zur astronomischen Deutung der Funde in Göbekli Tepe (Freie Themen)

Ulrich ⌂, München-Pasing, Dienstag, 02.05.2017, 01:09 (vor 2550 Tagen) @ Taurec (2157 Aufrufe)

Hallo Taurec,

Sofern die Interpretation der Autoren zutreffend ist (die natürlich auf ein spekulatives Element angewiesen ist), haben wir hier einen Hinweis auf den letzten Kataklysmus, der gleichsam aus der damaligen Zeit stammt und nicht aus über Jahrtausende unzählbar oft tradierten Mythen abgeleitet wurde.

Die Archäologen Oliver Dietrich und Jens Notroff (Deutsches Archäologisches Institut, Orient-Abteilung, Berlin), die an den Ausgrabungen in Göbekli Tepe beteiligt sind, veröffentlichten auf ihrer Netzseite https://tepetelegrams.wordpress.com vernichtende Kritik an der Arbeit von Sweatman und Tsikritsis: Beginnend mit dem Hinweis 1), daß der fragliche Teil der Fundstelle "mit hoher Wahrscheinlichkeit" Teil eines unterirdischen Gebäudes war, möglicherweise sogar von einem Dach bedeckt, und deshalb ungeeignet für astronomische Beobachtungen, über 2) Zweifel an der Kontinuität der ekliptikalen Sternbild-Zuordnungen, 3) dem Vorwurf, die Fachliteratur der letzten Jahre bzgl. der Interpretation der Ikonografie zu ignorieren und gar deren Existenz zu bestreiten (Sweatman und Tsikritsis: „these carvings … but until now their meaning has remained obscure …“), bis zur Richtigstellung der falschen Behauptung Sweatman und Tsikritsis „We have interpreted much of the symbolism of Göbekli Tepe in terms of astronomical events.“ weil 4) es sich um eine willkürliche Auswahl aus mehr als 60 Säulen handelt, auch andere Gegenstände mit dieser Ikonografie versehen sind, und diese nicht nur dort, sondern in zahlreichen weiteren Fundstätten der Umgebung gefunden wurden.
Dietrich und Notroff schließen mit dem Satz „Ein gründlicherer Austausch mit dem Ausgrabungsteam hätte viele dieser Bedenken klären können.“

Angesichts dieser Kritik wundert man sich, woher Sweatman und Tsikritsis, beide keine Archäologen, sondern Ingenieure und offensichtlich völlig unbeleckt von jeglichem archäologischen Fachwissen, ausgestattet mit bescheidenem Werkzeug („In the following we use freely available software (stellarium 0.15) …“) den Mut zur Veröffentlichung nahmen.
Jason Colavito ( http://www.jasoncolavito.com/blog/academic-journal-runs-article-claiming-gobekli-tepe-records-comet-strike-misses-fact-that-article-is-based-on-speculative-andrew-collins-book ) ist aufgefallen, daß es sich um einen Aufguss des in der Bibliographie genannten Buches „Göbekli Tepe: Genesis of the Gods: The Temple of the Watchers and the Discovery of Eden“ (deutsche Ausgabe „Göbekli Tepe: Die Geburt der Götter.“) von Andrew Collins handelt. http://gen.lib.rus.ec/book/index.php?md5=3731FB1FABE87CBB1A6BDFCD0D47CA94

Beim Lesen der Arbeit von Sweatman und Tsikritsis stolperte ich über die Legende zu Bild 6 („… as seen from Sanliurfa (near GT) as predicted by stellarium…”) und Bild 7 („Setting of the sun as seen from Sanliurfa (near GT) around 10.950 BC as predicted by stellarium.“).
Was soll das? Warum „Sanliurfa (near GT)“ und nicht direkt von GT ?

In einer Rezension (von „don Christobal de Belize“) des Buches von Andrew Collins bei Amazon fand ich eine mögliche Antwort: „Die Behauptung die Steinsetzungen seien auf das Sternbild Cygnus gerichtet, treffen nicht zu (geht schon astronomisch nicht, denn die Sternbilder wechseln ständig Ihre Lage am Horizont je nach Monat). Beim Nachprüfen mit einer stellaren Kalkulationssoftware für die Meereshöhe, die GPS-Koordinate, die Zeit und die Beobachtungsrichtung, die vom Author angegeben wird, stellte sich heraus, dass weder das Sternbild Cygnus noch die Höhe der Steinmegalithe für eine Peilung geeignet sind (die Anlagen liegen in einer Senke).“
Falls dies auch für die astronomischen Darstellungen in Sweatman und Tsikritsis Arbeit zutrifft, spricht das m. E. für eine vorsätzliche Täuschung.

Eine Zusammenstellung zahlreicher Quellen zu dem von Sweatman und Tsikritsis erwähnten Tauridenschwarm: „Clube and Napier: Coherent Catastrophism“ https://www.pibburns.com/catastro/clubenap.htm

Gruß
Ulrich


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