WebenUndNaehen


Was tun, wenn es irgendwann mal keine fabrikmäßig gefertigte Kleidung mehr gibt, wenn man die alten Klamotten so oft geflickt hat, daß sie von selbst stehen und nicht mehr in sich zusammenfallen, wenn die Socken und Strümpfe so viele Löcher haben, daß sie nicht mal mehr als Wasserfilter taugen?

Was, wenn die guten Survival-Stiefel nach spätestens 4-5 Jahren auseinanderfallen und nicht mehr repariert werden können, wenn die Gürtel reißen und sogar die strapazierfähigen Lederhosen Löcher kriegen

Dann heißt es Faden und Zwirn selber herstellen, selbst spinnen und weben und selbst nähen. Dann heißt es, gerben lernen und sich selbst Stiefel, Schuhe und Hosen oder Hemden machen.

Empfehlenswert sind in so einem Fall, die alten mittelalterlichen Schnitte wieder hervorzukramen. Die Kleidung ist zweckmäßig, sehr bequem, einfach herzustellen und ist sehr auf geringen Materialverbrauch ausgelegt. Deshalb habe ich Stoffe, Leder, Nadel und Faden (respektive Nähmaschine) und Ahle rausgekramt um neue Mittelalter-Klamotten zu nähen und um neue Stiefel und Gürtel, Schnallen und Beschläge zu machen.

Wenn der Zusammenbruch kommt (und der kommt - fragt sich nur wann), dann gibt es nix mehr zu kaufen. Leute, die gut ausgerüstet sind, können ausgeplündert werden, oder die sündteure Kunstfaserjacke fängt sich ein faustgroßes Brandloch am Lagerfeuer. Kleidung wächst nicht auf Bäumen, also ist selbermachen angesagt.

Aus Gräsern und Rindenfasern (idealerweise Flachs oder Hanf) kann man Fäden und Schnüre drehen. Aus langen Gräsern kann man sich grobe, einigermaßen haltbare Stücke weben oder flechten und sie dann mit Schnüren zusammenbinden. Für Wollkleidung braucht es Schafwolle, Baumwolle wächst bei uns nicht. Für Leder muß man erstmal erfolgreich gejagt haben oder sich entsprechende Tiere halten (in einer Stadtwohnung wohl etwas problematisch).

Geeignet sind auch Nesselfasern (gemeine Brennnessel), aus der früher die arme Bevölkerung ihre Stoffe herstellte. Nicht so haltbar wie Leinen aus Flachs oder Hanf, dafür billig und genauso zu verarbeiten. Das alles ist ziemlich zeitaufwändig und braucht teilweise spezielle Werkzeuge (wobei man manches davon mit einem guten Messer selbst schnitzen kann). Einiges davon wird hier sehr anschaulich erklärt.

Ich kann zwar ein bisschen (eher schlecht, aber wenigstens hab' ich es schon mal ausprobiert) spinnen und weben, da ich weder Zeit noch Lust habe, mir aus den Naturfasern erst den Faden selbst zu spinnen, den Stoff zu weben und zu färben, habe ich mir einfach ein paar gute Stoffe gekauft. Ich brauche die Gewänder ja im Frühjahr. Leinen (für Hemd und Bruche), Wolle (für die Tunika und Beinlinge) und Woll-Loden (für den Mantel und Gugel) und roten und weißen Leinenköper für den Wappenrock. Dazu Faden und Nähseide in verschiedenen Stärken. Das Zeug soll und muß viele Jahre halten.

Der Mantel wird ein Halbkreismantel aus dichtem Woll-Loden, gefüttert mit Leinen (im Hochmittelalter ein "Reiche-Leute-Mantel", sogar weniger vermögende Ritter mussten sich oft mit dünnen, ungefütterten Mänteln begnügen. Fell- und seidegefütterte Kleidung blieb dem Hochadel und besonders reichen Kaufleuten vorbehalten). Mantel und die ebenfalls gefütterte Gugel (Kapuze mit Schulterkragen) müssen ein richtiges Dreckswetter aushalten. Auf Mittelaltertreffen herrschen immer zwei Wetterbedingungen vor: zu heiß oder zu naß-kalt - wie im richtigen Leben manchmal sogar am selben Tag!

An die Bruche (die mittelalterliche Unterhose - sieht aus wie knielange Boxershorts) werden die Beinlinge festgebunden. (Sorry - die Damen mussten damals auf Dessous verzichten). Über das ganze kommt ein Leinenhemd und darüber die Tunika. Dazu noch Lederschuhe oder Stiefel mit dünner Sohle. Damit man sich die teuren Schuhe nicht versaute oder durchlief, wurden darunter "Trippen" gebunden. Trippen sind eine Art Holzsandale mit dicker Sohle (Plateausohle) mit denen man durch den gelegentlich knöcheltiefen Schlamm latschen (eher trippeln) kann ohne allzunasse Füsse zu kriegen.

Alles einfach zu machen, zweckmäßig, haltbar und äußerst bequem. Da wird kein Körperteil eingeschnürt. Normalerweise verwende ich eine elektrische Nähmaschine (zumindest für die nicht sichtbaren Nähte). Die sichtbaren Nähte mache ich per Hand. Habe aber noch eine alte fußbetriebene Nähmaschine rumstehen, die auch noch ganz ordentlich funktioniert, wenn man ab und zu den Antriebsriemen nachspannt.


Weiterführende Links:


Hauptportal für Mittelalter mit Forum und vielen Links:

http://www.tempus-vivit.net/


Zwei Linkseiten zu vielen anderen gesammelten Quellen für alle möglichen Zeitalter. Von Steinzeit bis Star Wars:

http://www.costumes.org/

http://www.milieux.com/costume/


Materialgewinnung:

Material-Verarbeitung


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Letzte Änderung: 17.2.2005 18:08:36 - Autor: Schwimmer - Letzter Autor: Röde Orm
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