Nostradamus: der Irlmaier der Renaissance (Schauungen & Prophezeiungen)

Leserzuschrift @, Montag, 26.12.2016, 13:16 vor 2677 Tagen (2806 Aufrufe)

[Anm. Taurec: Einsendung bereits vom 20. Dezember. Die Verzögerung bitte ich zu entschuldigen. Ich eröffne einen neuen Faden, damit der überlange alte nicht noch weiter anwächst.]

Hallo!

Weil ich mich schon öfter an Nostradamus-Datierungen versucht habe, will ich meine inzwischen gewonnene Sicht auf Nostradamus kundtun.

Vielleicht hatte Nostradamus selbst ein paar kleinere Schauungen. Vielleicht nur persönliches betreffend. Entweder deswegen oder wegen seiner astrologischen Tätigkeit (ein Bestandteil jeder ernsthaften Beschäftigung mit Medizin) kamen Leute zu ihm, um ihn nach der Zukunft zu fragen. Ähnlich wie es später Irlmaier erging. Ähnlich wie Irlmaier sammelte Nostradamus daher alte Voraussagen und zitierte daraus. Da war so manche Wanderlegende dabei und so landeten die Ex-eventu-Prophezeiungen in den Centurien.

BBouvier hält Nostradamus für einen mittelmäßigen bis miserablen Astrologen. Der ‚astrologue du roi‘ sah das selbst völlig anders! Der König Frankreichs offenbar auch. Natürlich hatte Nostradamus keine modernen Ephemeridentabellen zur Verfügung. Aber ein Astrologe der Renaissance wäre auch völlig entsetzt angesichts der Unfähigkeit heutiger Astrologen nichtmal eigene Ephemeridentabellen erstellen zu können!

Weil Nostradamus ‚astrologue du roi‘, also der köngliche Hofastrologe, war und darum offenbar ein sehr fähiger Astrologe, versuchte er sich darin, die gesammelten Schauungen zu datieren. Das Resultat dieser Versuche sind die Centurien, von denen Nostradamus wahrscheinlich meinte, sie chronologisch geordnet zu haben.

Um die Schauungen zu datieren, wird Nostradamus zunächst nach darin enthaltener Symbolik gesucht haben. Wenn man zum Beispiel einen Herrscher kennt, der sich Henry der Löwe nennt, dann hat man sowohl das Zeichen als auch das Sternbild des Löwen als naheliegende Möglichkeiten den am Himmel repräsentiert zu sehen. Wenn man als weiteres Beispiel einen Herrscher kennt, der als der Sonnenkönig bekannt ist, dann ist die Sonne die naheliegende Möglichkeit, den am Himmel repräsentiert zu sehen. Diese Beispiele sind natürlich viel zu einfach. Auf Sonne = Sonnenkönig kommt man bei der Interpretation schließlich recht bald, falls der Rest des Verses paßt.

Die Zyklen kommen dann hinzu. ‚Wie oben so unten‘ ist allerdings keine irrige Annahme, sondern eines der hermetischen Gesetze. Wenn sich am Himmel etwas wiederholt, dann wird sich auch auf der Erde etwas wiederholen. Das heißt korrekterweise nicht irrige Annahme, sondern Metagnose. Die Metagnose haben auch die Börsenspekulanten für sich entdeckt (bei denen heißt sie Charttechnik) und zwar jene, die an der Börse ganz viel Geld scheffeln und deren einzige Arbeit darin besteht, ihr Geld zu zählen. Die astrologische ‚Prognose‘ beruht immer auf Metagnose und insofern ist die Bezeichnung Prognose für eine astrologische Vorhersage falsch. Mittels der Astrologie kann man nicht prognostizieren. Man kann aber den Himmel beobachten und man kann Ereignisse auf der Erde beobachten und wenn (nicht falls) man feststellt, daß sich beide wiederholen, dann kann Zuordnungen machen und das eine Vorhersage nennen. Tatsächlich kann man mit jeder beliebigen Kultur und Zeitepoche zeigen, daß sich Geschichte wiederholt. Die Ereignisse am Himmel wiederholen sich schon aufgrund der Keplerschen Gesetze.

Die Datierung von X/67 auf den 04. Mai 1543 sollte nun endlich enthüllen, was ‚nonnay‘ bedeutet. Leider weiß ich immernoch nicht, was ein Nonnay ist.

Gruß,
Ranma

--
Benutzerkonto für Leserzuschriften

E-Mail an:
[image]

Einzustellenden Text und Beitragstitel angeben!

Avatar

Nonnay

Taurec ⌂, München, Montag, 26.12.2016, 13:26 vor 2677 Tagen @ Leserzuschrift (2477 Aufrufe)

Hallo!

Zu Nonnay in X/67haben wir im Augenblick zwei Möglichkeiten:

1. Im Mittelfranzösischen gab es noch das Wort "nonnain" (= "Nonne"), siehe hier. "Nonnay" wäre dann ein Angleichung des Reimes an "May" in der ersten Zeile.
Meine Vermutung wäre, daß Nostradamus hier "Nonne" schreibt, aber das Sternzeichen Jungfrau (!) meint. Zu beachten ist, daß "Nonnay" wie Eigennamen, bzw. die anderen Planeten- und Sternzeichenbezeichnungen groß geschrieben ist.

2. Die weniger wahrscheinliche Variante, weil sie sprachlich weniger gut passt: Gemeint sind die Nonen, auf Französisch "Nones", der 5. oder 7. Tag des Monats im römischen Kalender.

Vielleicht will BB dazu was schreiben, ich muß wieder weg. :waving:

Gruß
Taurec

--
„Es lebe unser heiliges Deutschland!“

„Was auch draus werde – steh zu deinem Volk! Es ist dein angeborner Platz.“

Avatar

Nostradamus als Astrologe

BBouvier @, Montag, 26.12.2016, 15:04 vor 2677 Tagen @ Leserzuschrift (2432 Aufrufe)
bearbeitet von BBouvier, Montag, 26.12.2016, 15:31

<"Vielleicht hatte Nostradamus selbst ein paar kleinere Schauungen.">

Hallo!

Eher nicht.
Daß er jemals Schauungen gehabt hätte, ist eine reine Vermutung,
denn in Vers I/2 sagt er doch hinsichtlich seiner Methode:
"Die Wünschelrute zur Hand genommen...Stimmen brausen durch die Griffe...das Göttliche nimmt Sitz bei mir."

So, daß eher an ein akustisches Phänomen zu denken wäre,
an rein passiv empfangene "Durchgaben/Durchsagen".

<"Vielleicht nur persönliches betreffend.">

Da fehlt allerdings das Fragezeichen und ist deswegen eh
recht unwahrscheinlich, weil er nicht einmal
das Schicksal seines ältesten Sohnes César kannte.

<"Ähnlich wie Irlmaier sammelte Nostradamus daher
alte Voraussagen und zitierte daraus.
">

Ja, allerdings läßt sich das nur ganz selten - hie&da - vermuten.
Frappierend in seinen Vorhersagen sind hingegen in Massen kleinste Détails
künftig dann richtig eingetroffener Geschehnisse!

<"BBouvier hält Nostradamus für einen mittelmäßigen
bis miserablen Astrologen
.">

Ich stütze mich da nur auf Auswertungen anerkannter Fachleute.
Exemplarisch erinnere ich mich ganz grob an ein
Geburtshoroskop, das Nostradamus für den Sohn eines
Adligen (?) angefertigt hatte.
Leider ist das Lesen diesbezüglich bereits einige Jahrzehnte her,
so daß ich dieses Beispiel nur quasi anekdotisch wiedergeben kann.
Nostradamus:
- von großer, ansehnlicher Gestalt, früh kahl werdend, zweimal verheiratet,
eine Tochter und drei Buben, im hohen Alter an Gicht leidend
Realität:
- eher mittelgroß bis klein, ein Blondschopf, nur eine Frau, die im Kindbett stirbt,
stürzt mit 48 vom Pferd und bricht sich das Genick
Soviel zu seinen Künsten, was "Astrologie" betrifft.

<"Der‚astrologue du roi‘ sah das selbst völlig anders!">

Dazu:
- es ist nicht belegt, dass Nostradamus sich jemals selbst „Astrologe“
genannt hätte, vielmehr nannte er sich stets astrophile („Sternenfreund“)
- er behauptete von sich nie, ein Astrologe zu sein
Meist scheint er seine Kunden veranlasst zu haben,
ein Horoskop bei beruflichen Astrologen zu erwerben
- musste er selbst ein Horoskop erstellen,
so unterliefen ihm meist zahlreiche schwerwiegende Fehler
(Planeten in falschen Zeichen usw.)
- ein berühmtes Horoskop für Kronprinz Rudolf von Habsburg
von 1565 war ... völlig falsch
Quelle:
=>
https://de.wikipedia.org/wiki/Nostradamus

<"... Der König Frankreichs offenbar auch.">

Henry II scheint, nicht viel auf ihn gegeben zu haben.
Angeblich hatte Nostradamus ihn vor dem tödlichen Turnier
gewarnt, der König hätte die Warnung jedoch in den Wind geschlagen:
Seine Maiteresse, Diane de Poitiers, war außer sich!

<"Natürlich hatte Nostradamus keine modernen Ephemeridentabellen
zur Verfügung.
">

Dazu:
"Insbesondere unterließ er es, die den Ephemeriden entnommenen
Planetenpositionen für die Zeit und den Ort des Horoskops anzupassen,
legte dem Horoskop also stets die Positionen für Mittag
am Ort der Ephemeride zugrunde, was auf Aszendent
und damit auf die Häuser der Planeten massive Auswirkungen hat."
(Quelle wie oben.)

<"Das Resultat dieser Versuche sind die Centurien,
von denen Nostradamus wahrscheinlich meinte,
sie chronologisch geordnet zu haben
.
">

Durchaus nicht.
Er selbst schreibt in seiner Widmung der Centurien VIII-X
an Henry II:
(BB: )
"Und deswegen, Sire, weil ich in dem Vortrag diese Vorhersagen
völlig durcheinander gebracht habe
."
(Ewald: )
"Und darum, Sire, daß ich in dieser Abhandlung diese Vorhersagen
nahezu verwirrend schildere
."

<"Die Datierung von X/67 auf den 04. Mai 1543
sollte nun endlich enthüllen, was ‚nonnay‘ bedeutet.
Leider weiß ich immer noch nicht, was ein Nonnay ist
.">

Ich neige dazu, es handelt sich dabei um einen der beiden Nonentage.
Latein: "nonae". (Akustisch praktisch identisch mit frz. "nonnay"!)
Es gibt derer zwei:
Nonentage sind jeweils neunte Tage vor den Iden
(= der 13. bzw. der 15. Tag - abhängig vom jeweiligen Monat im Jahresverlauf),
also entweder der siebente oder der fünfte Tag des Monats.
Und das Beben von 1549 fand am vierten Mai statt.
Wobei Nostradamus womöglich auf "nonnay" verfiel, weil es sich
so schön passend mit "may" reimt.

Gruß,
BB

--
- es ist gemein, Blinden Stummfilme zu zeigen
- eine schöne Theorie sollte man sich mit Forschung nicht kaputt machen
- Irlmaier: "Ein Mann erzählt das, was er irgendwo mal gelesen hat."

Avatar

"Wanderlegenden" repetiert und versucht, sie zu datieren?

BBouvier @, Montag, 26.12.2016, 20:01 vor 2676 Tagen @ Leserzuschrift (2210 Aufrufe)
bearbeitet von BBouvier, Montag, 26.12.2016, 20:13

<"Ähnlich wie Irlmaier sammelte Nostradamus daher
alte Voraussagen und zitierte daraus.
Da war so manche Wanderlegende dabei und so landeten die Ex-eventu-Prophezeiungen in den Centurien...
...versuchte er sich darin, die gesammelten Schauungen zu datieren.
">

Hallo!

Nur eben - auf welche "Voraussagen" bzw. "Schauungen"
hätte er denn zurückgreifen können?? :confused:

1.
Man schlage ein Buch mit seinen Versen willkürlich auf
und greife wahllos zehn Verse heraus:
Deren Sinn erschließt sich durch die Bank erst
nach dem Eintreffen des jeweiligen Ereignisses,
aber dann mit ganz erstaunlichen und korrekten Détails:
Von wegen "Wanderlegenden"!

2.
Nostradamus hat doch - bis auf ganz wenige Ausnahmen -
gar keine Verse "datiert" ... und selbst das kann glatt eine
irrige Vermutung sein:
Planetenstände sind womöglich allegorisch zu interpretieren,
oder - wie bei Vers X/72 - handelt es sich überhaupt nicht
um eine "Jahreszahl", nämlich um "1999"!
=>
https://schauungen.de/forum/index.php?id=33292

Gruß,
BB

--
- es ist gemein, Blinden Stummfilme zu zeigen
- eine schöne Theorie sollte man sich mit Forschung nicht kaputt machen
- Irlmaier: "Ein Mann erzählt das, was er irgendwo mal gelesen hat."

Avatar

Exemplarisch für "Nostradamus" sei ...

BBouvier @, Dienstag, 27.12.2016, 14:12 vor 2676 Tagen @ BBouvier (2098 Aufrufe)
bearbeitet von BBouvier, Dienstag, 27.12.2016, 14:37

... in diesem Zusammenhang auf Vers VII/35 hingewiesen.
=>
"Der große Pfirsich (Original: "peche") wird kagen, weinen,
Gewählt worden zu sein, sie werden getäuscht sein im Alter.
Keinesfalls will er bei ihnen verbleiben,
Hintergangen wird er werden von denen seiner Sprache
."

Der französische König Henry III, der jüngste der drei Söhne
des Henry II und der Katharina von Medici.

Nach dem überraschenden Turniertod Henry II (Vers I/35)
im Jahre 1559, scheint die Thronfolge gesichert - drei Söhne!
=>
König wird der erst 15-jährige Franz II, verheiratet mit
der 17-jährigen Maria Start, er stirbt jedoch bereits im folgenden Jahr
an einer Mittelohrentzündung.

Nachfolger wird dessen Bruder, der erst 10-jährige Karl IX.
(Er stirbt später, im Alter von 23 Jahren, an Tuberkulose.)

Was soll aber aus dessen jüngerem Bruder
(dem späteren Henry III, geboren 1551) werden?
1572 stirbt der kinderlose polnische König Sigismund II. August,
und aus fünf Kandidaten für dessen Nachfolge wählen die polnischen
Adligen den Bewerber aus Frankreich:
Henry wird dann eben König von Polen!
Allerdings gefiel ihm (er war ein vergnügungssüchtiger Homosexueller)
in Polen rein gar nichts, und als sein älterer Bruder
im darauf folgenden Jahr starb, verließ er in einer
Nacht- und Nebelaktion die ihm verleideten Polen und deren Land -
allerdings nicht, ohne einen großen Teil des polnischen Kronschatztes
mitgehen zu lassen:
Im Jahre 1574 ist er Henry III und französischer König!
1588 steht das pariser Volk unter Führung des Herzogs von Guise auf,
und Henry flieht nach Chartres, zu seinem protestantischen Schwager
Heinrich von Navarra, dem späteren Henry IV.
=>
"Den schickt der Himmel!" - Vers X/72
https://schauungen.de/forum/index.php?id=9737

Zu Zeile eins:
"Pfirsich" (pêche) als Hinweis auf die Homosexualität des Henry,
der sich schminkte und einen monströsen Perlenohrring trug,
als auch auf "péché" (= Sünde).
Als polnischer König lamentiert er lauthals, verläßt ganze Tage
das Bett nicht, oder nur sporadisch, um zu tanzen.
Zeile zwei:
In Polen angekommen, mußte er feststellen, daß er sich völlig
falsche Vorstellung von "Polen" gemacht hatte.
Eine Heirat mit Anna, der fast 50-jährigen der Witwe König Sigismunds,
zu der man ihn drängte, lehnte er mit Hinweis auf sein noch jugendliches Alter ab.
Zeile drei:
Die Flucht aus Polen, zurück nach Frankreich, zu Tanz und Spiel,
zu Kultur und standesgemäßen Vergnügungen.
Zeile vier:
Wieder zurück in Frankreich, wo man französisch (!) spricht,
verjagen ihn seine eigenen Landsleute jedoch aus Paris,
und er fällt einem Attentat zum Opfer.

So.
All diese präzisen und korrekten Détails lassen sich weder
mittels eines Horoskopes errechnen, noch ist das von einer
"Wandersage" abgeschrieben, und schon gar nicht handelt es sich
dabei um "dummes Zeug", in das man nach Belieben nur etwas
"hineingelesen" hätte.

Zu letzterem:
Wer von - insbesondere der frz. Geschichte - allerdings
keinen blassen Schimmer hat, dem fällt als Erklärung
natürlich nur ein:
"Das verstehe ich alles überhaupt nicht.
Und deswegen ist das sicherlich nur lauter Unsinn!
"

Und da verwundert es auch nicht, daß man bei Wikipedia
lesen muß:
"„Das Wunder bei Nostradamus ist nicht sein Text,
sondern die Auslegekunst seiner Erklärer.

Echt! :-D

Gruß,
BB

--
- es ist gemein, Blinden Stummfilme zu zeigen
- eine schöne Theorie sollte man sich mit Forschung nicht kaputt machen
- Irlmaier: "Ein Mann erzählt das, was er irgendwo mal gelesen hat."

Avatar

Allerdings geht es auch völlig absurd. *gg*

BBouvier @, Dienstag, 27.12.2016, 16:13 vor 2676 Tagen @ BBouvier (2179 Aufrufe)
bearbeitet von BBouvier, Dienstag, 27.12.2016, 16:21

Bei Google-Recherche findet man unter:
"Nostradamus 2017", folgendes:

http://www.questico.de/magazin/spiritualitaet/hellsehen/nostradamus-prophezeiungen-2017.do#.WGJ7iFzzPdg

=>
<"Nostradamus Vorhersagen 2017 für Deutschland.
Was geschieht?

10. Zenturie/Vers 17:
Die Königin wird erwählt.
Die Sterne sehen ihre Insel verletzt.
Durch ein Bedauern im Osten-Schaden eingezäumt.
Wehklagende Schreie werden infolgedessen
die Engel erzürnt haben.
Und in Deutschland, die Hochzeit ist ausgesetzt
.">

Nun lautet Vers X/17 allerdings:
=>
"Die Königin Ergaste (abgestorbenes Zweigende) sieht ihre Tochter leichenblaß,
Wegen eines Leides, das sie auf der Seele hat.
Jämmerliches Klagen schallt dann aus Angoulême (= Bourbonen)
Und wegen hinfälliger deutscher Verwandtenehe.
"

Königin Marie-Antoinette wird 1793 geköpft, wie zuvor Louis XVI.
Damit stirbt dieser Zweig der Bourbonen (nur männliche Nachkommen zählen) aus.
Ihre Tochter, die Herzogin von Angoulême,
ist mit ihrem Vetter, dem Grafen von Artois, verheiratet,
der ins Ausland flüchtet.
Ihre Kinder sind nicht thronberechtigt: Salisches Gesetz!
Ihr Mann iniziiert an maßgeblicher Stelle 1793 die Kriegserklärung
des Deutschen Reiches an Frankreich.

Als Deutung dieses Verses auf obiger Seite lesen wir hingegen:
=>
"Nostradamus beschreibt detailliert, dass die mit dem „Antichristen“
Verbündeten von Südfrankreich und Italien aus
über ganz Europa herfallen und furchtbare Gräueltaten verüben.
Laut der Nostradamus Aufzeichnungen bricht durch den Konflikt
zwischen den Extremisten und den westlichen Ländern
der 3. Weltkrieg aus, dieses Mal ein nuklearer Krieg,
der mehrere europäische Städte dem Erdboden gleichmacht.
Zuletzt toben nie dagewesene Naturkatastrophen,
und die Erdachse verschiebt sich."

Echt!! :crying:

Kein Wunder, daß sich bei Otto Kleinbrink aus Niederbrombach
nach ein paar Jahren des Lesens solcher Vorhersagen
aus der Feder des Nostradamus :lehrer:
langsam leichte Zweifel breit machen ...

Grüße!
BB

--
- es ist gemein, Blinden Stummfilme zu zeigen
- eine schöne Theorie sollte man sich mit Forschung nicht kaputt machen
- Irlmaier: "Ein Mann erzählt das, was er irgendwo mal gelesen hat."

Avatar

X/17 – Marie Thérèse Charlotte de Bourbon

Taurec ⌂, München, Dienstag, 27.12.2016, 18:00 vor 2676 Tagen @ BBouvier (2360 Aufrufe)

Hallo!

Nun lautet Vers X/17 allerdings:
=>
"Die Königin Ergaste (abgestorbenes Zweigende) sieht ihre Tochter leichenblaß,
Wegen eines Leides, das sie auf der Seele hat.
Jämmerliches Klagen schallt dann aus Angoulême (= Bourbonen)
Und wegen hinfälliger deutscher Verwandtenehe.
"

Stimmt so allerdings nicht ganz, weswegen ich doch etwas schreibe:

X/17
La royne Ergaſte voiant ſa fille bleſme,
Par vn regret dans l’eſtomach encloz,
Crys lamentables ſeront lors d’Angoleſme,
Et au germain mariage fort clos.

Die eifrige1 Königin sieht ihre Tochter blaß,
Wegen eines Kummers2 im Magen3 eingeschlossen,
Klägliche Schreie sind dann von Angoulême,
Und dem Blutsverwandten4 die Heirat fest beschlossen5.

1 Von altgr. „ἐργαστήρ“ („ergastḗr“) = „Arbeiter“, „Landarbeiter“. Mlat. „ergastor“ = „Arbeiter“, „Handwerker“.
2 Mfrz. „regret“ = „Frust“, „Trauer“, „Reue“, „Enttäuschung“, „Kummer“, „Bedauern“.
3 Mfrz. „estomac“ = „Magen“, „Brust“, „Bauch“.
4 Frz. „germain“ = „germanisch“, aber auch „ersten Grades“. Letzteres hat mit Germanen nichts zu tun, sondern geht auf das lateinische Wort „germanus“ zurück, das u. a. „leiblich“, „geschwisterlich“ bedeutete.
5 Frz. „clore“ = „beenden“, „beschließen“, „schließen“, „abschließen“. Frz. „forclore“ = „ausschließen“. Letzteres setzt sich zusammen aus dem vorgenannten „clore“ sowie dem altfranzösischen Präfix „for-“, das mit dem englischen „for-“, dem deutschen „ver-“, bzw. dem lateinischen „per-“ verwandt ist und in allen Sprachen u. a. eine negative Verstärkung bedeutet. Die Verwendung in diesem Vers mit frz. „fort“ (u. a. „stark“, „fest“) hat aber eine andere etymologische Grundlage mit gegenteiliger Implikation („fest beschlossen“ statt „ausgeschlossen“) , so daß „forclos“ nicht in Frage kommt. Es ist anzunehmen, daß Nostradamus hier bewußt ein Wortspiel gemacht hat, um den Leser durch die Ähnlichkeit mit einem Wort gegenteiliger Bedeutung zu verwirren.

"Ergaste" hat, soweit ich herausfinden konnte, nichts mit "Zweigende" zu tun, sondern mit einem unserer Vorfahren, siehe Fußnote oben.
"Germain" ist nicht germanisch/deutsch, sondern entspringt dem lateinischen "germānus", das auf eine Verwandtschaftsbeziehung hinweist, was auch viel besser in den Zusammenhang des Quatrains paßt.
Das ist allerdings weniger ein Fehler, als eine typische Nostradamusfalle: "Forclos" setzt sich zusammen aus "clos" ("geschlossen") und der deutschen/englischen/altfränkischen Vorsilbe "for-" (das deutsche "ver-"). "Fort" (u. a. "fest") ist ein eigenständiges Wort, welches auf das gegenteilige Bedeutungsspektrum verweist. Nostradamus spielt hier mit Wortähnlichkeiten, die in komplett gegensätzliche Richtungenverweisen: einerseits "fest beschlossen", andererseits "ausgeschlossen"/"verschlossen".

Z. 1: Marie Antoinette, die im Gegensatz zu ihrem Gemal Ludwig XVI. umtriebig war und versuchte, Einfluß auf die Geschehnisse zu nehmen. Sie sieht ihre Tochter Marie Thérèse Charlotte de Bourbon blaß, dabei war die Tochter die einzige in der Familie, die das Massaker der Revolution überlebte.
Z. 2: Grund für die Blässe der Tochter: Der Kummer über den Verlust und die Trennung von der Familie, den sie "in sich hineinfrisst". Hier die Worte, die sie während ihrer Gefangenschaft im Temple an die Wand schrieb:
"Marie-Thérèse Charlotte is the most unhappy person in the world. She can obtain no news of her mother; nor be reunited to her, though she has asked it a thousand times. Live, my good mother! whom I love well, but of whom I can hear no tidings. O my father! watch over me from Heaven above. O my God! forgive those who have made my parents suffer."
Z. 3: Angoulême bezeichnet die Nebenlinie der Bourbonen, die sich bei Ludwig XV. (der Urgroßvater der Prinzessin) von der Königsfamilie abzweigte. Sie klagen angesichts der Ausmordung der Bourbonen/der Königsfamilie durch die Revolution.
Z. 4: Louis-Antoine de Bourbon, Herzog von Angoulême (Sohn des späteren Königs Karls X.) heiratete 1799 die oben genannte Marie Thérèse Charlotte de Bourbon. Karl X. und Ludwig XVI. waren Vettern. Damit waren deren Kinder, die hier heirateten Großcousins.

Gruß
Taurec

--
„Es lebe unser heiliges Deutschland!“

„Was auch draus werde – steh zu deinem Volk! Es ist dein angeborner Platz.“

Was mir noch nicht so einleuchtet...

Leserzuschrift @, Donnerstag, 29.12.2016, 13:37 vor 2674 Tagen @ Leserzuschrift (2098 Aufrufe)

Nochmal hallo!

Falls Nostradamus schlimme Dinge in einer Form wahrgenommen hat, durch die er davon ausging, daß er diese Dinge sicher weiß, dann wußte er von Kriegen, Seuchen und Naturkatastrophen. Er wußte von vom Himmel fallendem Feuer, austrocknenden Flüssen und darin zu findenden gekochten Fischen, sogar von einer vierzigjährigen Dürre. Festgehalten in I/17 und V/98 und anderen.

Wie kann man sich nach solchen traumatischen Eindrücken noch für kleine Intrigen, Heiraten und Erbfolgen interessieren? Sähe man zu oder hörte man nur zu wie Menschen in so großer Zahl sterben, daß die Erde fast entvölkert wird, dann muß das doch Spuren hinterlassen. Das wäre es, was Nostradamus dann vor allem hätte beschäftigen müssen. Darum wäre es ihm dann doch hauptsächlich gegangen und er hätte das nicht nur in wenigen einzelnen Versen zwischendurch eingestreut? Wie sollte man so etwas dermaßen stoisch ertragen können, daß man abgesehen von der Veröffentlichung der Centurien nichtmal mehr ein Wort darüber verliert?

Anders wäre das natürlich, wenn man nur Sekundärliteratur produziert. Was mir inzwischen an der Nostradamus-Forschung am besten gefällt, ist das, daß jede Arbeit, die man sich vornehmen könnte, inzwischen schonmal von jemand anderem gemacht wurde. Darum hat auch schon jemand die Vorlagen von Nostradamus analysiert:

http://www.placeoftheskull.com/

Ist es nicht doch möglich und sogar wahrscheinlich, daß Nostradamus von den dort aufgelisteten Quellen abgeschrieben hat? Die Verse scheinen mir zumindest sehr den zugeordneten, zu Nostradamus Zeiten schon historischen, Ereignissen zu ähneln. Vielleicht wollte er sogar deshalb, daß sich die Astrologen von seinem Werk fernhielten? Die hätten herausfinden können, daß die beschriebenen Konstellationen Jahrzehnte bis Jahrhunderte in der Vergangenheit lagen. Das herauszufinden wäre den Astrologen Jahrzehnte nach einer Konstellation mindestens so leicht gelungen wie dem Nostradamus eine solche aus einem historischem Werk abzuschreiben.

Ranma

--
Benutzerkonto für Leserzuschriften

E-Mail an:
[image]

Einzustellenden Text und Beitragstitel angeben!

Avatar

Hätte müssen?

BBouvier @, Donnerstag, 29.12.2016, 14:06 vor 2674 Tagen @ Leserzuschrift (2002 Aufrufe)

Hallo, Ranma!

<"Wie kann man sich nach solchen traumatischen Eindrücken
noch für kleine Intrigen, Heiraten und Erbfolgen interessieren?
">

Daß er sich dafür interessiert hätte, ist eine reine Behauptung.

<"Das wäre es, was Nostradamus dann vor allem
hätte beschäftigen müssen.
">

Hätte müssen?

<"Ist es nicht doch möglich und sogar wahrscheinlich,
daß Nostradamus von den dort aufgelisteten Quellen abgeschrieben hat
?">

Daß Nostradamus hie&da ihm bekannte geschichtliche Ereignisse
(nur) rekapituliert, ist durchaus denkbar.
Da Geschichte sich allerdings gelegentlich (kaum variiert)
wiederholt, ist es nicht leicht, diese Vermutung
auch nachzuweisen.

Grüße!
BB

--
- es ist gemein, Blinden Stummfilme zu zeigen
- eine schöne Theorie sollte man sich mit Forschung nicht kaputt machen
- Irlmaier: "Ein Mann erzählt das, was er irgendwo mal gelesen hat."

Avatar

Englands Weltmachtstellung

BBouvier @, Donnerstag, 29.12.2016, 14:29 vor 2674 Tagen @ BBouvier (2201 Aufrufe)

Hallo!

Exemplarisches Beispiel.

Der Autor des Scharniers, auf das sich Ranma oben bezieht,
ist der Auffassung, daß Nostradamus mit Vers X/10:
"das große (Kaier)Reich/die große Herrschaft Englands"
auf die Zeit zwischen 1152 und 1453 (Aquitanien) hinweist:
=>
http://www.placeoftheskull.com/angevin.html

Pfändler hingegen, hier:
=>
http://home.datacomm.ch/jean-claude.pfaendler/dateien/nostradamus/005beitraege/236englandsgrossezeit.html

... bezieht die 300 Jahre auf die Weltmachtstellung Englands
von 1654 bis 1956.

Und das dürfte wohl eher treffend sein.

Grüße,
BB

--
- es ist gemein, Blinden Stummfilme zu zeigen
- eine schöne Theorie sollte man sich mit Forschung nicht kaputt machen
- Irlmaier: "Ein Mann erzählt das, was er irgendwo mal gelesen hat."

Avatar

Eigenes Weltbild mit einbezogen

Taurec ⌂, München, Donnerstag, 29.12.2016, 14:50 vor 2674 Tagen @ Leserzuschrift (2115 Aufrufe)

Hallo!

Mit seiner psychischen Verfassung zu argumentieren, zu der man rein spekulative Annahmen macht, um daraus auf den Gehalt der Centurien zu schließen ist nicht zielführend. Zu viele unbelegbare Zusatzannahmen.

Anzunehmen ist, daß die Centurien vergleichsweise viele Ereignisse enthalten, welche die in nächste Zukunft, bzw. die folgenden Jahrhunderte abdecken. (Allerdings unter der Vorannahme, daß die Centurien überhaupt eigene Schauungen enthalten.)

Je weiter wir in die Zukunft kommen, desto dünner werden die Voraussagen, desto gröbere Handlungsblöcke werden erfaßt. In ferner Zukunft reicht es womöglich nur noch zur Charakterisierung handelnder Personen und dem umrißhaften Ablauf. Hofintrigen und Details einzelner Ereignisse wurden nur in nächster Zukunft (für uns schon Vergangenheit) erfaßt.
Dem liegt die Annahme zugrunde, daß Ereignisse um so besser gesehen werden, je näher sie liegen.

Nähert sich das seherische Auge der zeitlichen Peripherie, verschwimmen die Ereignisse zunehmend mit dem weltanschaulichen Bild, daß man sich selbst von dem Weltgeschehen macht.

Hier ist ein etwas angestaubter Beitrag von Fred Feuerstein, in dem er mit Bezug auf Jörg Dendl feststellt, daß die Offenbarung des Johannes eine Richtschnur für Nostradamus war:
https://schauungen.de/archive/forum53379/messages/131531.htm

Ist dies zutreffend, so hat Nostradamus, was auch immer er sah oder ihm mitgeteilt wurde, in dieses Bild eingeordnet, während Elemente der christlichen Endzeitvorstellung wiederum seine Aussagen beeinflußten. Die vierzig Jahre in I/17 z. B. sprechen schon sehr dafür, daß hier biblische Motive einflossen.

Daß Nostradamus Schauungen hatte, ist ebenso wenig unzweifelhaft belegbar, wie sämtliche Vierzeiler auf zeitgenössische religiöse Ideen und Vorlagen zurückgeführt werden können.
Am nächsten an der Wahrheit ist man wohl mit der Annahme, daß alles zutrifft:

  • eigene Schauungen oder Botschaften
  • Abschreiben aus älteren Prophezeiungen
  • Abschreiben aus der Bibel und anderen religiösen Quellen
  • Einbeziehung schon damals historischer Ereignisse
  • Einbeziehung eigener Ideen und Berechnungen

Manche Vierzeiler scheinen überhaupt gar kein konkretes Ereignis zum Inhalt zu haben, sondern lediglich metaphysische Wahrheiten (II/13, II/27) oder kryptische esoterische Symbolik zu enthalten (IV/31). Ich gehe davon aus, daß Nostradamus nicht nur Zukünftiges, bzw. sein Bild der Geschichte beschreibt, sondern ein Zeugnis seiner gesamten Weltsicht abgelegt hat.
Die zeitliche/historische Dimension ist nur ein Aspekt des ganzen Werkes. Jeden Vierzeiler einem aus damaliger Sicht zukünftigen Ereignis zuordnen zu wollen, halte ich für das Produkt eines intellektuellen Schnellschusses.

Gruß
Taurec

--
„Es lebe unser heiliges Deutschland!“

„Was auch draus werde – steh zu deinem Volk! Es ist dein angeborner Platz.“

Drucken RSS Thema