Nachtrag Krieg Skandinavien (Schauungen & Prophezeiungen)

Sagitta, Montag, 07.03.2016, 15:16 (vor 2965 Tagen) @ BBouvier (5927 Aufrufe)

Hallo BB,

danke für Deine Überlegungen!

Wenn man die Schauungen kennt (Johansson, Claesson u.a.), ist man geneigt, einen skandinavischen Krieg anzunehmen. Aus geopolitischer und militärischer Sicht macht er aktuell für mich keinen Sinn. Johansson ist natürlich eine ernsthafte Stimme.

Wie Du richtig sagst, müsste es ziemliche Veränderungen in der Weltpolitik geben, damit ein Angriff Russlands auf Skandinavien wahrscheinlich würde. Noch gravierendere Änderungen wären nötig für eine russisch-französische Allianz (die aber für Johansson wohl eher nebensächlich ist, das Hauptgewicht tragen in seinen Augen offenbar die Russen).

Wenn die NATO bei einem russischen Angriff auf Westeuropa noch Bestand hätte, müßte Russland dem NATO-Partner Norwegen eine gewisse Aufmerksamkeit schenken. Ich halte jedoch die norwegischen Streitkräfte nicht für stark und die Politiker dort für klug genug, sich selbst in einem solchen Fall nicht sofort gegen Russland zu richten - eher ihre Reserven zu bewahren: für spätere andere Optionen oder um den Preis der Russen für Norwegen hochschrauben zu können (siehe den Krieg Stalins gegen Finnland).

Umgekehrt, aus der Sicht einer russischen Planung, könnte man Skandinavien (wie das Baltikum) zunächst links liegen lassen (für einen Blitzfeldzug nach Europa). Wie Du richtig erkennst, braucht man aber für die Stabilisierung hernach durchaus die Kontrolle über Skandinavien (ferner auch, um gegenüber GB eine feste Position zu haben).

Die französische Beteiligung könnte man sich dann so erklären, dass Frankreich schon gefallen ist (oder wenigstens teilweise), und "russophile" französische Truppen bereits auf russischer Seite kämpfen. Im Zweiten Weltkrieg war Frankreich ja auch gespalten, für die kommenden Jahre ist ohnehin Bürgerkrieg angesagt.

Ein skandinavischer Krieg hängt alleine davon ab, wie stark (materiell) Russland dann ist bzw. sich fühlt. Wenn es genug Ressourcen hat, wäre es militärisch gesehen sinnvoll, Skandinavien gleich mit einzupacken. Eigentlich ist Russland aber niemals stark genug - bei so vielen potentiellen Feinden ringsum ....

Eine weitere Option wäre es, den Krieg in ein sehr ferne Zukunft zu verlegen. Oder den Glauben an ihn (also die Schauungen) als erledigte Hysterie und Angst vor Russland/Sowjetunion abzutun. Für Johansson wäre das allerdings eher ungewöhnlich: er kannte ja nicht den Kalten Krieg zur Zeit der Herausgabe des Buches von Gustafsson, und zu seiner Zeit (1907-1917) war Russland nicht gerade stark und furchteinflössend (siehe russisch japanischer Krieg, erste und zweite russische Revolution, Finnland befand sich auf dem Weg zur Unabhängigkeit von Russland etc.). Norwegen und Skandinavien brauchten sich damals keine Sorgen vor Russland machen. Für Johanssons Zeit ist also die Vision eines Krieges in Skandinavien ungewöhnlich - und damit herausfordernd.

Da aber Skandinavien für ein Überleben der Weltenwende in der Mitte Europas Null Bedeutung hat und der eventuelle skandinavische Krieg keine Vorzeichenfunktion haben kann, sollte man ihn bzw. dieses Thema m.E. einfach nicht beachten. Es gibt wichtigere Aufgaben.

MfG, Sagitta


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