Zentralblatt für Okkultismus(1915-1916): Mainzer Prophezeyung von 1670 (Schauungen & Prophezeiungen)

Fred Feuerstein, Freitag, 24.12.2010, 10:51 vor 4894 Tagen (2144 Aufrufe)

Zentralblatt für Okkultismus
Monatsschrift
zur
Erforschung der gesamten Geheimwissenschaften
Herausgegeben von Max Altmann
Schriftleiter: Arthur Grobe-Wutischky
IX. Jahrgang (1915-1916)

Zwei Kriegsprophezeiungen 1670 und 1813
Kritisch besprochen von Archivar a. D. F. W. E. Roth.
(eig. Anm.: Im folgenden nur Auszüge die „Mainzer Prophezeyung von 1670“ betreffend: S 112 – 118)
…………
Interessant ist, daß bei ausgebrochenen Kriegen oder deren Verlauf
da und dort Kriegsprophezeiungen auftreten, bewundert und
überschätzt, geprüft und verworfen werden. Die Sache ist ja aktuell.
Die Stoffe zu diesen Prophezeiungen sind häufig zweifelhafter Natur
und nicht selten so zeitgemäß waschecht dargestellt, daß die Entstehung
nach den Ereignissen gesetzt werden muß und an den prophetisch
in Aussicht gestellten Ereignissen nachweisbar ist. Die Fälschung
geschieht aus Lust am Irreführen der Menschen in den meisten Fällen,
denn alle derartigen Prophezeiungen haben einen Anhang noch nicht
eingetretener Ereignisse, der um so mehr Glauben findet, je mehr Ereignisse
bereits eingetreten sind und sich als solche nachweisen lassen…
……..
In dem Nachlaß des 1814 gestorbenen Mainzer Domkapitulars
P. Schunk, wie ihn der Dekan Hertel, Stadtpfarrer zu Oppenheim,
pietätvoll der Mainzer Seminarbibliothek überlieferte, fand ich etwa
1888 eine "Prophezey 1670", die im Mainzer Anzeiger vom 1. März
1915 abgedruckt ist, nachdem ich meine Abschrift Jahrzehnte lang als
Merkwürdigkeit aufgehoben und nie daran dachte, solche veranlassungsweise
zu veröffentlichen.
Ich bezeuge amtlich, da hier Zeit und Material der Niederschrift
besprochen werden müssen, daß das Aktenstück von einer Hand des
18. Jahrhunderts auf einen Bogen graublaues Kanzleipapier dieser Zeit
geschrieben ist. Es ist also eine ältere Abschrift nach Vorlage des
17. Jahrhunderts, wie die Angabe 1670 dartut. Ausdrücke wie „Moskowiterey,
Armada, Mongoley,Polackenland, Artollerey, Naphta" sprechen
dafür, daß die Abfassung der Zeit um 1670 angehört, wie auch
die alte Schreibweise in die Abschrift überging. Der Text ist unantastbar
echt. Der Verfasser war kein gewandter Literat, sondern
ein gebildeter Mann, dessen Schreibweise hier und da Härten im
Stil aufweist. Daß er ein Geistlicher war, ist nicht nachweisbar. Ob
der Kurfürst Johann Philipp von Mainz als Empfänger des Aktenstücks
ins Auge gefaßt war, eine Beeinflussung desselben durch die
erwähnte Sybille von Kermel die Entstehungsursache bildete, läßt
sich nicht feststellen. Ob der bekannte Reifenberger, der ja die Sibylle
als Werkzeug benutzte, hier verborgen, ist schwer zu sagen. Daß der
Kurfürst zeitweise an Angstgefühlen litt und diese Prophezeiung einen
Druck auf denselben ausüben sollte, ist immerhin möglich. Es liegt
aber auch nahe, daß ein gebildeter politischer Kopf sich ahnungsvoll
über die Zukunft bis ins 20. Jahrhundert aussprach und vieles richtig
voraussah. Die Angaben sind wie in allen echten Prophezeiungen
ziemlich unklar und auch wieder genau zutreffend, je nach der Deutung.
Die Hauptsache ist die richtige Erkenntnis des Auf- und Abgehens
Irt der Führung mancher Völker. Der Verfasser war kein
Freund der Franzosen, kein Liebhaber ihrer Sitten und ahmte solche
nicht nach; er erscheint als biederer Deutscher, der fremden Einfluß
verwarf. Richtig erkannte er, daß das Ansehen Ludwigs XIV. einst
niedergehe und bei der Leichtblütigkeit der Franzosen der Nieder--
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gang mit einem Königsmord enden werde. Menschenkenntnis mußte
dem Verfasser sagen, daß die Nachahmung französischer Laster und
Gottlosigkeit, das Auftreten politischer Streber und tiofleute mit einem
bösen Ende abschließe. Daß dann in Napoleon I. ein anderer Menschenkenner
kam, sich einen Kreis Anhänger, auch unter deutschen
Fürsten erwarb, als Stützen der Gesellschaft den Adel und Klerus bedrückte,
da beide Teile nicht zu seinem System paßten, daß Polen und
Rußland, die Moskowiterey, den Abschluß bildeten, konnte ein hochpolitischer
Kopf annähernd ahnen. — Nur die Türken waren noch
nicht zu Cöln. (Ob damit nur das Zusammenarbeiten angedeutet
ist oder der Besuch einzelner türkischer Würdenträger im deutschen
Hauptquartiere, muß jetzt eine offene Frage bleiben. D. Schrftltg.)
Luftschiffe, Wagen ohne Pferde und Kugeln, die weiter schossen,
mithin Sprengkugeln, kannte man 1670 bereits. J. J. Becher erwähnt
dieser Dinge als „Leibnitzens Postwagen, Schiff unter Wasser, Fliegapparat"
1686 in seiner Schrift: „Närrische Weisheit" etc. Daß derartiges
ijn 20. Jahrhundert ebenfalls verwendet werde, lies sich voraussehen.
Wir nennen diese Sachen Tauchboot, Auto, Luftschiff und Granaten.
Der Verfasser der „Prophezeiung" drückte sich zeitgemäß aus
und kennzeichnet damit die Entstehungszeit. Der Verfasser schildert die
Kriegsverhältnisse, wie solche stets verlaufen. Diese kritische Untersuchung
sichert dem Schriftstück die Entstehung um 1670 zu.
……
Lesern dieser Zeitschrift sei
der Abdruck der „Prophezeiung 1670", da nicht alle den „Mainzer
Anzeiger" halten können, an dieser Stelle wiederholt.

Prophezeyung 1670
Die Gestirne künden, es wird in Frankreich ein großer Herrscher
kommen, sein Landt groß und dann kleyn machen. Ruin seines Volks
im Innern bey äußerm Glanz wird seyne Nachkommen treffen. Das
wird die Welt teuschen und Teutschlands Adel zum Nachäffer machen.
Nicht lange. Dann wird eine ruina mundi kommen, Laster und
Gottlosigkeit werden mit dem Recht und Wohlstand fechten. Gewissenlose
Streber werden sich zeigen. Köngsmord und Vieler Un-
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tergang wird kommen. Es wird ein großer Mann kommen, Teutschlands
Fürsten gewinnen und sich geneigt machen, für ihn die alte
Welt zu erobern. Adel und Geistlichkeit wird geknechtet werden.
Um Polen und die Moskowiterey wird schwer gekämpft werden, aber
der Nordstern der Freiheit aufgehen. Ruhe und Erschöpfung der
Völker wird kommen. Ein neuer Krieg lenkt in andere Bahnen.
Und der Norden wird Führer Teutschlands werden. Und wie
das kommende Saeculum die großen Kriege bringen wird, so wird
das künftige Saeculum einen neuen Krieg bringen. Die englische Armada
wird am Streit teilnehmen.* Zur Zeit der Kornblüte werden
Teutschlands Feinde über dasselbe herfallen, aber in schwerem Ringen
wird Teutschland sich der Gegner erwehren. Und Mongoley und
Polackenland wird großes Blutvergießen sehen. Der Türck wird
Teutschlands Helfer seyn und seyne Pferde im Rhein bei Cöln tränken.
Den niederteutschen und burgundischen Kreys wird Teutschland
wieder haben und ans Meer gelangen. Eine große Armada wird entstehen.
Wunderbares wird kommen. Man wird wie die Vögel des
Himmels in Lüften fliegen, mit Wagen ohne Pferde fahren, die Artollery
wird Kugeln schleudern, die wieder weiter schießen. Und das
unlöschbare Feuer Naphta wird Städte und Flecken zerstören. Und
auch die Frauen werden am Streite teilnehmen. Der Witwen und
Waisen wird eine große Menge seyn und wehe, wehe wird die Welt
schreyn. Denn groß wird Hunger und Elend seyn und man um einen
Laib Brot drey der besten Äcker bieten. Mißwachs und Heuschrecken
werden kommen. Und Jahre wird das Elendt dauern. Und w erden
sterben nach der kabbalistischen Rechnung der Kreuzung des Sterns
Ismael mit Josef dreimal 5,555,555 Menschen, Jung und Alt. Aber es
wird Einfachheit des Lebens kommen und reiche Ernten das Gedeihen
der Völker fördern. Das sagt die berühmte Hellseherin Sibylle von
Kermel aus der Asche einer Wurzel einer Ceder vom Libanon und
der Hand eines gefallenen Moskowiters. Fiat, fiat, fiat. Es
kommt alles allweg, wie es Gott schickt. Amen."

über die Sybille von Kermel vgl. Müller, „Die sieben letzten Kurfürsten
'von Mainz", S. 131., „Die Sybille von Kermel." Von Alois Henninger
in der Didakolia 1856. Frankfurt a. M.

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Prognosen sind schwierig, besonders, wenn sie die Zukunft betreffen. (Karl Valentin)

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