Hollywurst (Freie Themen)

IFan, Samstag, 06.05.2017, 23:39 (vor 2540 Tagen) @ Eyspfeil (4001 Aufrufe)
bearbeitet von IFan, Samstag, 06.05.2017, 23:45

Hallo Eyspfeil,

die Hollywood-Szenen sollte man nicht so ernst nehmen. Häufig sind die Sachen präpariert, damit genau das passiert, was der Drehbuchautor oder der Regisseur sich vorgestellt hat - was mit physikalischen Gesetzen oft nicht viel gemein hat. In einem James-Bond-Film ("Dr. No"?) fährt unser Superheld mit einem Doppeldecker-Bus auf eine Brücke zu, die nur so hoch ist wie das erste Stockwerk. Natürlich reißen alle Fensterstreben ein, sodass er mit dem unteren Teil weiterfährt, während der obere auf das Verfolger-Auto stürzt. Du kannst davon ausgehen, dass alle Fensterstreben geschwächt waren (an- oder durchgesägt, vielleicht mit Klebeband überklebt, damt man die Schnitte nicht sieht). Diese Teile sind an sich sehr stabil, auch beim Auto. Mit einem unpräparierten Bus wäre er spätenstens nach ein paar Metern stehen geblieben.

In "Leben und sterben lassen" rollt er mit einem Kleinflugzeug (neben sich eine Flugschülerin) herum. Die Gangster versuchen, ihm den Weg abzuschneiden und machen ein Tor (fast) zu, sodass die Tragflächen abreißen, direkt am Rumpf, und er mit dem Rumpf allein weiterfährt. Wäre die Stelle wirklich so schwach, würde jedes Flugzeug schon beim Start abstürzen, denn dort übertragen die Tragflächen die Kraft auf den Rumpf - auch bei Luftlöchern, d.h. Turbulenzen, bei denen das Flugzeug urplötzlich absackt und dann ruckartig wieder aufgefangen wird.

In "Speed" überfährt der Bus eine Fahrbahnlücke, mehrere Meter breit, so weit ich weiß. Der zweite Teil liegt nicht tiefer als der erste. Trotzdem kommt der Bus - nach Film - mit den Rädern auf dem nächsten Fahrbahnteil auf. Nach Vorstellung des Drehbuchautors hat der Bus es sich also eine Weile überlegt, ob er herunterfallen soll, und bevor er mit den Überlegungen fertig war, war er schon auf dem anderen Ende. Normalerweise fallen Sachen aber gleich herunter, ohne zu überlegen.

Durchbrochene Gitterzäune dürften in der Regel auch präpariert sein (Scharniere angesägt), damit die Tore nicht unkontrolliert -zig Meter herumschleudern und die Kameracrew verletzen.

Wenn Du wirklich sehen willst, was passiert, empfehle ich "Zerstört in Sekunden" (manchmal auf DMAX) oder "Mythbusters".

Die World-Trade-Center-Türme waren in einer sogenannten Stahlskelettbauweise ausgeführt, wie alle Wolkenkratzer. Hierbei war die Besonderheit, dass das Skelett vorwiegend außen lag, siehe hier. Das Stahlskelett führte bis ganz nach oben, auch bei den Einschlagstellen.

Natürlich hat so ein Flugzeug auch trotz Leichtbauweise eine enorme Energie beim Aufprall; der Rumpf schlägt längs ein, die Tragflächen sind verhältnismäßig stabil, der Treibstoff erhöht das Gewicht. Wahrscheinlich sind beide Sachen gleichzeitig passiert: An den Stahlträgern hat sich das Flugzeug zum größten Teil schon einmal zerlegt, die jedoch nicht so stabil waren, dass sie es hätten komplett aufhalten können; der Rest des Flugzeugs ist im Inneren zerschellt (wobei sich die mitgenommenen äußeren Stahlträger sicherlich auch an den inneren Strukturen teilweise verhakt haben).

Eingestürzt sind die Türme, weil das brennende Kerosin die inneren Aufhängungen der (direkt) darüberliegenden Stockwerke so weit erhitzt hat, dass der Stahl weich geworden ist (wozu er noch nicht hell glühen muss), sodass zunächst ein darüberliegendes Stockwerk heruntergefallen ist. Durch diesen Aufprall hat das nächste nachgegeben, womit dann beide zusammen auf das dritte gefallen sind, diese drei auf das vierte usw., ähnlich wie bei Dominosteinen.

Der Impuls errechnet sich übrigens mit der Geschwindigkeit zum Quadrat, nicht einfach - Link.

Gruß, IFan


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