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Joachim von Fiores Bedeutung (Schauungen & Prophezeiungen)

Taurec ⌂, München, Donnerstag, 22.03.2012, 22:52 (vor 4420 Tagen) @ Rico (3227 Aufrufe)
bearbeitet von Forumsleitung, Donnerstag, 22.03.2012, 23:34

Hallo!

Ich frage mich, was Joachim von Fiore im Lexikon der Prophezeiungen zu suchen hat.

Der Mann hatte keine Schauung, sondern er hat auf Grundlage des kirchlichen Lehrgebäudes ein Modell der Geschichte erdacht. Damit war er einer der ersten, die das historische Weltgefühl des faustischen Menschen, das alles als Entwicklung auffaßt, in einer Philosophie ausgedrückt haben. Er steht daher am Anfang einer Entwicklung, an deren Ende Spengler u. a. stehen.
Bis Joachim war das Weltbild dem Ursprung des Christentums im jüdisch-arabischen Kulturkreis entsprechend dualistisch und kannte nur die beiden Pole der Gegenwart (seit der Weltschöpfung) und der Zeit nach der Ankunft des Messias und dem Ende der Welt, mit dem das Reich Gottes beginnen sollte. (Nebenbei: Die fixe Idee, daß Jesus wiederkehren müßte, kommt wohl daher, daß die Welt nach seinem Tode nicht sofort unterging und man daher ein zweites Kommen des Messias in die Zukunft projizierte.)
Joachim hat diesen Dualismus überwunden, indem er ein drittes Zeitalter postulierte und damit dem dumpfen Gefühl Ausdruck verlieh, die Welt würde sich durch verschiedene Zeiten hindurchentwickeln, das uns bis heute nicht verlassen hat. Dafür sind nun mal mindestens drei Zeitalter nötig.
Das heißt, Joachim ist zwar kulturmorphologisch und religionsgeschichtlich interessant, für uns aber praktisch belanglos, weil er im Grunde kein Zukunftswissen bietet, sondern eine Anpassung des christlichen Weltbildes an die abendländische Seele.

Gruß
Taurec


„Es lebe unser heiliges Deutschland!“

„Was auch draus werde – steh zu deinem Volk! Es ist dein angeborner Platz.“


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