Zentralblatt für Okkultismus(1914-1915): Vorzeichen des Krieges+Birnbaum auf dem Walserfeld (Schauungen & Prophezeiungen)

Fred Feuerstein, Freitag, 24.12.2010, 10:54 vor 4893 Tagen (3107 Aufrufe)

Zentralblatt für Okkultismus
Monatsschrift
zur
Erforschung der gesamten Geheimwissenschaften
Herausgegeben von Max Altmann
Schriftleiter: Arthur Grobe-Wutischky
XIII. Jahrgang (1914/1915)

Vorzeichen des Krieges.*)
Von M. Jamernegg.

Wenn ich in meinen Erinnerungen zurückgehe, so kann ich
manches mitteilen, was ich einst erzählen hörte von Großmutter und
anderen Bekannten. So sagte Man auch, wer die Neunziger Jahre
(1890 bis weiteres) überlebt, der muß einen eisernen Kopf haben; auch,
wenn man anfangen wird, blaue und rote Hüte zu tragen und die
Kleidertracht jede Woche wechselt, sich die Stadtleute wie die Landleute
kleiden und umgekehrt, wenn die Städter eine besondere Vorliebe
für das Almgehen haben werden und dort Feste veranstalten,
so ist die Zeit nahe, wo der lange vorher prophezeite Weltkrieg ausbricht.
Auch hörte ich sagen, in diesem Kriege werden so viele Männer
umkommen, daß die heiratsfähigen Mädchen dann um einen Stuhl
streiten werden, auf dem ein Mann gesessen hat.
Auch das ist mir erinnerlich, daß erzählt wurde, daß beim Getreideschnitte
und überhaupt bei den Feldarbeiten nur alte Männer,
Weiber und Kinder beschäftigt sein werden, die jüngeren, gesunden
Männer müßten fort, für das Vaterland zu streiten.
Was die Untersbergsage betrifft, wurde mir mitgeteilt, daß man
zu einer gewißen Stunde eines bestimmten Tages im Jahre Trompetenklang
und Kommandoworte ans dem Innern erschallen höre. Nach
einer Sage soll Kaiser Karl, nach einer andern Friedrich Rotbart-Bar
barossa samt seinen Getreuen in diesem Berge im tiefsten Schlafe
liegen. Der Kaiser selbst soll an einem steinernen, runden Tische
sitzen und an dem oben erwähnten Tage aufwachen und fragen, ob
die Zeit bereits da sei. Dann schickt seine Tochter die Zwerge aus,
damit sie nachsehen, ob die Raben noch den Berg umkreisen. Ist dies
noch der Fall, dann läßt er sich mit einem Seufzer wieder in seine
vorige Stellung nieder. Wenn sein Bart dreimal den Tisch umkreisen

*) Wenn auch die nachfolgenden Mitteilungen keine wissenschaftliche Beweiskraft
haben, so sind wir der geehrten Einsenderin doch dafür dankbar und
bringen sie gern zur allgemeinen Kenntnis, da sie die Aufmerksamkeit auf das weite,
aber noch so wenig bearbeitete, d. h. von sachkundigen Okkultisten umfassend und
gründlich, systematisch bearbeitete Gebiet des sogenannten Volksaberglaubens
lenken. Zweifellos birgt dieses Gebiet eine Fülle fruchtbarer Anregungen zur tieferen
Erforschung der Zusammenhänge in den Naturerscheinungen und auch noch
wenig geklärte Tätigkeitsweisen der Lebenskraft im allgemeinen, der Psyche im
besonderen. Wenn Mitteilungen wie die folgenden und ähnliche, in meinem Buche
über den „Weltkrieg 1914 in der Prophetie" angeführte dazu beitragen, systematische
Studien und Forschungen. im obigen Sinne zu fördern, so würden sie neben der
Unterhaltung einen tiefernsten Zweck erfüllen. A. 0.W.

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kann, dann ist der Tag nahe, wo sich die Raben nicht mehr sehen
lassen. Dann weckt ihn seine Tochter mit den Worten: „Jetzt ist es
Zeit!" Der sagenhafte Kaiser nimmt sein Schwert und heißt seine
Mannen sich rüsten zum Streite, der auf der Walserheide ausgefochten
werden wird; sie eilen den deutschen Heeren zu Hilfe und siegen. Auf
dem Birnbaum (Zusatz I) werden drei Kaiser ihre Schwerter aufhängen;
auf dem Walserfelde wird es viele Rinnen geben, in denen
das Blut der Gefallenen sickert.
In meinem gegenwärtigen Wohnorte wohnt ein 72 jähriger
Grundbesitzer. Im Jahre 1913 bemerkte dieser Mann, daß es in der
Christnacht ein heftiges Windesstoßen gab. Darauf äußerte er sich
manchmal, daß nun bald ein Krieg ausbrechen werde, er spüre es aus
einigen Anzeichen.*) Er kaufte auch tatsächlich im Frühjahre 1914
einen Wiesengrund für 6000 Kronen an, um, wie er sagte, sein flüssiges
Geld in Grund und Boden anzulegen. Dieser habe auch bei Kriegszeiten
immer seinen Wert.
Auch als sich ein wildes Tier seit Mai 1913 in der nahen Stubalpe
bemerkbar machte und Schafe niederriß, Kälber und Kühe anfiel, diesen
aus den Flanken Stücke Fleisch herausfraß, da meinte dieser alte
Mann: "Das ist ein schlechtes Zeichen. Wenn so ein wildes Tier in
die Gegend kommt, dann gibt es meistens einen schlimmen Krieg und
Teuerung."
Ich dachte mir, dies wird wohl nur eine Idee des Mannes sein,
aber auch das hat sich bewahrheitet. Das Raubtier, ein Wolf (Zusatz
III), wurde nach vielen vergeblichen Bemühungen (das ganze
Stubalpengebict war voll von Gendarmen, Jägern, Treibern), erst
nachdem es ins Koralpengebiet wechselte, erlegt.
Es wurde öfters erwähnt, daß nach dem großen Kriege die Häuser
so billig werden, daß man um einen alten Taler eine Wohnstätte wird
kaufen können; es wird so wenig Menschen geben, daß viele Wohnungen
leer stehen und die Felder brach (unbearbeitet) liegen müssen.
Wahrscheinlich ist beim alten Taler wohl der numismatische
Wert gemeint, da ja viele Leute noch aus Liebhaberei solch alte Erbstücke
aufbewahren. —
In neuer Zeit wurde auch manchmal in gehässiger Weise über
die Neubauten, Schulhäuser, öffentlichen Gebäude u. dgl. gesprochen
und diese als Kasernen bezeichnet, die wie Pilze aus dem Boden
herauswüchsen. Heute dienen viele dieser Stätten unseren braven
*) Es wäre uns sehr wertvoll, wenn solche Leute Genaueres über die Art
ihrer Wahrnehmungen und über die Anleitung zur Beachtung von sonst doch meist
als bedeutungslos übersehenen Vorgängen bekannt geben. Sie würden dann der
Forschung einen guten Dienst erweisen. A. G.-W.
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Soldaten als Unterkunft, es wird den Verwundeten in denselben die
liebevollste Pflege zuteil.
Da sieht man, wie oft in einem unbedachten Wort eine bittere
Wahrheit steckt.
Im verflossenen Sommer 1914 wurden viele Becherpilze (Zusatz
IV) auf Feldern und in Gärten gefunden, die beinahe leer waren. Da
meinten manche hiesige Bewohner, daß dies ein trauriges Zeichen
sei; es deute darauf hin, daß schwere Zeiten kommen, daß die Menschen
kaum das Notwendigste an Lebensmitteln haben werden und
daß alles sehr karg und nichts sättigen wird.
(Nun, es hat beinahe den Anschein, denn die Teuerung ist hier
groß, Mehl beinahe- keines mehr zu bekommen.)
Es war im vergangenen Frühjahr eine starke rötliche Färbung
des Morgen- und Abendhimmels zu bemerken. Ältere Leute deuteten
daraus, daß es einen furchtbaren Krieg geben werde und viele junge
Leute zugrunde gehen müssen.
Als weiland seine k. k. Hoheit Erzherzog Franz Ferdinand (Zusatz
II) seine Reise nach Bosnien antrat, war es mir so sonderbar zu
Mute. Ich dachte mir, wenn ich den hohen Herrn nur warnen könnte,
wenn er nur krank würde, damit er nicht fort könnte. Ich habe für
den Erzherzog sowie seine Gemahlin und Kinder stets besonders geschwärmt
und immer, wo ich ein Bild fand, es mit Vorliebe betrachtet.

Zusätze.

I. Der Birnbaum auf dem Walserfeld.
(Adelbert von Chamisso.)
1. Es ward von unsern Vätern mit Treuen uns vermacht
Die Sage, wie die Väter sie ihnen überbracht;
Wir werden unsern Kindern vererben sie aufs neu.
Es wechseln die Geschlechter, die Sage bleibt sich treu.
2. Das Walserfeld bei Salzburg — bezeichnet ist der Ort --
Dort steht ein alter Birnbaum verstümmelt und verdorrt;
Das ist die rechte Stätte, der Birnbaum ist das Mal,
Geschlagen und ge-würget wird dort zum letzten Mal.
3. Und ist die Zeit gekommen und ist das Maß erst voll,
Ich sage gleich das Zeichen, woran man's kennen soll.
So wogt aus allen Enden der sündenhaften Welt
Der Krieg mit seinen Schrecken heran zum Walserfeld.
4. Dort wird es ausgefochten, dort wird ein Blutbad sein,
Wie keinem noch die Sonne verliehen ihren Schein;
Da rinnen rote Ströme die Wiesenrain' entlang;
Da wird der Sieg den Guten, den Bösen Untergang.
5. Und wenn das Werk vollendet, so deckt die Nacht es zu,
Die müden Streiter legen auf Leichen sich zur Ruh';
Und wenn der junge Morgen bescheint das Blutgefild,
Da wird am Birnbaum hängen ein blanker Wappenschild.
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6. Nun sag' ich euch das Zeichen. Ihr wißt den Birnbaum dort,
Er trauert nun entehret, verstümmelt und verdorrt.
Schon dreimal abgehauen, schlug dreimal auch zuvor
Er schon aus seiner Wurzel zum stolzen Baum empor.
7. Wann nun sein Stamm, der alte, zu treiben neu beginnt
Und Saft im morschen Holze auf's neu lebendig rinnt
Und wann den grünen Laubschmuck er wieder abgetan,
Das ist das erste Zeichen, es reift die Zeit heran.
8. Und hat er seine Krone erneuert dicht und breit,
So rückt heran bedrohlich die lang' verheiß'ne Zeit;
Und schmückt er sich mit Blüten, so ist das Ende nah;
Und trägt er reife Früchte, so ist die Stunde da.
9. Der heuer ist gegangen zum Baum und ihn befragt,
Hat wundersame Kunde betroffen ausgesagt:
Ihn wollte schier bediinken, als rege sich der Saft
Und schwöllen schon die Knospen mit jugendlicher Kraft.
10. Ob voll das Maß der Sünde? Ob reifet ihre Saat
Der Sichel schon entgegen? Ob die Erfüllung naht?
Ich will es nicht berufen; doch dünkt mich eins wohl klar;
Es sind die Zeiten heuer gar ernst und sonderbar.

II. Die weiße Gemse weiland des Erzherzog-Thronfolgers.
In den „Mitteilungen des niederösterreichischen Jagdschutzvereines" ist
folgende Notiz enthalten: Ende August 1913 erlegte Erzherzog Franz Ferdinand in
den Gollinger Bergen eine Gemse von silberweißer Farbe, ein außerordentliches,
seltenes Stück, das er sofort dem seit 20 Jahren bei ihm beschäftigten Kammerpräparator
A. F. Abraham in Wien übergab. Während der Erzherzog sich seines
Jagdglückes freute, lastete es auf allen Salzburger Hochgebirgsjägern wie ein Alpdruck,
als sie davon hörten. Denn unter ihnen ist der Aberglaube verbreitet, jeder
Jäger, der eine weiße Gemse erlegt, müsse binnen Jahresfrist sterben. Wirklich
bewahrheitet sich in diesem Falle de-r Aberglaube auf die schrecklichste Art. Denn
Ende August 1914 jährte sich der Abschußtag, und Erzherzog Ferdinand schläft
durch gedungene Mörder getötet, in seiner Grifft zu Artstetten den ewigen Schlaf.
III. Der Wolf von der Stubalpe, genannt Bauernschreck, wurde im
Monate März vom gräflich Henkel-Donnersmark'schen Jäger im vorigen Jahre (1914)
im nördlichen Teile des Koralpengebietes erlegt, in Graz zur Besichtigung gegen
Entgelt ausgestellt und nach Wolfsberg in Kärnten gebracht, dort präpariert und
im Rathause aufgestellt.
IV. Die kleinen Becherpilze, auch Nestlinge, Trommelpilze, lat.
Cyathus, wurden in den Monaten August, September 1914 in den Gärten und auf
den Feldern in großer -Mehrzahl beobachtet. Es war nur im Innern dieser kleinen
Becherpilze der Boden bedeckt, sonst waren sie leer. Sind sie voll, ist Aussicht
auf gute Zeiten; im andern Falle ist Mangel an Lebensmitteln und Hungersnot zu
befürchten.
V. Tatsächlich sind auch aus diesem kleinen Orte die meisten jungen und
älteren Männer fort; einige bereits in fremder Erde ruhend, andere in Gefangenschaft,
wider andere zu Krüppeln geworden.

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Prognosen sind schwierig, besonders, wenn sie die Zukunft betreffen. (Karl Valentin)

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