreuth stürzt ein83a), die Glocken beider Türme in S. Johann schlagen zu¬sammen 84), Schloß Camenz ist ausge¬baut 85), Kraniche fliegen durch die Glatzer Brotbänke86). Aber die Schlacht wird ganz plötzlich sein, ohne daß je¬mand was ahnt87). In Notzeiten (1848) 88), auch 1913, rechnete man in Schlesien auf die Schlacht. Die Friesen erwarten sie, wenn ein König mit weißem Haar des Landes vertrieben werden wird89), die Deutschen um Leitmeritz (Böhmen), wenn ein Schimmel sich zeigt90), mit einem Wort, wenn Übermut und Frech¬heit aufs höchste gestiegen sein wird. Die 90er Jahre91) sollten es sein, dann wieder 1913 (mündlich). Vgl. ferner Schlachtenbaum und schlafendes Heer, Kyffhäuser.
71) ZfdMyth. I, 34 f.; Vernaleken Alpensagen 62; Müller Siebenbürgen 4 f.

Aus Lothringen: Glatzer Heimatbl. 3 (1917) N. I. 72) Müller Siebenbürgen 4 f.; Zaunert Rheinland 2, 248. 73) ZfdMyth. 3, Strackerjan l, 154; französisch: Zentralbl. f. Okkultismus 7, 610; 8, 682; Belege zu 72.
74) Zaunert Rheinland 2, 247. 248. Lothringen: Glatzer Heimatbl. 3, 55 N.I.
75) Zentralbl. f. Okk. 8, 682. 76) Ebd. 683 77) Ebd.; Zingerle Sagen 1859, 406; Z au n e r t Westfalen 243. 78) Vgl. ,,jüngster Tag 79) ZfdMyth. 3, 34 f.; Peuckert Schlesien 72. 80) Zaunert Westfalen 243. 81) M ler Siebenbürgen 4 f. 82) Zaunert Ki land 2, 248 f. 83a) Zingerle Sagen 1859), 83) Strackerjan i, 154. 84) Vernaleken Alpensagen 66 f. 85) K ü h n a u Sagen 3, Nr. 1925. Aus Lothringen: Glatzer Heimat (1917), 52. 86) Kühnau 3, 520 f. 87) Zaunert Westfalen 243 f; Rheinland 2, 247 f.; Verna l e k e n AIpensagen 66 f.; französisch:
Zentrtralbl. f. Okkultismus 7, 610. 88) Kühl Sagen 3, 518 f. 89) Müllenhoff Sagen 90} Jos. Kern Die Sagen des Leitmet Gaues 1922, 57. 91) Zentralbl. f. Okk. 682,
6. Die Schlacht und ihr Ausgang. Die Feinde kommen so schnell daß sie die Arbeiter am Wege überraschen 92). Alles flieht 93) auf die Berge 94) bis über die Haselstauden95), übers Wasser96), auf eine Waldwiese97);
Mädchen im roten Rock96), ein Schäfer mit weißem Hunde98) werden als letzte über die Brücke gehen. Die Feinde erschlagen die Geistlichen96), schlachten eine rote Kuh 96) (sonst gilt das über Brücke führen der roten Kuh als Vorzeichen der E.) 99), stellen ihre Pferd in die Kirchen100). Die E. dauert drei Tage101), im obd. Glauben aber kurze Zeit, so daß das Essen noch warm bleibt95); deshalb braucht man auf Flucht nur ein Brot mitzunehmen Viele fallen 103); das Blut steht den Männern bis zu den Schenkeln, den Pferden bis zum Bauch 104); es fließt so viel E daß eine goldne (Wunsch-) Rute bloßgespült wird104a). Die Bauern und jährigen aus den Schneebergen105) jungen Leute 106), die Weiber geben Ausschlag 107). Anders wieder glaubt man, Gott selbst schlage die Türken 108) ein Erretterkaiser (s. Schlachtenbaum schaffe Raum. Die Feinde fliehen schnell, daß die Schinken auf den Zäunen unangetastet bleiben109). Dann bricht neue, glückliche Zeit unter dem Retter-

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kaiser herein 110); Paderborn hat wieder eigne Herren111). Aber das Land ist menschenleer112); zehn Jungfern schlagen sich um eine Mannshose113), es gibt keine Geistlichen mehr 114); für einen Brotlaib zahlt man einen Bauernhof115); eine Kuh führt man an goldner Kette 114). Manche Stadt (Prag) wird vom Erdboden ver¬schwunden sein 116).
92) Z a u n e r t Westfalen 243. 244; Kühn Westfalen l, 206. Vgl. Müllen ho ff Sagen 379.93) Strackerjan 1,51 f. 94) Z a u n e r t Westfalen 243; Josef Kern Die Sagen des Leitmeritzer Gaues 1922, 57. 95) Vernaleken Alpensagen 66 f. 96) Zaunert Westfalen 243; Rheinland 2, 248 f. 97) Ebd. 2, 249. 98) Zaunert Westfalen 244. 99) M ü l l e n h o f f Sagen 378. 100) Zaunert Rhein¬land 2, 250; Z i n g e r l e Sagen 1859, 406;
Vernaleken Alpensagen 66 f. 101) Zau¬nert Westfalen 244. 102) D e r s. .Rheinland 2, 249; Kühn Westfalen I, 206; Z i n g e r l e Sagen 1859, 407; Vernaleken Alpensagen 66 f.; Roch h öl z Sagen 1,135! 103) Strak¬ke r j a n l, 154; Müller Siebenbürgen 4 f.104) Zaunert Rheinland 2, 249; Kühn West¬falen I, 205. 206; S t r a c k e r j a n , 151 f.;
Zingerle Sagen 1859, 407; französisch:
Zentralbl. f. Okkultismus 7, 610. 104a) Zau¬nert Hessen-Nassau 256. 105) Rochholz Sagen I, 61. 106) Zentralbl. f. Okkultismus 8, 682. 107) Z i n g e r l e Sagen 1859, 407. 108) Zfd-Myth. 3, 34 f. 109) Zaunert Westfalen 244;
.Rheinland 2, 249. 110) Zaunert Westfalen 244; Hessen-Nassau 256; K ü h n a u Sagen 3, 520; Peuckert Schlesien 72. Doch: A. H a a s Pommersche Sagen 1921, 125. 111) Kühn Westfalen i, 205. 112) Rochholz Sagen I, 61; K ü h n a u Oberschles. Sagen 1926, 492 f. Aus Lothringen: Glatzer Heimatbl. 3, 55 N. i. 113) Zaunert Westfalen 244; Zingerle Sagen 1859, 406; Vernaleken Alpen¬sagen 67; Zentralbl. f. Okkultismus 8, 682. 114) Zaunert Westfalen 244. 115) Ver¬naleken Alpensagen 67; A. H a a s Pommersche Sagen 1921, 125. Aus Lothringen:
Glatzer Heimatbl. 3, 55 N. I. 116) Verna¬leken Mythen in; Peuckert Schlesien 72. Vgl. K ü h n a u Sagen 3, 507 f. 496;
Zentralbl. f. Okkultismus 8, 683. Peuckert.

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Prognosen sind schwierig, besonders, wenn sie die Zukunft betreffen. (Karl Valentin)

Unlesbar

Mirans, Baden-Württemberg, Montag, 31.01.2011, 22:31 vor 4840 Tagen @ Fred Feuerstein (3403 Aufrufe)

Hallo Fred,

die Texte sind ziemlich unlesbar, weil es darin nur so wimmelt von
seltsamen Sonderzeichen.
Üblich ist es, solche (maschinell[>] transponierten) Texte vorher
zu bearbeiten, bevor man sie auf die Öffentlichkeit loslässt.

Gruß

Mirans

Fleißarbeit

Selly, Montag, 31.01.2011, 22:57 vor 4840 Tagen @ Mirans (3419 Aufrufe)

Hallo Mirans,

Fred Feuerstein hat sich hierbei sehr engagiert. Da gebührt ihm der höchste Respekt. Danke Fred Feuerstein.

Nix für ungut, Mirans. Ich seh´s anders.

Liebe Grüße,
Selly

mehr davon

detlef, Dienstag, 01.02.2011, 00:03 vor 4840 Tagen @ Selly (3311 Aufrufe)

Hallo Mirans,

Fred Feuerstein hat sich hierbei sehr engagiert. Da gebührt ihm der höchste
Respekt. Danke Fred Feuerstein.

Nix für ungut, Mirans. Ich seh´s anders.

Liebe Grüße,
Selly

ja, ich wollt', wir haetten mehr schreiber vom schlage freds.
auch wenn ich seine ansichten lange nicht immer teile, er taucht ab, man denkt, er ist verdunstet - ploetzlich taucht er wieder auf, mit einem arm voller sustanzieller sachen.

gruss,detlef

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Norddeutsche BW-weisheit aus den 70ern:
Kriech heisst Kriech,
weil man im Kriech viel kriecht.
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man ist, was man isst.
ich bin gegen den verzehr von insekten.

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