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Eigenes Weltbild mit einbezogen (Schauungen & Prophezeiungen)

Taurec ⌂, München, Donnerstag, 29.12.2016, 14:50 (vor 2674 Tagen) @ Leserzuschrift (2116 Aufrufe)

Hallo!

Mit seiner psychischen Verfassung zu argumentieren, zu der man rein spekulative Annahmen macht, um daraus auf den Gehalt der Centurien zu schließen ist nicht zielführend. Zu viele unbelegbare Zusatzannahmen.

Anzunehmen ist, daß die Centurien vergleichsweise viele Ereignisse enthalten, welche die in nächste Zukunft, bzw. die folgenden Jahrhunderte abdecken. (Allerdings unter der Vorannahme, daß die Centurien überhaupt eigene Schauungen enthalten.)

Je weiter wir in die Zukunft kommen, desto dünner werden die Voraussagen, desto gröbere Handlungsblöcke werden erfaßt. In ferner Zukunft reicht es womöglich nur noch zur Charakterisierung handelnder Personen und dem umrißhaften Ablauf. Hofintrigen und Details einzelner Ereignisse wurden nur in nächster Zukunft (für uns schon Vergangenheit) erfaßt.
Dem liegt die Annahme zugrunde, daß Ereignisse um so besser gesehen werden, je näher sie liegen.

Nähert sich das seherische Auge der zeitlichen Peripherie, verschwimmen die Ereignisse zunehmend mit dem weltanschaulichen Bild, daß man sich selbst von dem Weltgeschehen macht.

Hier ist ein etwas angestaubter Beitrag von Fred Feuerstein, in dem er mit Bezug auf Jörg Dendl feststellt, daß die Offenbarung des Johannes eine Richtschnur für Nostradamus war:
https://schauungen.de/archive/forum53379/messages/131531.htm

Ist dies zutreffend, so hat Nostradamus, was auch immer er sah oder ihm mitgeteilt wurde, in dieses Bild eingeordnet, während Elemente der christlichen Endzeitvorstellung wiederum seine Aussagen beeinflußten. Die vierzig Jahre in I/17 z. B. sprechen schon sehr dafür, daß hier biblische Motive einflossen.

Daß Nostradamus Schauungen hatte, ist ebenso wenig unzweifelhaft belegbar, wie sämtliche Vierzeiler auf zeitgenössische religiöse Ideen und Vorlagen zurückgeführt werden können.
Am nächsten an der Wahrheit ist man wohl mit der Annahme, daß alles zutrifft:

  • eigene Schauungen oder Botschaften
  • Abschreiben aus älteren Prophezeiungen
  • Abschreiben aus der Bibel und anderen religiösen Quellen
  • Einbeziehung schon damals historischer Ereignisse
  • Einbeziehung eigener Ideen und Berechnungen

Manche Vierzeiler scheinen überhaupt gar kein konkretes Ereignis zum Inhalt zu haben, sondern lediglich metaphysische Wahrheiten (II/13, II/27) oder kryptische esoterische Symbolik zu enthalten (IV/31). Ich gehe davon aus, daß Nostradamus nicht nur Zukünftiges, bzw. sein Bild der Geschichte beschreibt, sondern ein Zeugnis seiner gesamten Weltsicht abgelegt hat.
Die zeitliche/historische Dimension ist nur ein Aspekt des ganzen Werkes. Jeden Vierzeiler einem aus damaliger Sicht zukünftigen Ereignis zuordnen zu wollen, halte ich für das Produkt eines intellektuellen Schnellschusses.

Gruß
Taurec


„Es lebe unser heiliges Deutschland!“

„Was auch draus werde – steh zu deinem Volk! Es ist dein angeborner Platz.“


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