Sepp Wudy

Aus Schauungen, Visionen & Prophezeiungen

Sepp Wudy, Knecht eines Bauern aus dem Frischwinkel, soll zwischen 1910 und 1914 auf Anfragen seines Bauern erstaunliche Prophezeiungen geäußert haben, die dieser in seinen Kalender notiert haben soll. Der Böhmerwalddichter Hans Watzlik soll vom Sohn des Bauern auf Wudys ehemaligem Hof Einsicht in den Kalender bekommen, sie abgeschrieben und 1944 dem Autor Paul Friedl überreicht haben, der sie wiederum 1974 in seinem Buch „Prophezeiungen aus dem bayerisch-böhmischen Raum“ veröffentlichte. Daß Watzlik bereits 1921 über Wudy bescheid wußte, geht aus Watzliks 5. Heft „Böhmerwald-Sagen“ hervor.

Anekdote in Hans Watzliks Böhmerwald-Sagen von 1921[1]

Der seltsame Sepp

In Eisenstein lebte ein einschichtiger Mann, der ging von Hof zu Hof in die Kost und ließ sich dabei zu allerhand Arbeit brauchen: fehlte ein Knecht, so machte er den Knecht; ging ein Ochsenbub ab, so machte er den Ochsenbuben; wohin man ihn stellte, dort taugte er. Er hatte viel Wunderliches in sich, und er lachte allemal, wenn einem etwas gestohlen wurde, und sagte: ‚Den Dieb kann man stellen; aber man muß das wissen, was ich weiß.‘

Da mähten einmal die Leute, und der Sepp, so ließ sich der Bruder Seltsam schreiben, half dabei fleißig aus. Zu Mittag gingen sie essen, und der Sepp hängte seinen Mähdergürtel an einen Wagen. Wie sie wieder auf die Wiese kamen, war der Gürtel samt dem Kumpf und dem Wetzstein gestohlen. Jetzt spotteten alle: ‚He, Sepp, du kannst ja was! Jetzt schau dazu, daß du wieder den Gürtel kriegst!‘ Der Sepp ging gleich ins Dorf und bat um eine Kreide, um eine Wachskerze und um ein Häflein, drin noch nichts gewesen war. Dann zog er mit der Kreide einen Kreis um sich und zündete die Kerze an, hernach stürzte er das Häflein um, gab das Licht darauf und stellte es zwischen seine Füße und fing an, aus einem schwarzen Büchel zu lesen. Da packte der Zauber den Dieb, und wie weit er auch gegangen war, er mußte umkehren und den Mähdergürtel bringen. Jetzt wußten die Leute, daß der Sepp etwas konnte, und spöttelten nimmer. Im selben Jahr aber durfte der Sepp nicht beichten, und wenn er in der Kirche war, mußte er davon, ehe der Pfarrer den Weihbrunn spritzte. Auch sagte er damals: ‚Wenn ich heuer sterben sollt, dürft ihr mir keinen Geistlichen holen!‘“

Von Paul Friedl 1974 veröffentlichte Aussagen[2]

„Wie der Sepp hat einrücken müssen, hat er gesagt, er kommt nicht wieder, weil er in Eis und Schnee sterben muß. Er fiel im Ersten Weltkrieg in den Dolomiten.
Das ist nicht der letzte Krieg hat er gesagt, denn dann wird bald wieder einer sein, und dann erst kommt der letzte. Einer wird schrecklicher als der andere.
Wenn du es erleben tätest, könntest deinen Vetter in Wien von deiner Stube aus sehen, und wenn du ihn schnell brauchtest, könnte er in einer Stunde da sein.
Der Böhmerwald wird einmal versengt werden wie ein Strohschübel.
Rennt nicht davon, wenn die grauen Vögel fliegen, woanders wird es noch schlechter sein.
Es geht dem Ende zu, und das hat schon angefangen. Es wird dann wieder sein wie vor hundert Jahren. So wird es die Leute zurückwerfen, und so werden sie für ihren Übermut bestraft.
Du hast das Essen vor dir und darfst es nicht essen, weil es dein Tod ist, und hast das Wasser im Grandl und darfst es nicht trinken, weil es auch dein Tod ist. Aus dem Osser kommt noch eine Quelle, da kannst du trinken.
Die Luft frißt sich in die Haut wie Gift. Leg alles an, was du an Gewand hast, und laß nicht das Nasenspitzl herausschauen.
Setz dich in ein Loch und wart, bis alles vorbei ist, lang dauert’s nicht, oder such die eine Höhle am Berg.
Wenn dir die Haare ausfallen, hat es dich erwischt.
Nimm ein Kronwittbirl in den Mund, das hilft, und sauf keine Milch, acht Wochen lang.
Es wird schlimm, und die Nachgeborenen müssen erst wieder schreiben und lesen lernen.
Der Anlaß wird sein, daß die Leute den Teufel nimmer erkennen, weil er schön gekleidet ist und ihnen alles verspricht.
Wenn kein Uhmanndl mehr schreit und die Hasen zum Hause kommen und umfallen, dann geh weg vom Wasser und mähe kein Gras.
Dann gibt es keine Grenze mehr gegen Bayern, aber wo du dann bist, kann ich nicht sagen.
Aber was sag ich? Dich geht es ja nichts mehr an, aber sag es deinen Kindern und Kindskindern. Die haben damit zu tun und erleben am End die ganze Geschichte.
Ich verstehe auch die Leut nicht, daß sie gar kein Herein (Genügsamkeit) haben, und sie werden alleweil schlimmer und gottloser, so daß es kommen muß, und, wie gesagt, es wird wieder sein wie vor hundert Jahren.
Sehen tät ich noch mehr, aber ich kann es nicht begreifen und nicht sagen.
Mit dem Glauben geht es bergab, und alles wird verdreht. Kennt sich niemand mehr aus. Die Oberen glauben schon gar nichts mehr, die kleinen Leut werden irre gemacht. In der Kirche spielen sie Tanzmusik, und der Pfarrer singt mit. Dann tanzen sie auch noch, aber draußen wird ein Himmelszeichen stehen, das den Anfang vom großen Unheil ankündigt.
Es steht gegen Norden ein Schein, wie ihn noch niemand gesehen hat, und dann wird ringsum das Feuer aufgehen.
Geh nach Bayern, dort hält die Muttergottes ihren Mantel über die Leut, aber auch dort wird alles drunter und drüber gehen.
Es wird alles kommen, wie es der Stormberger gesagt hat, aber er hat nicht alles gesagt, oder sie haben ihn nicht verstanden. Denn es kommt viel schlimmer.
Bauer sag es deinen Kindern, sie sollen dem Berg zu rennen, wenn es kracht. Sehen tät ich noch mehr, aber ich kann es nicht begreifen und nicht sagen. Ich bin nur ein Knecht und ich weiß nicht, ob es ein guter oder ein böser Geist ist, der mir diese Sachen vormacht. Aber ich weiß, daß es einmal wahr werden wird.“

Quellen

  1. Watzlik, Hans: Böhmerwald-Sagen (= Böhmerwalder Dorfbücher, Heft 5). Budweis 1921.
  2. Friedl, Paul: Prophezeiungen aus dem bayerisch-böhmischen Raum. Rosenheim 1974.