Proph.John.XXIII (Schauungen & Prophezeiungen)

Gerhard, Freitag, 22.04.2011, 09:34 (vor 4743 Tagen) (4004 Aufrufe)

Einen guten Morgen und schönen (Feier-) Tag!

Ich möchte mit den folgenden Zeilen Stellung zu einer Diskussion nehmen, die etwa drei Wochen Tage zurückliegt. Weil die Proph.John.XXIII insgesamt betreffend, mag meine Stellungnahme von allgemeinem Interesse sein und somit einen neuen Beitrag rechtfertigen. Es ging damals um die Person, vor allem die Glaubwürdigkeit von Pier Carpi als eventuellem Autor oder Herausgeber der "Prophezeiungen von Johannes XXIII".

Ich sage zunächst herzlichen Dank an Ulrich für seinen sachlichen und kompetenten Beitrag, den er in die Diskussion eingebracht hat. https://schauungen.de/forum/index.php?id=12090

In seiner Antwort ist nicht die geringste Spur von der Jahrmarkts- und Schießbudenatmosphäre, mit der in der damaligen Diskussion Carpi und die von ihm veröffentlichten Texte in die Forums-Tonne befördert werden sollten. Stattdessen bringt Ulrich interessante Argumente, die zum Nachdenken anregen. Ich möchte zwei davon aufgreifen.

Ulrich sieht einmal eine Verbindung der Texte zur Theosophie, insofern diese ja bekannt dafür ist, östliches und westliches Gedankengut aber auch die verschiedensten, früher unverbundenen Zweige unserer eigenen Kultur (etwa Religion und Wissenschaft) miteinander "esoterisch" zu verschmelzen. Gegen dieses Argument möchte ich vorbringen, dass ich (wie bereits geschrieben) bei der Proph.John.XXIII zwar einen Respekt vor anderen Kulturen sehe, etwa wenn China (=Land der blauen Erde) eine ganz wichtige Rolle bei der Weltenwende zugeschrieben oder auf Gandhi (=sanfte Stimme im Lande des Brahma) hingewiesen sowie an das orientalische Christentum erinnert wird. Diese Haltung verbleibt aber im Allgmeinen und geht keinesfalls in Richtung Synkretismus bzw. Verschmelzung. Sie entspricht eher einer großen Aufgeschlossenheit der Proph.John.XXIII gegenüber all jenen Völkern, die ehemals von Europa unterdrückt worden waren. Denn diesen Völkern werden, ganz im Gegensatz zu ihren früheren Zeiten, für die Weltenwende entscheidende geschichtliche Aufgaben vorausgesagt (so etwa Südamerika im US-Bürgerkrieg, China bei der Stabilisierung der Situation in Eurasien). Ich bitte das zu beachten, da hier auf dem Forum gelegentlich die Auffassung vertreten wird, das Heil der Menschheit würde nach der Weltenwende allein wieder aus (einem in die "alte Ehr' und Stärk'" wieder eingesetzten) Deutschland kommen. Hier spricht die Proph.John.XXIII ganz klar eine andere Sprache, und ich empfinde das als sehr wirklichkeitsnah. Ich habe bereits einmal gegenüber BB ausführlich erläutert, wie differenziert dies allerdings zu sehen ist - https://schauungen.de/forum/index.php?id=6362

Die Proph.John.XXIII trennt sich von der Theosophie auch ganz deutlich durch ihr überaus klares Bekenntnis zum katholisch-christlichen Glauben. Das brauche ich nicht im Einzelnen zu belegen, weil es ganz offensichtlich ist (vgl. etwa die hohe, fast jubelhafte Wertschätzung einzelner Päpste bei gleichzeitig sehr spezifischer Kritik an anderen Päpsten, was nur aus einer innerkatholischen Perspektive heraus wirklich verständlich ist).

Schließlich spricht gegen eine Herkunft aus der Theosophie, dass sich die Proph.John.XXIII in die Tradition der altgriechischen Rationalität/Philosophie stellt. Obwohl die Theosophie zugegeben sehr viele Gesichter hat, so fehlt ihr (nach meiner Einschätzung) doch gerade der Bezug zu dieser wichtigen antiken Wurzel der europäischen Kultur. Nach meinem Wissen hat sich etwa die Bewegung "Neue Akropolis" von der Theosophie deswegen abgetrennt, weil sie diesen gravierenden Mangel an "Philosophie" behoben wissen wollte.

Wenn nun auch die Proph.John.XXIII gewiss nicht theosophisch ist, so wird sie in verwandten Kreisen offenbar mit Interesse und wohlwollend aufgenommen, vielleicht sogar gepflegt. Und Ulrich hat insofern ein wirklich sehr feines Gespür bewiesen. Hierzu deshalb noch ein Beleg: der Herausgeber der deutschen Übersetzung, Pierre Diener, hat seinen Wohnsitz in Reinach, und nach dem kurzen Kontakt, den ich zu ihm hatte, muss ich annehmen, dass er mit der bekannten Unternehmung in den Nachbarorten Arlesheim und Dornach in Verbindung steht.

Ich möchte die Abgrenzung gegen die Theosophie zum Schluß nochmals mit einem Zitat unterstreichen, das ich schon öfters gebracht habe. Die Proph.John. betrachtet die beiden Weltmächte in Ost (=Moskau) und West (=London/Washington) als "babylonische Reiche". Dieser Ausdruck steht in der Tradition des biblisch-apokalyptischen "Babylon", nicht in der von Icke (obwohl es da zweifellos inhaltliche und realhistorische Überschneidungen gibt). "Babylon" ist Symbol für eine Art von (größenwahnsinniger) Macht, die den Menschen verachtet, ihn ausbeuten, unterdrücken und in jeder Hinsicht verderben will. Wenn nun die Proph.John.XXIII dazu aufruft, sich nicht in einen neuen Krieg zwischen derartigen Mächten hineinziehen zu lassen **), dann tut sie das nicht in direkter Weise, weder aufklärerisch noch etwa nach dem Motto: "Völker hört die Signale und steht auf gegen die Mächtigen der Welt!" Sie tut es auch nicht wie die üblichen christlichen Prophezeiungen: wenn ihr heute nicht lieb seid, wird Gott Euch morgen bestrafen.

Vielmehr ist der Aufruf der Proph.John.XXIII sehr indirekt: Heiligste Maria, Tochter und Mutter Gottes, Herrin der Zukunft, rufe deine Söhne vom Feld zusammen, damit sie die zwei babylonischen Reiche niederwerfen.

Zuerst ist hier zu sagen, dass es den Krieg (wenn die Proph.John.XXIII "wahr" "schauen" sollte ...) tatsächlich einmal geben wird. Die weltwendende Bewegung wird sich nach ihr schon vor dem Krieg anbahnen (nämlich durch die von mir in anderen Beiträgen bereits erwähnte Aufdeckung einer Verschwörung), sie wird aber den Krieg offensichtlich nicht mehr abwenden können. Der entscheidende Moment dürfte daher erst während des Krieges kommen, denn es heißt: "rufe Deine Söhne vom Feld zusammen", was letztlich bedeutet, dass Männer aktuell im Kampf stehen, ihn nun aber abbrechen, zumindest mit anderen Augen sehen sollen. Keine Rede hier im Übrigen von Impakt und Finsternis und Fluten. Es mag sie geben, in der Geschichte zählen aber nur Entscheidungen im Denken und in den Herzen der Menschen.

Interessant an diesem Marien-Zitat aus der Proph.John.XXIII ist nun aber vor allem die Sprechweise. Würde ein Theosoph zu solchen Worten greifen und nicht nur "Heilige Maria" sondern "Heiligste Maria" sagen? Außerdem ist die Anrufung um Beistand ein typisch christlicher Zug: der Mensch soll zwar an der Schöpfung mitwirken, ist jedoch nicht selbst Schöpfer der Welt und alleiniger Herr seiner Handlungen. Womöglich steckt in dieser eigenartigen Formulierung wiederum eine echte Voraussage. Ich persönlich nehme an, dass der (vermutlich übernächste) Papst, der unmittelbar vor Ausbruch des Krieges dem "Bruder aus dem Osten" entgegentreten wird (=dem Bruder mit dem umgekehrten Kreuz ohne Lilien), dies eventuell mit einem Rückgriff auf mariologische Themen tun wird, also vielleicht in Erinnerung an Garabandal oder Fatima oder an eine andere Marienerscheinung. Meine persönliche Spekulation: indem er dies tun wird, und indem es gegen "Moskau" gerichtet sein wird, wird man ihn als eine Art "Verräter" Italiens hinstellen, denn Italien wird gemäß der Proph.John.XXIII zu dieser Zeit wieder mit dem "Kommunismus" liebäugeln ("als letzte Rebellin Europas, von Severus an die roten Fahnen gebunden"). Im Rahmen der Aufstände, die man wegen diesem Aufruf des Papstes wohl auch gegen den Vatikan richten wird, muss der Papst dann vermutlich fliehen.

Maria wird in diesem Zitat überdies "Herrin der Zukunft" genannt. Was Spengler nicht deutlich genug in seinem Modell herausarbeitet, was aber ein wichtiges Merkmal der letzten Epoche einer Kultur ist: in der Zivilisationsphase kehrt sie zu matriarchalischen und femininen Strukturen zurück, ganz besonders natürlich im Bereich der "Religion", welche ebenfalls in der letzten Kulturphase neu aufleben wird. Mit viel Phantasie könnte man in dieses Zitat auch hineinspekulieren, dass die Katholische Kirche nach der Weltenwende Frauen zum Priesteramt zulassen wird.

Auch Ulrich ist der Meinung - und damit komme ich zum zweiten Argument seines Beitrages -, dass der Autor Carpi überprüft werden sollte, etwa auf seine Aufrichtigkeit im Umgang mit (ihm eventuell übergebenen) Texten. Ich bleibe hier aber sehr fest bei meinem Standpunkt, dass ein "Wissen" über den Autor/Herausgeber der Texte nichts zum Verständnis der Texte selbst beiträgt. Kennen wir den Autor der Odyssee oder der Ilias, kennen wir die Verfasser der Heiligen Schriften der Menschheit, was weiß man vom Dichter der Shakespearschen Dramen? Was weiß der Leser einer Zeitung von all den Autoren der vielen Artikel, die er täglich liest? Helfen uns Kenntnisse über die Person Irlmaiers bei der Entscheidung, ob wir seinen Vorhersagen über die Weltwende Glauben schenken sollen? Kennen wir den wahren Erzähler, der hinter den Feldpostbriefen steht? Würde es uns etwas bringen, wenn wir den Dichter des Lindenliedes kennen würden? Bei der Masse der Prophezeiungen, die hier diskutiert werden, steht die Biographie des Autors selten zur Diskussion. Bei Carpi entscheidet sie nun plötzlich alles und wird zum Urteilsspruch.

Natürlich war Carpi in der italienischen Freimaurer-Szene aktiv. Aber weil dies nun eine ganz und gar eklige Welt ist, beschränkt sich meine Beschäftigung mit ihr auf das Allernötigste. Da Ulrich die Loge P2 erwähnt, darf ich vielleicht noch anfügen, dass in ihr Personen mitgearbeitet haben (und noch mitarbeiten, auch wenn sie scheinbar nicht mehr existiert ...), die mehr poetisches und schriftstellerisches Talent besitzen als Carpi und deswegen viel eher als Verfasser solcher Texte in Frage kommen würden: sogar Licio Gelli selbst dichtet(e) Verse. Wenn man die Vermutung hat, dass Carpi an den Texten etwas verfälscht hat, dann muss man das entweder am Text selbst nachweisen ***) (wofür die literarische Textkritik in den letzten 150 Jahren ein hervorragendes Instrumentarium entwickelt hat, das im übrigen hier auf dem Forum, mit wenigen Ausnahmen von Taurec und bei Nostradamus-Diskussionen, nicht verwendet wird). Oder man muss Carpi für andere Bereiche seiner Arbeit belegen, dass er ein notorischer Fälscher ist. Als "Fabrikateur" kommt er für mich nicht in Frage, weil nach Ausweis seiner übrigen Bücher diese Texte eine völlig andere Sprache sprechen. Ihn als Fälscher aufzudecken, dürfte schwer fallen und lohnte m.E. den Aufwand nicht. Carpi ist in Bezug auf den Gehalt der Proph.John.XXIII in meinen Augen ohne Bedeutung, für die Herausgabe hat er dankenswerterweise seine Pflicht getan und manche seiner Kommentare sind hilfreich. Es sind einige Übersetzungsfehler bzw. holprige Stellen sichtbar (vermutlich Abschreib- und Verstehensfehler), die dem Text insgesamt aber nicht schaden.

Wenn ich positiv zusammenfassen soll, was ich über die Herkunft der Texte vermute, so steht für mich als Erstes fest, dass sie aus Italien bzw. von einer dort aufgewachsenen Person stammen. Wenn sie auf eine Reihe von "Schauungen" zurückgehen sollten, was ich persönlich glaube, würde diese italienische Herkunft im Rahmen der "geistigen Resonanz" (zwischen dem "Schauenden" und dem "Geschauten") eine Rolle spielen - und das wird dann ja auch bei der Themenwahl in den Texten in gewissem Umfang sichtbar. Zweitens kommen die Texte ganz eindeutig aus einem katholischen Milieu. Außer Frage steht auch, dass die betreffende Person sehr gebildet gewesen sein und eine hohe Stellung in der Gesellschaft gehabt haben muß. Sie hat außerdem Einblick in sensible und nicht öffentliche politische Bereiche gehabt. Für eine Herkunft aus Kreisen, die sich der freimaurerischen Terminologie bedienen (ich sage nicht: es seien Freimaurer!), eventuell um auf das Freimaurertum Einfluss zu nehmen, gibt es nur sehr wenige Hinweise, aber sie sind durchaus vorhanden, etwa in der folgenden Formulierung, gleich nach dem oben erwähnten Zitat zu "Maria": Die Erde wird den Mörtel zerstören und deine neue Kirche, Königin, wird irden sein. Und auf der Erde blühe auf ihrem neuen Altar das Korn für den Hunger deiner Völker.

Hier könnte man neben der vorausgesagten fundamentalen geschichtlichen Wende in der katholischen Kirche auch an reale Erdbeben denken, die (Kirchen-) Gebäude zerstören (da an anderen Stellen der Prophezeiung z.B. von Ruinen in Rom die Rede ist, was aber auch Bürgerkriegsfolgen sein könnten). Gleichermassen wäre dann auch der Hunger einerseits real zu verstehen (also Hungersnöte weltweit nach der "Katastrophe"), daneben aber auch in übertragenem Sinn als das oben erwähnte neue Bedürfnis nach Religion, nach neuen Altären. Die Begriffe "Mörtel", "Altar" und "irden" (= erdig, tonig, also nicht "Stein") werden nun darüber hinaus natürlich auch in der Freimauererei verwendet. Wir hätten dann allein drei Bedeutungsschichten in diesem kurzen Satz, und das ist wieder einmal ein Beispiel für eine Formulierungskunst, die ganz gewiss nicht auf Carpi zurückgeht. Wenn man den Text sehr genau besieht und bedenkt, dann wird hier, obwohl freimaurerische Terminologie verwendet wird, ein Ende der freien "Maurerei", zumindest ihres Einflusses auf die Kirche vorausgesagt: die neue Kirche wird "irden" sein, also von der Erde genommen (= Lehm und Ton), und nicht mehr aus "Steinen", "Mörtel" und "Mauern". Es kommt hier im übrigen eine ganz andere Auffassung von der Zukunft der (katholischen) Kirche zum Vorschein. Keine Spur von neuer Macht und Herrlichkeit (wie in den bekannten, stereotypen Prophezeiungen), sondern es ist von einer Schlichtheit die Rede. Das passt zu der sonstigen Erwähnung von bescheiden lebenden "Heiligen" in der Proph.John.XXIII wie auch zu ihrem Hinweis auf einen "heiligen Barfüßer", der dem Völkerapostel des Lindenliedes entsprechen dürfte.

Wenn man die Texte insgesamt betrachtet, so kommt man zu dem Schluß, dass sie sich an Personen richten, die wir als Verantwortungs- und Entscheidungsträger charakterisieren müßten. Dazu noch ein weiterer Beleg: im Haupttext selbst wird ein Kaiser erwähnt, der verhungern wird, "eingeschlossen in den Turm seines Traumes". Ja, es wird diesem Kaiser, fast wie den Königen im Alten Testament, der Untergang vorausgesagt. Und in der angehängten Liste der "Namen" findet sich folgender Ruf: ÄNEAS - Dein Turm ist einsam, umschließt nur einen Traum. Du selbst bist ein Traum.

Was soll nun das? Ganz offensichtlich handelt es sich bei ÄNEAS um eine wichtige Gestalt der europäischen Zukunft, und zwar nach der Wiedereinführung der "Monarchie". Diese Gestalt wird auf eine sehr persönliche Weise angesprochen. Fast hat man den Eindruck, die betreffende Person soll mitten in ihr Herz getroffen werden, denn die Sprechweise ist verletzend und entblößend. Man überlege nun bitte: es wird in den 1970er Jahren, als die APO-Studenten auf den Straßen unterwegs sind, ein Kaiser der Zukunft direkt adressiert! Hat jemand im Italien der 70er Jahre über die Wiedereinführung der Monarchie spekuliert? Und das sogar für die europäische Ebene? Mit so präzisen Vorstellungen, dass Namen und seelische Dispositionen der betreffenden Person realisiert werden? Richtig besehen erwarten die Texte sogar, dass dieser Kaiser die Texte einmal selbst lesen wird. Im Übrigen wird in gleicher Weise und auch gleichermaßen "verletzend" an anderen Stellen der Proph.John.XXIII der erste "neue Cäsar" nach der Weltenwende angeredet, der den Namen ALBERT haben wird.

Taurec hat in der Diskussion vor drei Wochen nach der politischen Intention der Proph.John.XXII gefragt. An solchen Stellen wird nun ersichtlich, dass diese Intention sehr komplex und nicht leicht einzuordnen ist. Denn obwohl die Proph.John.XXIII dem Republikanismus und der Demokratie eine klare Absage erteilt, geht sie davon aus, dass sich in der Zukunft (von 1976 aus gesehen!!) die Tendenz zur Monarchie verstärken wird - aber es wird die monarchische Idee zugleich heftig kritisiert, so heftig sogar, dass ausgewählte Monarchen der Zukunft persönlich angeredet und angegriffen werden. Hier haben wir also nicht Lobhudelei und Schleimerei wie Nostradamus in seinem Brief an "den König Heinrich". Vielmehr wird hier etwas heftig bekämpft, das sich erst in Zukunft ereignen wird. Und solche Gedanken soll sich Carpi vor vierzig Jahren aus dem Hirn gezogen haben? Oder in "obskuren Clubs abgestaubt" (Zitat WG)> Ganz sicher waren Carpi oder der betreffende Club dann, wie viele Italiener, "antihabsburgisch". Denn unter den europäischen Adelsgeschlechtern, die für eine Rückkehr an die Macht sich seit einiger Zeit schon vorbereiten (Guttenberg war da nur ein kleines Schräubchen, das zu Boden fiel ...), sind es vor allem (aber nicht nur) die Habsburger, die sich aus dem "Sanguine Trojano" gebürtig fühlen - was aber wahrhaft nur ein Traum, eine Vorstellung ist ...

Das Beispiel mit ÄNEAS sollte nur noch einmal verdeutlichen, dass die Adressaten der Proph.John.XXIII vermutlich "hochgestellte" Persönlichkeiten sind. Sie werden im Einzelfall sogar direkt angesprochen, jedenfalls aber sind die Prophezeiungen an einen Personenkreis adressiert, der sich als Elite empfindet. Es ist weiter deutlich, dass diese Elite sich nach einem - wie immer gearteten - Positivum ausrichten möchte, andernfalls wäre die (Voraus-!) Kritik an der kommenden Monarchie nicht wirklich verständlich.

Ein Zeichen ihrer "Exklusivität" mag auch die verhüllende Sprache sein, zu der die Proph.John.XXIII greift, und die stellenweise an Nostradamus erinnert. Es ist die Rede vom "Lande des Brahma" anstelle von Indien, oder von den "Söhnen des Himmels" anstelle von Chinesen, es wird nicht Chile genannt, sondern eine "Kolonie des Kupfers und des Salzes". Andererseits gesehen ist diese Sprechweise auch wieder "enthüllend", insofern die chinesischen Kaiser sich tatsächlich Söhne des Himmels" nannten, und in Chile halt Salpeter und Kupfer abgebaut wurde. Und wenn etwa ein Hitler als "Sohn der Bestie" bezeichnet wird, dann hat entweder der "Fabrikateur" der Proph.John.XXIII gründlich gelesen und übernommen, was Eckart, Rauschning und andere über Hitler verbreitet haben - oder aber es steckt eine gewisse Wahrheit in dieser Aussage.

All jene, die die Proph.John.XXIII in die Tonne geschossen haben, darf ich auch darauf aufmerksam machen, dass hier auf dem Forum es gelegentlich als Kriterium von Validität gesehen wird, wenn ein Text Elemente und Motive besitzt, die auch in anderen Voraussagen und Schauungen vorkommen, dabei aber seinem Kontext nach eigenständig bleibt. Wenn es nicht nun plötzlich nicht mehr zählen soll, dass die Proph.John.XXIII sehr wohl für die Zeit nach 1976 öffentlich (nicht nur privat!) bestätigte Voraussagen hat ****) - und welche anderen "Schauungen" leisten das in gleichem Umfang bitte? -, so ist doch wenigstens bemerkenswert, dass der Motivbestand der Proph.John.XXIII sich in den Kernelementen mit dem allgemein bekannten Szenario deckt (Flucht des Papstes, neuer Ost-West-Krieg, Monarchie etc.). Was die Proph.John.XXIII dabei auszeichnet ist ihr Detailreichtum, den ich persönlich als Zeichen von Authentizität ansehe. Der Funkenregen des Waldviertlers oder die Irlmaierschen Tauben aus dem Sand haben beispielsweise einen solchen Detailreichtum und eine solche Plastizität, die mich aufmerksam werden lassen. Und gleichermaßen kennt, um ein ganz unverfängliches Beispiel zu zitieren, die Proph.John.XXIII genau wie das Lindenlied ein neues Konzil, das nach der Weltenwende stattfinden wird. In der Proph.John.XXIII werden aber eine Menge weiterer Details zu diesem Konzil nachgereicht, etwa dass es in Alexandria
stattfindet und eine weltweite "Friedensbewegung" manifestieren wird. In der textkritischen Schule (der vergleichenden Literaturwissenschaft) gilt immer der Text als der originäre, der die meisten Details besitzt - es sei denn, der Untersucher kann nachweisen, dass die zusätzlichen Elemente aus einseh- bzw. belegbaren Gründen hinzugefügt worden wären. Deshalb betrachte ich es als die Bringschuld jener, die den Text wirklich kritisieren wollen, nun auch nachzuweisen (etwa durch Beiziehung von Parallelen in anderer Literatur), dass die Details zum Konzil von Alexandria, oder zum kommenden US-Bürgerkrieg oder zu den nächsten beiden Päpsten etc. etc. etc. eine Fälschung oder eine "Fabrikation" sind. Bis entweder das geleistet ist oder bis die Geschichte die Texte bewahrheitet haben wird, sind die Texte ganz schlicht und einfach reine "Fiktion". Aber auch Fiktionen können manchmal sehr nützlich sein.

Manche Dinge kann auch ich (im Augenblick) in Bezug auf die Texte nicht beantworten. Und manche Dinge, obwohl ich sie verstehe, fallen mir immer noch schwer (etwa die positive Einstellung gegenüber Mao Tse Tung, der doch einer der größten Schlächter in der Menschheitsgeschichte war). Auch bedauere ich es immer noch, dass ich nichts zu der Frage von Johannes hier auf dem Forum sagen kann (wer mit Michael und dem wiederkehrenden Johannes gemeint sein könnten). Manche Teile der Texte erschließen sich erst im Lauf der Jahre. Im Falle der Proph.John.XXIII empfand ich das, bis jetzt wenigstens, als ein Zeichen von Qualität.


Ich werde vermutlich nicht direkt bzw. nur mit zeitlicher Verzögerung auf Antworten zu diesem Beitrag reagieren können, da ich noch unterwegs bin und nur punktuellen Internetzugang habe. Ich darf reisenotizmäßig vielleicht noch anfügen, dass ich zwar regelmäßig und seit vielen Jahren hierher (nach Indien) komme, aber erst in diesem Jahr das Land mit dem "Weltenwendeblick" betrachte. Dabei fällt mir auf, dass Indien gut gerüstet ist, um all jene Katastrophen zu überleben, die auf dem Forum hier diskutiert werden. Natürlich wird mir jetzt jemand sofort sagen, dass auf "godlikeproductions" oder wo immer ein Untertauchen des indischen Subkontinentes unter den Meeresboden vorausgesagt wird. Aber von diesem sehr unwahrscheinlichen Fall abgesehen sind die gesamten Verhältnisse hier geradezu prädestiniert, um unter extremen Zuständen (Impakte, Kriege, Zusammenbruch der zivilen Ordnung) "davonzukommen". Was hier an täglichem Überlebenskampf geleistet wird, ist wirklich beachtlich. Außerdem ist die Dekkanplatte geologisch recht fest (Vulkanischen Ursprungs - kein so Schichtenschotterwerk wie die Alpen), sie liegt über 500 Meter NN und ist im Westen durch die Ghats und Nilgris sogar gegen 1500 Meter hohe Tsunamis geschützt. Und wenn in den europäischen Prophezeiungen sowie gelegentlich hier auf dem Forum in fieser Verachtung der augenblicklichen technischen Errungenschaften gedroht wird, wir würden in der Weltenwende 200 Jahre "zurückgeworfen", so leben in Indien zig Millionen Menschen ausschließlich und auf eben diesen "rückständigen" Niveau - und dies offenbar ganz gut, denn sie haben trotz (oder wegen?) dieses vermeintlichen Rückstandes immer ein freundliches Lächeln und strahlendes Gesicht. Wer also noch ein sicheres und gesundes Örtchen für die Weltenwende sucht, mag gerne einen nachdenklichen Blick auch auf Indien werfen.

Aus der Ferne frohe Ostertage wünschend,
grüßt Gerhard


PS: ein weiterer Beitrag zur Proph.John.XXIII (Kommentar heute zu einem ebenfalls älteren Beitrag von Taurec) findet sich unter https://schauungen.de/forum/index.php?id=12309

**) wie leicht das geht, hat aktuell wieder der Fall "Lybien" gezeigt ...

***) es genügt da nicht, wie WG in einem parallelen Beitrag, nur so zu sagen, er "habe auch den Eindruck" (Markierung von mir), dass Carpi nicht der eigentliche Autor der Texte sei, sondern diese im Rahmen seiner Mitgliedschaft in "obskuren Clubs" irgendwo "aufgegabelt" habe. Im Übrigen bestätigt WG hier sogar indirekt die Rahmengeschichte, die Carpi seinen Lesern weismachen will, denn unter "Aufgabeln" kann man auch verstehen, dass Carpi sich in/vor diesen "Clubs" so dargestellt und produziert habe, dass diese ihm gern eines Abends einen Vertreter mit Texten schickten ...

****) ich betrachte es als ziemlich kleinlich, auch fast als Täuschung der Mitleser hier auf dem Forum, wenn der Fall der Berliner Mauer, vorausgesagt im Jahre 1976 (damals Sowjetimperium auf seinem Höhepunkt!), als Spekulation bezeichnet oder mit anderen Argumenten klein geredet wird - und wenn dabei unterschlagen wird, dass an anderen, ganz offensichtlich korrelierten Stellen der Proph.John.XXIII sehr präzise "Siebzig Jahre" für die Dauer der Herrschaft des Kommunismus ("hier ist das verfluchte Buch") angegeben werden.


Gesamter Strang: