Platon, Himmelskörper (Freie Themen)

Walle, Dienstag, 16.02.2016, 09:41 vor 2985 Tagen (2242 Aufrufe)
bearbeitet von Taurec, Donnerstag, 16.08.2018, 13:25

Hallo,
ich habe mir mal Platon bzgl. Hinweise auf den Himmelskörper durchgelesen.
Quelle ist hier => http://www.opera-platonis.de/Timaios.pdf
Die Quelle bezieht sich auf die Dr. Franz Susemihl Übersetzung von 1856

Dort steht auf Seite 5 folgender Dialog:
[image]

Demnach ist die Sache mit den Himmelskörper schon ein sehr alter Hut.
Es ist stark anzunehmen, dass viele von diesem Text inspiriert wurden.

In wieweit es sich bei Platon um Tatsachen, oder um Fiktion handelt, möchte ich nicht entscheiden.

Gruß
Walle

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Phaethon bei Ovid

Taurec ⌂, München, Dienstag, 16.02.2016, 13:51 vor 2985 Tagen @ Walle (2178 Aufrufe)
bearbeitet von Taurec, Mittwoch, 30.08.2017, 16:48

Danke, interessant!

Platon liegt im griechischen Kulturzyklus allerdings schon in der Spätphase, etwa auf gleicher Stufe wie Goethe und die franzöische Revolution. (Er lebte z. B. kurz vor dem antiken "Napoleon", Alexander dem Großen.)

Daher neigt er schon ein Stück weit zur Aufarbeitung und rationalistischen Erklärung älterer Mythen.

Der Phaethonmythos ist alt. Platons Aussage, es handele sich dabei um Verschiebungen der Planetenbahnen ist seine Vermutung innerhalb des damals frischgebackenen geozentrischen Weltbildes.
Nichtsdestoweniger ist er womöglich auf der richtigen Spur.

Derart klare Aussagen über die Himmelsmechanik sind zwar nicht Teil des Mythos, könnten aber seine Grundlage bilden.

Eine etwas ausführlichere Fassung findet sich bei Ovid, der noch später ist und etwa auf unserer Stufe steht:

"In den Bereich von zwei Sternzeichen die Glieder hinausreckt.
Als den Phaethon sah, wie er troff vom Schweiße des schwarzen
Giftes und ihn mit dem Stich des gebogenen Stachels bedrohte,
Ließ er vor eisigem Schreck sinnlos aus den Händen die Zügel.
Als die aber erschlafft nun oben die Rücken berührten,
Schweifen die Rosse vom Weg und sprengen von keinem gehalten
Durch den entlegensten Raum, und wohin sie treibt das Gelüste,
Jagen sie ohne Gesetz, und an Sterne, die oben im Aether
Fest stehn, rennen sie an und raffen den Wagen durch Wildniß.
Bald in schwindelnde Höhn, bald fahren sie jach in die Tiefe
Auf abschüssigem Pfad und gehn ganz nah an der Erde,
Und mit Verwunderung sieht tief unter dem ihrigen Luna
Laufen des Bruders Gespann und es dampfen gesenkt die Gewölke.
Feuer ergreift nunmehr an den ragenden Höhen die Erde:
Berstend zerreißet der Grund und lechzt, da die Säfte versieget.
Dürr entfärbt sich das Gras; mit dem Laube verbrennen die Bäume,
Und die getrocknete Saat gibt Stoff dem eignen Verderben.
Kleiner Verlust! Mit den Mauern vergehn großmächtige Städte;
Ganze Länder sogar mitsammt den bewohnenden Völkern
Wandelt in Asche der Brand. Mit den Bergen entbrennen die Wälder.

Athos, Tmolus entbrennt, der cilicische Taurus und Oete,
Ida, trocken anjetzt, vormals reichhaltig an Quellen,
Helicons Jungfraunhöh' und der später öagrische Hämos.
Von der gedoppelten Glut brennt nun ins Unendliche Aetne;
Auch der getheilte Parnaß und Cynthus und Othrys und Eryx,
Rhodope auch, nun endlich des Schnees entbehrend, und Mimas;
Dindyma, Mycale brennt und zur Feier erkoren Cithäron.
Keinen Gewinn vom Frost hat Scythien: Caucasus brennet:
Ossa mit Pindus zugleich und groß vor beiden Olympus,
Luftige Alpenhöhn und der wolkige Apenninus.
Da sieht Phaethon nun, wie auf jeglicher Seite der Erdkreis
War von den Flammen erfaßt, und er kann nicht tragen die Hitze.
Kochende Luft, gleichwie dem Schlunde des Ofens entstiegen,
Athmet er ein, und fühlt, wie unter ihm glühet der Wagen,
Und nicht kann er die Asch' und die aufwärts fliegenden Funken
Länger bestehn, und es hüllet ihn rings heißqualmender Rauch ein.
Schwarz von Dunkel umdrängt weiß nicht er, wohin er sich wende,
Noch wo er sei, und er irrt nach Gefallen der fliegenden Rosse.

Damals trat, wie man glaubt, das Blut Aethiopiens Völkern
Bis in die äußerste Haut und brachte die dunkele Farbe.
Libyen ward damals, weil Glut aufzehrte die Nässe,
Trockener Sand. Damals mit zerstreueten Haaren beweinten
Quellen die Nymphen und Seen. Es vermißt die pirenischen Wellen
Ephyre, Argos vermißt Amymóne, Böotien Dirce.
Nicht die Flüsse sogar, die empfangen geschiedene Ufer,
Bleiben verschont.
Sieh, Tanais dampft in Mitten der Wellen,
Auch Peneos der Greis und der Teuthranteer Caicus
Und mit dem phegischen Strom Erymanthus der rasche Ismenos,
Xanthus bestimmt zu erneuetem Brand und der gelbe Lycormas
Und der treibet sein Spiel mit geschlängelten Wellen, Mäandros,
Melas Mygdoniens Fluß und der Tänarusstrom Eurotas.
Babylons Strom auch brennt, Euphrates; es brennet Orontes,
Ganges, Phasis zugleich und der schnelle Thermodon und Ister.
Siedend empört sich Alpheos, es brennt Spercheos' Gestade,
Und von den Gluten zerfließet das Gold, das Tagus herabführt.
Die mit hellem Gesang die mäonischen Ufer erfüllten,
Wurden gewärmt, die Vögel der Flut, im Bett des Caystros.
Fern an's Ende der Welt entwich der erschrockene Nilstrom,
Und er versteckte das Haupt, das er jetzt noch birgt, und die sieben
Mündungen lagen in Staub, nun sieben vertrocknete Thäler.
Gleiches Geschick entleert die Ismarier Hebrus und Strymon,
Padus und Rhodanus auch und den Rhein, die hesperischen Ströme,
Und, dem Obergewalt auf Erden verheißen, den Thybris,
Allorts berstet der Grund; in den Tartarus dringt durch die Spalten
Helle des Tags und schreckt mit der Gattin den König der Tiefe.
Selber das Meer sinkt ein, und ein Feld von trockenem Sande
Steht, wo See jüngst stand, und Höhen, die unter der Fläche
Ruheten, steigen hervor und mehren zerstreute Cycladen.

Rettung sucht auf dem Grunde der Fisch, und über die Wogen
Wagt sich der krumme Delphin nicht mehr in die Lüfte zu schnellen.
Leblos schwimmen gestreckt auf den Rücken die Leiber von Robben
Oben umher auf der Flut.
Selbst Nereus, meldet die Sage,
Hielt sich mit Doris versteckt und den Töchtern in laulichen Grotten.
Dreimal wagte Neptun aus dem Wasser zu heben die Arme
Und sein finstres Gesicht. Drei Male vertrieb ihn die Hitze.
Aber umströmt, wie sie war, hob jetzo die gütige Erde
Zwischen den Wassern der See und all den geflüchteten Quellen,
Die sich zusammengedrängt in den Schooß der dunkelen Mutter,
Bis zum Halse gedörrt ihr allerzeugendes Antlitz
Und hielt schützend die Hand an die Stirn und bebte gewaltig
Alles erschütternd umher und versank um weniges tiefer,
Als sie gewöhnlich erscheint
, und sprach mit dem heiligen Munde:
'Willst du es so, und hab' ich's verdient, was, höchster der Götter,
Zaudert dein Blitz? Laß mich, wenn ich doch durch Feuer vergehn soll,
Durch dein Feuer vergehn! Im Verderb sei Trost der Verderber!
Kaum noch kann ich die Kehl' aufthun, um solches zu reden –
Dampf schloß eben den Mund – Sieh hier die versengeten Haare;
Siehe die Augen erfüllt und erfüllt von Asche das Antlitz!
Gibst du also mir Dank und Lohn für gedeihliches Schaffen
Und für treulichen Dienst, daß Wunden ich dulde vom Karste
Und von gebogenem Pflug und ständig im Jahre gequält bin,
Daß ich dem Vieh sein Laub und die harmlose Speise der Feldfrucht
Reiche dem Menschengeschlecht und euch süßduftenden Weihrauch?
Aber, wenn ich das Verderben verwirkt, was haben die Wellen,
Was dein Bruder verwirkt? Warum denn fallen die Fluten,
Die ihm das Loos zusprach, und stehen vom Aether entfernter?
Doch wenn weder zu mir, noch Liebe zum Bruder dich rühret,
Rühre dir doch dein Himmel das Herz. Schau um nach den Polen:
Beiden entsteigt schon Rauch. Wenn diese das Feuer versehret,
Stürzet das himmlische Haus euch ein. Schwer mühet sich Atlas,
Und kaum hält er gestützt mit den Schultern die glühende Achse.

Geht zu nichte das Meer und die Erd' und die Feste des Himmels,
Dann in den Chaos zurück versinken wir. Rett' aus den Flammen,
Was noch übrig verblieb, und berathe das Beste des Weltalls.'
Also hatte die Erde gesagt; denn nimmer ertragen
Konnte sie länger den Qualm, noch Weiteres reden; das Antlitz
Zog sie zurück in sich und in Höhlen, die näher den Manen.
Aber die Himmlischen nimmt der allmächtige Vater zu Zeugen
Und ihn selbst, der geliehn das Gespann, daß alles verderbe,
Rett' er nicht in der Noth. Und er steigt auf die oberste Zinne,
Wo er Gewölk anhäuft und weit umziehet die Lande,
Wo er den Donner erregt und schleudert geschwungene Blitze.
Aber Gewölk war nicht, womit er umzöge die Lande,
Noch war Regen ihm jetzt zu Gebot, den er gösse vom Himmel.
Donner erscholl, und rechts vom Ohr auf den Lenker des Wagens
Sandt' er im Schwunge den Blitz, und vom Leben zugleich und den Rädern
Rafft' er ihn weg und bezwang mit schrecklicher Flamme die Flammen.
Scheu fährt auf das Gespann und reißet im Sprung auf die Seite
Schleunig den Hals aus dem Joch und verläßt die zersprengeten Riemen
Dorthin fällt das Gebiß, und dort von der Deichsel gerissen
Lieget die Achs' und hier die Speichen zerbrochener Räder,
Und weit fliegen zerstreut vom zertrümmerten Wagen die Reste.
Phaethon aber, vom Brande die röthlichen Haare verwüstet,
Stürzt kopfüber hinab, und im Strich langhin durch die Lüfte
Flieget er, wie wenn ein Stern bisweilen dem heiteren Himmel
Wenn nicht wirklich entfällt, doch scheint, als ob er entfiele.
Fern vom heimischen Land nimmt jenen im Westen der große
Strom Eridanus auf und bespült sein rauchendes Antlitz.

Vom dreizackigen Strahl noch rauchend bestatten den Leichnam
Nymphen hesperischer Flut und zeichnen den Stein mit dem Denkspruch:
'Phaethon ruht allhier, der lenkte den Wagen des Vaters.
Wenn er ihn auch nicht hielt, doch sank er in großem Beginnen.'
Denn sein Vater verbarg trostlos in schmerzlicher Trauer
Sein umhülltes Gesicht, und – wofern wir glauben der Sage –
Ohne die Sonne verging ein Tag. Die Lohe gewährte
Helle des Tags, und es bot doch einigen Nutzen das Unheil.
"

Hier sind eine Reihe recht weltlich anmutender Folgen des Unheils geschildert:

  • Risse in der Erde
  • Versiegen der Quellen
  • Wälder verbrannt
  • Ernteausfall
  • Städte und Völker werden vernichtet.
  • Die ganze Erde in Flammen
  • Kochende Luft
  • Phaethons Wagen/die Sonne von Rauch verdunkelt
  • Flüsse verlagern ihren Lauf.
  • Das Meer weicht zurück.
  • Meeresbewohner schwimmen in Massen tot obenauf.
  • Die Erde bebt und das Land sinkt/bricht ein.
  • Die Pole geraten ins Schwanken/werden instabil.
  • Der Sonnenwagen wird zerschmettert, seine Trümmer und Phaethon gehen (als Meteoritentrümmer?) weithin nieder, hinterm Horizont, beim Eridanus (mythischer Fluß am Ende der Welt).
  • Ein Tag ohne Sonne (Verdunkelung durch Qualm), während die weltweiten Brände die Finsternis erhellen.

Aus unmittelbarer historischer Erfahrung waren den antiken Menschen Folgen, die wir u. a. aus Tollmanns Impaktbeschreibung kennen, nicht bekannt. Daher steht die Vermutung, daß sich uraltes Wissen im Mythos erhalten hat, womöglich seit der Sintflutkatastrophe.

Gruß
Taurec

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„Es lebe unser heiliges Deutschland!“

„Was auch draus werde – steh zu deinem Volk! Es ist dein angeborner Platz.“

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