Katastrophenphantasien (Schauungen & Prophezeiungen)

Sagitta, Donnerstag, 29.09.2016, 11:32 (vor 2737 Tagen) @ randomizer (5970 Aufrufe)

Hallo Randomizer,

in den von Dietz-Rüdiger MOSER herausgegebenen kulturhistorischen Skizzen "Geachtet & geächtet : bayerische Volkshelden" findet sich auch ein Artikel über Irlmaier.

Es wird dort u.a. nochmals herausgestellt, dass er fast bis zur körperlich-seelischen Erschöpfung die vor seinem Haus Schlange stehenden und Hilfe suchenden Menschen angenommen hat (übrigens auch wegen medizinischer Diagnosen, da er mit den Händen, wenn er sie über den Körper führte, Problemzonen erkennen konnte).

Seine Hellsichtigkeit, auch in die Vergangenheit *) und in die Zukunft, ist absolut unstreitig anerkannt gewesen (sogar gerichtlch und polizeilich). Gegen die (von Journalisten) allgemein verbreiteten Kriegs- und Katastrophenprophezeiungen hat er sich verwahrt und sich von ihnen distanziert. Adlmaier scheint anfänglich eine Autorisierung gehabt zu haben, jedoch war Irlmaiers Verhältnis zu ihm in späteren Jahren "gestört".

In oben erwähnten Artikel wird N.Backmund zitiert, der bei einem Besuch Irlmaiers ihm ein Heftchen über den Mühlhiasl gezeigt habe, worauf Irlmaier geantwortet habe, dass er die Mühlhiasl-Geschichten gar nicht kenne.

Der Autor des Artikel stellt die Überlegung an, ob die Katastrophengesichte Irlmaiers (die grundsätzlich zunächst als valide aktzeptiert werden) nicht vielleicht dadurch zustandekamen, dass Irlmaier in jene teils kollektiven, teils krankhaft individuellen Katastrophenängste und -phantasien eingetaucht sei, eben auf seinem eigenen hellsichtigen Weg, von denen Du hier einige zitiert und eingestellt hast und die phasenweise und seuchenartig durch die Weltgeschichte wehen.

Ich selbst sehe das nicht so, allenfalls nur teilweise. Derartige Ängste hat er aufgrund seiner Hellsichtigkeit sehr wohl in den Gedanken derjenigen, die ihm Fragen gestellt haben, gesehen. Ich bin mir aber sicher, dass er darüber hinausgehend (vielleicht auch von solchen Gedanken angestoßen?) eigene Schauungen hatte, die sehr konkret und realistisch waren - die er aber oft selbst nicht verstanden hat, weil es sich um fremdartige Dinge handelte.

Worauf ich hinaus will: ich bitte Dich, im Fortgang Deiner Recherchen zu Irlmaier nicht von vorneherein von der These auszugehen, dass er ein Fälscher und Betrüger war, wie hier auf dem Forum von manchen angenommen wird **). Gib ihm vielmehr die Chance, dass er eigene Schauungen gehabt haben könnte, und mach den Versuch, diese gegebenenfalls zu identifizieren. Das geht nur über die kleinen und merkwürdigen Details am Rande, die seine Schauungen von anderen, auf den ersten Blick scheinbar gleichartigen Bildern (in der Literatur vor ihm veröffentlicht) unterscheiden.

Dazu nur ein Beispiel: der Mord des dritten Hochgestellten geht möglicherweise auf eine eigene Schauung Irlmaiers zurück. Man findet sie nach meinem aktuellen Kenntnistand nicht in der Prophezeiungsliteratur vor ihm. An sich ist die Sequenz "erst ein Mord, dann schnell der Krieg" schon eigenartig. Man kann dann spekulieren, das sei dem Beginn des Ersten Weltkrieges nachgeäfft, doch es kommt hier zur Unterscheidung die Dreizahl ins Spiel. Sie geht sehr wahrscheinlich auf ein Element in der originalen Schau zurück, das aber auch Irlmaier nicht verstanden hat. Nur nachträglich, in seinem Wachbewußtsein und mit seinem zeitgeschichtlichen Wissen, erklärt sich Irlmaier das mit der Reihe Gandhi-Bernadotte-Dritter (Irlmaier ging von einer Naherwartung des Krieges in den 50er Jahren aus). Er sagt aber in einer der Quellen, dass er es nicht wirklich weiß.

Das war nur ein Beispiel, ich könnte weitere bringen, aber das führte hier zu weit und ist vermutlich nicht von allgemeinem Interesse (für die Prognose bedeutet es lediglich, aufmerksam zu sein, wenn in einer militärische angespannten Krisen zwei VIPs zeitlich nahe beieinander ermordet werden, denn beim dritten könnte dann ...).

Jedenfalls wünsche ich Dir bei Deiner Arbeit guten Erfolg!

Mit freundlichen Grüßen,
Sagitta

*) ich erwähne die Retrokognition hier ausdrücklich, weil sie von manchen auf dem Forum geleugnt wird. Sie ist aber existent, knüpft sich in der Regel an Personen oder Gegenstände oder örtliche Gegenheiten.

**) weil sich Taurec gegen solche Vorwürfe verwahrt hat, hier ein Zitat: "Insofern war das ein Gespann, das diesbezüglich vor allem aus zwei talentierten Betrügern bestand."

Quelle: https://schauungen.de/forum/index.php?id=32770


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